Buchner zum Präsidenten gewählt
Keine Berlin-Wahl zuvor war von so viel Pannen begleitet. Am Donnerstag hat sich das Parlament nun konstituiert, SPD-Politiker Dennis Buchner ist zum neuen Präsidenten gewählt worden. Unklar ist, ob das Abgeordnetenhaus so bleibt, wie es zusammentritt.
Fünfeinhalb Wochen nach der Wahl hat sich am Donnerstagvormittag das Berliner Abgeordnetenhaus neu konstituiert.
Dabei wurde der SPD-Politiker Dennis Buchner zum neuen Präsidenten des Abgeordnetenhauses ernannt. Der 44-Jährige wurde in geheimer Abstimmung mit breiter Mehrheit zum Nachfolger von Ralf Wieland (SPD) gewählt. Dieser hatte das Amt des Parlamentspräsidenten über zwei Wahlperioden von 2011 bis jetzt inne. Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 26. September trat er nicht noch einmal an.
Für Buchner, der keinen Gegenkandidaten hatte, votierten 120 von 146 anwesenden Abgeordneten. 25 stimmten mit Nein, bei einer Enthaltung. Das Vorschlagsrecht für den Posten liegt immer bei der stärksten Fraktion. Es ist parlamentarischer Brauch, dass der Kandidat dann mit breiter Mehrheit im Plenum gewählt wird.
In seinem neuen Amt ist Buchner in den kommenden fünf Jahren verantwortlich für die Funktionsfähigkeit des Parlaments, unter anderem leitet er dessen Sitzungen. Er fertigt auch die beschlossenen Gesetze aus und vertritt das Abgeordnetenhaus nach außen. Buchner stammt aus Lübeck und ist Politikwissenschaftler. Er gehört dem Abgeordnetenhaus seit 2011 an und war dort in der abgelaufenen Legislaturperiode sportpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.
Als Vizepräsidentinnen stehen außerdem die 47-jährige Cornelia Seibeld (CDU), die den Posten bereits in der letzten Legislatur innehatte, und Bahar Haghanipour (Grüne) zur Wahl. Die 37-Jährige gehört zum ersten Mal dem Parlament an. Damit sinkt das Durchschnittsalter des neuen Trios von 56 auf 42 Jahre.
Eröffnet wurde die erste Plenarsitzung vom CDU-Abgeordneten Kurt Wansner als ältestem Mitglied des neuen Parlaments. Der 74 Jahre alte Wansner blickte in seiner kurzen Eingangsrede zurück auf die Berliner Geschichte von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart. Unter anderem lobte der Alterspräsident unter Beifall den früheren Regierenden Bürgermeister Willy Brandt (SPD) als Persönlichkeit, die die Stadt im In- und Ausland "hervorragend vertreten" habe. Der spätere Bundeskanzler Brandt war zum Zeitpunkt des Mauerbaus 1961 Regierender Bürgermeister Berlins.
Außerdem würdigte Wansner den früheren Regierungschef Eberhard Diepgen (CDU) für dessen Verdienste um das Zusammenführen der Stadt nach dem Fall der Mauer. Wansner wies darauf hin, dass dem neuen Abgeordnetenhaus nur noch vier Mitglieder angehörten, die älter als 65 Jahre seien und damit die unmittelbare Nachkriegszeit noch erlebt hätten. Insgesamt liegt das durchschnittliche Alter der Parlamentarierinnen und Parlamentarier bei 45 Jahren.
Im Anschluss riefen die jüngsten Abgeordneten des neuen Parlaments, die 21 Jahre alte Klara Schedlich und der 25 Jahre alte Louis Krüger aus der Grünen-Fraktion, alle gewählten Mitglieder des neuen Abgeordnetenhauses namentlich auf. Damit hatte sich das neue Berliner Abgeordnetenhaus konstituiert.
Im 147 Mitglieder zählenden Abgeordnetenhaus sind wie schon in der vergangenen Legislaturperiode sechs Fraktionen vertreten. Stärkste Fraktion ist die SPD mit 36 Abgeordneten vor der Grünen-Fraktion mit 32 Abgeordneten. Die CDU hat 30 Abgeordnete, die Linken stellen 24. Die AfD-Fraktion umfasst 13 Abgeordnete, die FDP-Fraktion 12.
Die Wahl am 26. September war überschattet von zahlreichen Pannen und organisatorischen Problemen. Nach angekündigten oder schon eingegangenen Einsprüchen gegen die Ergebnisse muss der Berliner Verfassungsgerichtshof darüber entscheiden, ob die Wahl in Teilen oder sogar ganz wiederholt werden muss.
Die Konstituierung des Parlaments und der Prozess der Regierungsbildung mit den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und Linken sind davon aber unberührt. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes wird erst im Laufe des kommenden Jahres erwartet.
Derweil hatte der fraktionslose Berliner Abgeordnete Marcel Luthe, der es nicht erneut ins Parlament schaffte, weiter zu verhindern versucht, dass sich das neue Abgeordnetenhaus am Donnerstag konstituiert. Nachdem das Landesverfassungsgericht seine Eilanträge zurückgewiesen hatte, wandte er sich an das Bundesverfassungsgericht. Er argumentiert, das Berliner Verfassungsgericht habe bei seiner Entscheidung nicht ordentlich abgewogen, was wichtiger sei: die Konstituierungs-Frist einzuhalten oder elementare Wahlgrundsätze zu beachten.
Sendung: Abendschau, 04.11.2021, 19:30 Uhr
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