Nach der Berlin-Wahl
147 Abgeordnete sitzen künftig im Berliner Abgeordnetenhaus. Sie debattieren, ringen um Kompromisse und treffen am Ende Entscheidungen. Aber bilden sie mit ihren persönlichen Daten auch die Vielfalt der Stadt ab? Ein Überblick. Von Thorsten Gabriel
Von einem gerechten Geschlechterverhältnis ist das neue Berliner Abgeordnetenhaus weit entfernt: Nur 35 Prozent der Abgeordneten sind Frauen. Die SPD-Fraktion ist dabei mit 39 Prozent nah an der Gesamtquote. Nur bei Grünen und Linken überwiegt der Frauenanteil mit 53 beziehungsweise 54 Prozent.
Bei CDU, AfD und FDP dagegen finden sich Frauen lediglich unter "Ferner liefen". Die Union hat mit 87 Prozent den höchsten Männeranteil, gefolgt von der AfD mit 85 und der FDP mit 83 Prozent.
Ganz ähnlich war das Bild in der abgelaufenen Legislatur, was die Frauenquote angeht: Da lag sie laut dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg bei 33,1 Prozent und damit noch etwas schlechter als dieses Mal. Auch was den Frauenanteil in den einzelnen Fraktionen angeht, war das Bild vergleichbar.
Dichter beieinander sind die Fraktionen in dieser neuen Legislaturperiode beim Blick auf die Altersstruktur. Das Durchschnittsalter liegt insgesamt bei 45 Jahren. Die jüngste Fraktion haben die Grünen mit im Schnitt 42 Jahren, die älteste die AfD mit 50.
Die Grünen haben auch das mit Abstand jüngste Parlamentsmitglied: Klara Schedlich wurde im Jahr 2000 geboren. Ältestes Parlamentsmitglied ist der langjährige CDU-Abgeordnete Kurt Wansner, der in diesem Jahr 74 Jahre alt wird. Es ist seine siebte Wahlperiode, er sitzt seit 1995 im Landesparlament. Als Alterspräsident wird er auch die konstituierende Plenarsitzung am 4. November eröffnen.
Rund die Hälfte der Abgeordneten ist in Berlin geboren: 52 Prozent. Die meisten anderen (42 Prozent) sind aus dem übrigen Bundesgebiet zugezogen, acht Abgeordnete (fünf Prozent) aus dem Ausland. Zu ihnen gehören unter anderem SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der in Sebastia im Westjordanland geboren wurde. Je zwei weitere Abgeordnete stammen aus der Türkei, aus dem Iran und aus Russland, einer aus Syrien.
Nicht immer gibt dabei der Name Hinweise auf die Herkunft: Der Lichtenberger CDU-Abgeordnete Martin Pätzold kam in Moskau zur Welt. Seine Mutter ist Armenierin, sein Vater Deutscher, der als Auslandskorrespondent tätig war.
Beim Blick auf die berufliche Herkunft der Berliner Abgeordneten, macht das Landesparlament den althergebrachten Klischees über Parlamentarier alle Ehre: Jurist:innen bilden mit 20 Prozent die größte Berufsgruppe unter den Abgeordneten. Dahinter folgen mit 15 Prozent Kaufleute verschiedener Couleur, Politikwissenschaftler:innen (11 Prozent) sowie Pädagog:innen und Sozialwissenschaftler:innen mit je fünf Prozent.
In allen Fraktionen außer der CDU und der AfD sind Juristinnen und Juristen die führende Berufsgruppe. SPD und FDP haben dabei mit je 25 Prozent die meisten. Bei CDU und AfD überwiegen mit 33 beziehungsweise 23 Prozent die Kaufleute. SPD, Linke und FDP haben mit Abstand die meisten Politologinnen und Politologen an Bord. Sie kommen auf einen Anteil von jeweils mehr als 16 Prozent.
Einige Abgeordnete können keine abgeschlossene Berufsausbildung aufweisen und sind mehr oder weniger direkt nach der Schule oder einem unvollendeten Studium in den Politikbetrieb gerutscht. Dazu gehören SPD-Fraktionschef Raed Saleh und der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Daniel Wesener.
Zu denjenigen mit den seltensten und ungewöhnlichsten Berufen im Parlament zählen zweifellos die beiden Archäologinnen Ina Czyborra (SPD) und Daniela Billig (Grüne). Der AfD-Abgeordnete Hugh Bronson ist Baumschulgärtner, die Linke Ines Schmidt gelernte Schneiderin. Der CDU-Abgeordnete Dirk Stettner ist Hotelier.
Den vermutlich prominentesten Job neben dem Parlamentsmandat aber dürfte Linken-Fraktionschefin Anne Helm haben. Sie ist seit ihrer Kindheit als Sprecherin in der Filmsynchronbranche aktiv und unter anderem die deutsche Stimme von Ludivine Sagnier und Elliot Pag3e [youtube.com]. Eine ihrer ersten Sprechrollen hatte die damals Neunjährige als "Babe" in der australischen Familienkomödie "Ein Schweinchen namens Babe".
Beitrag von Thorsten Gabriel
Artikel im mobilen Angebot lesen