Vorwahlbefragung infratest dimap
Die SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey erhält deutlich mehr Zustimmung für das höchste politische Amt in Berlin als Kai Wegner und Bettina Jarasch. Bei einer Direktwahl würden sich 36% für sie entscheiden. Bei den wahlentscheidenden Themen liegt Klima und Umwelt nur knapp vorn.
Könnten die Berlinerinnen und Berliner ihren Bürgermeister oder ihre Bürgermeisterin direkt wählen, würde die mächtigste Frau im Land Franziska Giffey heißen. Das geht aus der jüngsten Befragung von infratest dimap im Vorfeld der Abgeordnetenhauswahl hervor. Demnach würden 36 Prozent der Wahlberechtigten Giffey direkt zur Regierenden Bürgermeisterin wählen.
Die ehemalige Bundesfamilienministerin und derzeitige Landeschefin der SPD schneidet damit deutlich besser ab als ihre Konkurrenten. CDU-Politiker Kai Wegner kommt der Befragung zufolge auf 17 Prozent, Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch auf 12 Prozent. Doch es gibt noch Luft nach oben: Auf die Frage, wen sie direkt wählen würden, antworteten 35 Prozent mit "weiß nicht" oder "keine Angabe".
Auf den Spitzenwert von 36 Prozent kommt Giffey wohl auch dank Sympathien unter den Anhängern andere Parteien. Der Vorwahlbefragung zufolge würden 19 Prozent der CDU-Anhänger Giffey direkt zur Regierenden Bürgermeisterin wählen. Bei den Grünen-Anhängern sind es 27 Prozent, bei den Linken 25 Prozent sowie 28 Prozent bei der FDP und 12 Prozent bei der AfD.
Auch bei den Persönlichkeitseigenschaften liegt Giffey vor ihren Konkurrentinnen und Konkurrenten. Etwa vier von zehn Wahlberechtigten sehen sie als sympathischste und führungsstärkste Kandidatin. Jeder Dritte sieht Giffey als die kompetenteste und rund drei von zehn halten sie für die glaubwürdigste Bewerberin.
Bei der Frage, welche Spitzenkandidatin "am sympathischsten" ist, kommen Wegner und Jarasch hingegen nur auf 13 Prozent. In puncto Führungsstärke schafft die Grünen-Spitzenkandidatin sogar nur 7 Prozent.
Grundlage der Studie ist eine repräsentative Telefon- und Online-Befragung unter 1.200 wahlberechtigten Berlinern vom 20. bis 22. September 2021.
Bekanntlich hängt der Erfolg der Parteien maßgeblich auch von der Wahl ihrer Spitzenkandidaten ab. 51 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die SPD mit Giffey die richtige ausgewählt hat. Das sind zwar nur rund die Hälfte der Wahlberechtigten, doch sie hängt damit Wegner (30 Prozent) und Jarasch (23 Prozent) deutlich ab.
Unbestritten sind Umwelt und Klima für die Grünen ein zentrales Thema. Dass sie aber die einzige Partei ist, die sich dem Thema "konsequent" widmet, glauben der Befragung von infratest dimap zufolge nur 40 Prozent der Wahlberechtigten.
Der Aussage, die CDU habe kein Gespür für die Sorgen der einfachen Leute, stimmen 58 Prozent zu. 2016 waren noch 67 Prozent dieser Meinung, als sie zu ihren Ansichten zu den Parteien befragt wurden.
Und die Linke? Ist sie die Partei, die sich am stärksten um sozialen Ausgleich bemüht? Die Hälfte der Befragten denken so - vor fünf Jahren glaubten aber noch 58 Prozent daran.
80 Prozent der Befragten stimmten in der Umfrage vor der Wahl der Aussage zu, dass die AfD sich nicht genug von rechtsextremen Positionen distanziert, unter den Parteianhängern ware es 48 Prozent. 30 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass es gut sei, dass die AfD den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will als andere Parteien.
20 Prozent sehen das Feld Umwelt und Klima als das wahlentscheidenste Thema für die Abgeordnetenhauswahl. Allerdings ist der Vorsprung zu den anderen Themen nicht besonders groß. Soziale Sicherheit ist für 17 Prozent der Wahlberechtigten ebenfalls wichtig, gefolgt von Wirtschaft und Arbeit mit 16 Prozent sowie Wohnen mit 15 Prozent. Am wenigsten ins Gewicht fällt der Umgang mit der Corona-Pandemie, denn nur 5 Prozent der befragten Wahlberechtigten sehen dies so.
Aufschlussreich sind die Aussagen zu den Parteikompetenzen. Der SPD trauen 27 Prozent zu, die wichtigsten Aufgaben in Berlin zu lösen. Damit liegt sie vor allen anderen Parteien in Berlin. Die CDU kommt auf 15 Prozent, die Linke auf 10 Prozent, die Grünen auf 12 Prozent, die FDP auf 5 Prozent und die AfD auf 4 Prozent. Im Vergleich zu 2016 verbesserte sich aber die Linke mit einem Plus von 3 Prozentpunkten am stärksten; die CDU hingegen verlor bei dieser Frage 3 Prozentpunkte und kommt nun auf 15 Prozent.
Mit Blick auf die Parteikompetenz in einzelnen Politikfeldern verliert die SPD am stärksten beim Thema Wirtschaft. Aktuell trauen 22 Prozent der Befragten der Partei dieses Fach zu, 2016 waren es noch 30 Prozent. Die CDU hat seit 2016 hier 4 Prozentpunkte verloren und kommt aktuell auf 28 Prozent.
Wenn es um die Spitzenkompetenz der Parteien geht, dominiert die SPD das Thema "soziale Gerechtigkeit" mit 31 Prozent. Die CDU ist mit 29 Prozent beim Thema "innere Sicherheit" an der Spitze, die Linke beim Thema "bezahlbarer Wohnraum" mit 27 Prozent.
Die FDP kann zumindest vom bundespolitischen Rückenwind profitieren. So verbuchen die Liberalen in Vergleich zu 2016 deutliche Kompetenzzuwächse bei ihren Kernthemen wie Arbeitsplätze (10 Prozent) und Wirtschaft (16 Prozent) - letzteres ist sogar im Ländervergleich ein absoluter Spitzenwert.
Der AfD trauen 10 Prozent der Befragten Kompetenzen bei der Asyl- und Flüchtlingspolitik zu. Bis auf die Liberalen kommen jedoch alle anderen Parteien in Berlin bei diesem Thema auf höhere Werte.
Das wichtigste Thema für die Abgeordnetenhauswahl, Umwelt und Klima, haben weiterhin mit Abstand die Grünen in der Hand. 48 Prozent der Befragten sehen die Partei als die kompetenteste, wenn es um die Lösung von Klimafragen geht. Darauf ausruhen kann sich die Partei aber keinesfalls. Denn im Vergleich zu 2016 haben die Grünen hier 16 Prozentpunkte verloren.
Zeitgleich mit der Abgeordnetenhauswahl findet der Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" statt. Entschieden werden soll, ob private Wohnungsgesellschaften mit mehr als 3.000 Mietwohnungen gegen eine Entschädigung enteignet werden sollen.
Sollte der Volksentscheid am Ende eine Mehrheit finden, denken 35 Prozent der Befragten, dass der neue Berliner Senat dann die Enteignung auch konsequent umsetzen sollte. 48 Prozent wünschen sich andere Maßnahmen und 10 Prozent finden: Der Wohnungsmarkt sollte nicht beeinflusst werden.
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