Innensenator Geisel will Wahlgesetze auf den Prüfstand stellen
Nach den Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen in Berlin kündigt der Innensenator Konsequenzen und eine lückenlose Aufarbeitung an. Im rbb räumt er zugleich ein: Manche politischen Entscheidungen müssten hinterfragt werden.
Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat Konsequenzen nach dem Wahl-Debakel in Berlin angekündigt. In Zukunft müssten bei Wahlen die gleichen Standards in allen Bezirken gelten, sagte Geisel am Donnerstag dem rbb. Um diese Standards durchzusetzen, müsse auch eine Änderung der Wahlgesetze geprüft werden. Eine Möglichkeit wäre, der Landeswahlleitung mehr Befugnisse gegenüber den Bezirkswahlämtern zu geben.
Falsche oder zu wenige Wahlzettel, Stimmabgaben weit nach 18 Uhr: Der Landeswahlausschuss räumt Fehler bei der Wahl am 26.September ein. In mehr als 200 Wahllokalen kam es zu Pannen. Landeswahlleiterin Michaelis will nun selbst Einspruch einlegen.
Auch die Zusammenlegung mehrerer Wahlen auf einen Tag müsse künftig hinterfragt werden. Am 26. September fanden in Berlin neben der Bundestagswahl auch die Wahl des Abgeordnetenhauses, die Wahlen der Bezirksverordnetenversammlungen und der Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" statt. Der Senat habe sich bewusst für die Zusammenlegung entschieden, sagte Geisel, "weil wir durch eine hohe Wahlbeteiligung eine hohe Legitimation haben wollten". Aber auch diese Entscheidung gehöre auf den Prüfstand.
Die inzwischen zurückgetretene Landeswahlleiterin Petra Michaelis hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, die Bundestagswahl von den beiden Lokalwahlen zu trennen. Allerdings sei unklar gewesen, so Geisel, ob für beide Termine genug Wahlhelfer zur Verfügung gestanden hätten.
Schulden, Drogen, BER - Berlin hat es immer wieder geschafft, seine offensichtlichen Mängel als Folklore abzufeiern. Doch für die Pannen-Wahl am 26. September gibt es keine typischen Berlin-Ausreden mehr, kommentiert Sebastian Schöbel.
Geisel räumt Fehler bei Schulungen der Wahlhelfenden ein
Ein weiteres Thema bei der Aufarbeitung wird die Vorbereitung der Wahlhelfenden sein. Im Vorfeld der jüngsten Wahl waren die Freiwilligen geschult worden. Dafür hatte die Landeswahlleitung unter anderem auch ein eLearning-Angebot aufgesetzt, an dem nach Angaben der Behörde rund 15.000 Wahlhelfende teilgenommen haben. Nun räumte Geisel im rbb ein: "Die Schulung ist ohne Zweifel nicht gut gelungen."
Zudem hatten kurz vor dem Wahltag rund 1.000 Freiwillige kurzfristig abgesagt. Der Großteil der 37.000 Wahlhelfenden habe allerdings sehr gute Arbeit geleistet, betonte Geisel. "Wir werden sie auch bei künftigen Wahlen brauchen."
Fast drei Wochen nach dem Wahltag ist das Ausmaß der Wahlpannen in Berlin weiter unklar. Die Zuständigen schieben sich gegenseitig den Ball zu und schotten sich ab. Der Regierende Bürgermeister gefährdet mit seiner Beurteilung ein wichtiges Wahlprinzip. Von Dominik Ritter-Wurnig
Senat will Expertenkommission einschalten
Die Wahlpannen seien ein "äußerst ärgerlicher Vorgang, der sich nicht wiederholen darf", so Geisel. Die Prüfung der Ergebnisse in zwei Wahlkreisen durch den Verfassungsgerichtshof sei folgerichtig. Das Land Berlin werde kurzfristig eine eigene Expertenkommission einberufen, um die Wahlpannen aufzuarbeiten.
Eine stärke Einmischung seitens der Berliner Regierung bei künftigen Wahlen lehnte Geisel allerdings strikt ab. "Weil die Verfassung ausschließt, dass die Regierung Wahlen organisiert." Es gelte, den Wahlablauf zu professionalisieren, ohne die verfassungsrechtlichen Grenzen zu verletzen.
Mit den Pannen bei der Wahl beschäftigt sich am Freitag der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses in einer Sondersitzung.