Digitaler Landesparteitag
Auf einem digitalen Parteitag der Berliner SPD haben 91,5 Prozent für den mit Grünen und Linken ausgehandelten Koalitionsvertrag gestimmt. SPD-Chefin Franziska Giffey spricht im rbb von "starkem Rückenwind", lässt Personalien aber weiterhin offen.
Als erste der drei beteiligten Parteien hat die Berliner SPD dem rot-grün-roten Koalitionsvertrag zugestimmt. Bei einem digitalen Parteitag am Sonntag votierten 91,5 Prozent der Delegierten für das Regierungsprogramm, das Sozialdemokraten, Grüne und Linke für die kommenden fünf Jahre ausgehandelt hatten. Es gab 227 Ja-Stimmen, 16 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen.
Angesichts der Corona-Pandemie fand der SPD-Landesparteitag als Hybrid-Veranstaltung statt. Der geschäftsführende Vorstand saß im "Estrel"-Hotel in Berlin-Neukölln zusammen, während die Delegierten per Video zugeschaltet wurden.
Berlins SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey sprach am Sonntag in der rbb-Abendschau von einem "starken Rückenwind", den ihre Partei für das Verhandlungsergebnis mit Grünen und Linken mit dem klaren Votum gegeben habe.
Wer welchen Posten in der künftigen Landesregierung erhalten soll, wolle man aber erst mitteilen, wenn auch Grüne und Linke über den Vertrag entschieden haben, so Giffey. "Wir geben dann das Personal bekannt, wenn auch klar ist, dass der Vertrag auch wirklich zustande kommt und alle dabei sind", sagte die wahrscheinliche künftige Regierende Bürgermeisterin.
Giffey zeigte sich optimistisch, dass auch die Linke einer Neuauflage der Koalition zustimmen wird. Das sei immer eine Frage von Kompromissen, sagte Giffey. Sie glaube, dass sich alle Partner in dem Koalitionsvertrag wiederfinden. "Ich bin zuversichtlich, dass am Ende ein positives Mitgliedervotum steht". Unter den Linken gibt es auch einige Stimmen, die ein "Nein" zum Koalitionsvertrag fordern.
Auf dem Parteitag hatte Giffey zuvor den rot-grün-roten Koalitionsvertrag als "gute Basis" bezeichnet, um die Stadt in den kommenden fünf Jahren voranzubringen. "Wir gemeinsam haben jetzt die große Chance, Berlin als Stadt der Gleichstellung, der Vielfalt, der Weltoffenheit, als Stadt für all diejenigen zu gestalten, die hier frei und selbstbestimmt leben wollen", sagte die designierte Regierende Bürgermeisterin am Sonntag vor der Abstimmung.
Berlin solle wieder so stark werden wie es vor der Corona-Krise gewesen sei. Deshalb setze die Koalition auf Unterstützung für die Wirtschaft, eine Einstellungsoffensive für Polizei und Lehrer, die Fortsetzung der Schulbauoffensive, auf eine funktionierende Verwaltung, mehr Wohnungsbau und eine sichere, saubere Stadt. Der vor knapp einer Woche vorgestellte Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linken sei für all das eine gute Grundlage.
Die SPD habe erreicht, dass viele ihrer Ziele, die sie im Wahlkampf vertreten habe, in das Regierungsprogramm Eingang gefunden hätten, sagte Giffey. Es sei ein Koalitionsvertrag erarbeitet worden, "der wirklich ganz klar unsere sozialdemokratischen Ziele auch abbildet und widerspiegelt". Auch bei der angedachten Ressortverteilung im neuen Senat werde das deutlich. "Das ist ein großer Erfolg", so Giffey weiter.
Aber Grüne und Linke prägten den Vertrag ebenfalls. "Man kann sagen, dass wir bei aller Unterschiedlichkeit ein gemeinsames Programm gemacht haben, in dem sich auch die anderen wiederfinden."
Sehr zufrieden mit dem Papier zeigte sich auch der Parteinachwuchs. Anders als bei der Ampel im Bund habe man bei Rot-Grün-Rot keine größeren Kröten schlucken müssen, sagte die Juso-Vorsitzende Sinem Tasan-Funke am Sonntag. Sie mahnte aber auch: Die Koalition müsse künftig anders miteinander umgehen und geschlossener auftreten.
Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würdigte in seinem Grußwort vor der Abstimmung die Regierungsarbeit der Koalition in Berlin. Die Politik "einer Großstadt erfordere große Management- und Kommunikationsleistungen", erklärte er. "Franziska, du bist die Frau, die das kann", sagte Scholz in Richtung Giffey. Scholz lobte, dass sich Giffey und die Berliner SPD ehrgeizige Neubauziele und den Weiterbau von U-Bahn-Linien vorgenommen haben.
Auch der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) konnte sich an die Delegierten der Landespartei wenden und lobte Giffey als "hervorragende Kollegin". Woidke kündigte in seinem Parteitags-Grußwort eine engere Zusammenarbeit an, um Berlin und Brandenburg zu einer führenden Region in Deutschland zu entwickeln. Dazu sollten beide Länderparlamente enger kooperieren. Die Landesregierungen beider Länder müssten noch häufiger gemeinsam tagen, so Woidke.
SPD, Grüne und Linke hatten ihr 150 Seiten starkes Papier am vergangenen Montag vorgestellt; sie regieren Berlin bereits seit 2016 zusammen.
Die Grünen wollen erst am kommenden Sonntag über den Koalitionsvertrag entscheiden, bei den Linken läuft bereits ein Mitgliederentscheid - noch bis zum 17. Dezember. Eine Zustimmung vorausgesetzt, könnte der neue rot-grün-rote Senat noch vor Weihnachten die Arbeit aufnehmen. Vorgesehen ist, SPD-Landeschefin Giffey am 21. Dezember zur neuen Regierenden Bürgermeisterin zu wählen.
Sendung: Abendschau, 5.12.2021, 19:30 Uhr
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