Berliner Linke stellt Wahlprogramm vor
Mieterschutz, Straßenbahnausbau, mehr Investitionen: Die Wahlkampfthemen der Berliner Linken sind hinlänglich bekannt. Ihre Wunschkoalition dafür ist rot-rot-grün. Doch vor allem beim Partner SPD verspürt die Linke offenbar wenig Lust. Von Sebastian Schöbel
Gelegentlich könnte man Klaus Lederer für den Spitzenkandidaten der gesamten rot-rot-grünen Koalition halten. Denn niemand spricht sich im Wahlkampf zurzeit so oft für die Fortführung von "r2g" aus wie der Linken-Politiker. Gerade in der Pandemie arbeite man mit SPD und Grünen gut zusammen, betont der Kultursenator. So könne es nach der Wahl weitergehen. "Für uns kommen, ehrlich gesagt, andere Optionen gar nicht in Frage", sagte Lederer am Freitag bei der Vorstellung des Entwurfs für das Wahlprogramm der Linken.
Wirklich begeistert, gar euphorisch, klingt es allerdings nicht, wenn Berlins Kultursenator über seine Wunsch-Koalitionspartner spricht: "Der Korridor der Möglichkeiten ist überschaubar." Schließlich sehen die Umfragen laut BerlinTrend aktuell nur für rot-rot-grün eine Mehrheit - mit der SPD nur noch als Nummer 2, bei 18 Prozent, gefolgt von den Linken mit 15 Prozent. Als wäre dieses politische Dreier-Match über eine neue Dating-App eingefädelt worden: Für Singles mit geringen Erwartungen.
Lederer richtet seinen Hinweis auf die Alternativlosigkeit vor allem an die SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey. Die war zuletzt auffallend häufig von den Linken abgerückt, allen voran beim Mietendeckel und der Enteignung von Immobilenkonzernen - Kernpunkte des linken Wahlprogramms.
"Wir haben Wahlkampf", antwortet die Landeschefin der Berliner Linken, Katina Schubert, trocken. "Und da wird viel erzählt, vor allem von der SPD-Landesvorsitzenden." Sie sei sich auch nicht sicher, so Schubert, in welcher Rolle sich Giffey sehe, "wenn sie Impfzentren eröffnet und verkündet, wann hier Schulöffnungen stattfinden. Eigentlich nicht die Rolle einer Landesvorsitzenden."
Die SPD-Spitzenkandidatin als medial omnipräsente Wahlkämpferin - eine Rolle, die Lederer demonstrativ von sich schiebt. "Ich werde hier nicht an jeder Milchkanne Zettel verteilen können und mich permanent vor schicker Kulisse ablichten können." Dafür sei zu viel zu tun, so Lederer. Das gelte auch für die Bundesregierung. "Aber vielleicht nicht für die Bundesfamilienministerin, man weiß es nicht", schiebt Schubert hinterher.
Nach viel Vorfreude auf weitere fünf Jahre im Dreierbündnis klingt das eher nicht. "Wir wollen das Rote Rathaus richtig rot machen", verkündet Schubert - und meint wohl, das SPD-Rot in der Senatskanzlei reiche dafür aktuell nicht.
Streit in der Partnerschaft, gerade wenn sie politisch ist, gehört aber vielleicht auch dazu. Gerade, wenn man zu dritt ist. Vielleicht ist es auch das, was Lederer meint, wenn er die Koalitionsbereitschaft seiner Linken beschreibt. "Man weiß, was man kriegt, sage ich mal."
Das endgültige Wahlprogramm will die Linke beim Parteitag Ende April beschließen. Vorher, am Samstag, werden die Kandidaten für die Bundestagswahl aufgestellt. Die Stimmung dabei wird vermutlich gut sein: Beides kann sie kann allein machen, ohne Partner.
Sendung: Abendschau, 12.03.2021, 19.30 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 13.03.2021 um 19:02 Uhr geschlossen
Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.
Beitrag von Sebastian Schöbel
Artikel im mobilen Angebot lesen