Audio: Inforadio | 16.10.2021 | Jan Menzel | Quelle: DPA/Bernd von Jutrczenka
Nach Abgeordnetenhauswahl
Jarasch erwartet Koalitionsvertrag bis Ende November
Innerhalb von sechs Wochen sollte ein Koalitionsvertrag zustande kommen, sagt die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen. Nun sei klar, wo Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit Linken und SPD liegen - offen ist die Finanzierung.
Die Berliner Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch hält es für machbar, mit den Koalitionsverhandlungen bis Ende November durch zu sein. "Das ist sportlich, das ist ganz schön knapp. Aber ich glaube, dass wir es hinkriegen werden, weil wir uns schon kennen und nicht bei null anfangen", sagte Jarasch der Nachrichtenagentur DPA.
SPD, Grüne und Linke schlossen am Freitag ihre Sondierungsgespräche ab und einigten sich auf ein Ergebnispapier. Sie wollen in der kommenden Woche mit Koalitionsverhandlungen beginnen. "Gerade die dritte Sondierungsrunde macht mich zuversichtlich, dass wir auch die Koalitionsverhandlungen in einer sehr einigungswilligen und guten Atmosphäre hinbekommen werden", sagte Jarasch.
Mehr Klimaschutz, bezahlbares Wohnen, mehr Sicherheit, Verbeamtung von Lehrern: SPD, Grüne und Linke haben 19 Punkte erarbeitet, die den Weg zu Koalitionsverhandlungen ebnen sollen. Entscheiden müssen nun die Parteigremien.
Finanzierung der Vorhaben müsse nun geklärt werden
"Am anspruchsvollsten von allem, was wir noch vor uns haben, ist die Frage des finanziellen Rahmens und dementsprechend die Priorisierung, die wir vornehmen müssen", betonte die Grünen-Politikerin. "Im letzten Koalitionsvertrag standen doch sehr viele Dinge drin, von denen wir wussten, dass wir sie vermutlich nicht alle ausfinanzieren können."
Diesmal müsse es wegen des durch Corona bedingten strukturellen Minus von zwei Milliarden Euro im Haushalt von Anfang an mehr Haushaltsklarheit und -wahrheit geben. "Da wird es noch einige harte Gespräche brauchen oder die berühmte Nacht der langen Messer", sagte Jarasch.
"Wir haben uns vorgenommen, dass wir priorisieren, aber es kann sein, dass wir am Ende feststellen, dass wir Dinge zurückstellen oder aber andere Lösungen finden müssen." Die Finanzierung müsse nun während der Koalitionsverhandlungen geklärt werden, so Jarasch, für die Sondierungsgruppe wäre das eine Überforderung gewesen.
Konfliktthemen und Gemeinsamkeiten abgesteckt
Das Sondierungspapier mit Leitlinien für die künftige gemeinsame Politik sei aber eine gute Basis. "Es enthält eben nicht nur Sätze von zeitloser Schönheit, sondern man merkt, dass wir alle Themen schon mal durchgesprochen haben, wo es Konflikte oder unterschiedliche Schwerpunkte gibt", so die Grünen-Politikerin.
Man wisse, wo Einigkeitsmöglichkeiten bei Konfliktthemen seien und wo es mehr Gemeinsamkeiten gebe als vermutet, sagte Jarasch. "Ich glaube, dass wir eine Grundlage für Koalitionsverhandlungen haben, bei der alle drei Partner das Vertrauen haben können, dass man sich nicht völlig geirrt hat in dem anderen."
Giffey spricht von klarer "sozialdemokratischer Handschrift"
Jarasch war bei der Abgeordnetenhauswahl Spitzenkandidatin der Grünen, die hinter der SPD zweitstärkste Partei geworden sind. Die designierte Regierende Bürgermeistern Franziska Giffey sagte dem rbb, das Sondierungspapier trage "eine ganz klare sozialdemokratische Handschrift".
Ihr seien auch Inhalte wichtig, die ein anderes Bündnis möglich gemacht hätten, sagte sie am Samstagmorgen dem Inforadio. Es müsse aber mit dem Wahlergebnis umgegangen werden. Sie habe so viele sozialdemokratische Punkte wie möglich durchsetzen wollen. "Wir haben uns das nicht leicht gemacht, aber wir haben uns am Ende entschieden, dass wir in dieser Konstellation die größten Chancen für eine erfolgreiche, stabile Regierung haben", so Giffey.