Warum die AfD in Spandau von 22 auf 8 Prozent runtergestuft wurde
Ein herber Verlust auf der einen, ein sattes Plus auf der anderen Seite: In einem Wahlbezirk in Spandau sah die AfD beim Zweitstimmenergebnis zunächst wie der große Sieger, die Linke wie ein Verlierer aus. Doch dann wurde nochmal nachgezählt. Von Dominik Ritter-Wurnig
Durch die Nachzählung der Zweitstimmen bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus im Wahlbezirk 05410 in Spandau sank der Stimmenanteil der AfD von 21,6 Prozent auf 7,9 Prozent. Zugleich stieg der Stimmenanteil der Linken von 1,9 auf ebenfalls 7,9 Prozentpunkte. Auf diesen Sachverhalt hatte ein Mitglied des Vorstands der Linken in Spandau am Dienstag bei Twitter hingewiesen.
rbb|24 ist dem nachgegangen: In dem Wahllokal in der Grundschule am Beerwinkel sind laut Bezirkswahlleiter Thomas Fischer 363 Wählenden keine Stimmzettel für die Zweitstimme bei der Abgeordnetenhauswahl ausgegeben worden [wahlen-berlin.de]. "Die Stimmzettel waren zu jeder Zeit ausreichend vorhanden, wurden nur leider aus nicht nachvollziehbaren Gründen bis 14.15 Uhr nicht ausgegeben", teilte Fischer schriftlich auf Anfrage mit.
5.000 Stimmzettel nicht ausgegeben, 1.600 ungültige Stimmen, 73 Wahllokale vorübergehend geschlossen, 3 Abbrüche: Die Liste der Wahl-Pannen in Berlin ist lang. Ein Überblick über "erschreckende" Zahlen. Von Dominik Ritter-Wurnig
Fantasiezahlen im vorläufigen Endergebnis
Im vorläufigen Wahlergebnis, das als Schnellmeldung in der Wahlnacht weitergereicht wird, wurden offenbar Fantasiezahlen erfunden: 132 Stimmen für die SPD, 137 Stimmen CDU, 9 Stimmen für die Linke, 100 Stimmen für die AfD, 39 Stimmen für die Grünen. Insgesamt 464 gültige Stimmen wurden eingetragen.
"Bereits bei Eingang des Wahlergebnisses am Wahlabend war zu erkennen, dass die übermittelten Ergebnisse nicht plausibel waren. Um überhaupt ein Ergebnis eingeben zu können, wurden die Zahlen mutmaßlich logisch angepasst. Die übermittelten Zahlen hätte das Wahlprogramm nicht akzeptiert. Eine unmittelbare Klärung war nicht möglich", sagt Bezirkswahlleiter Fischer.
Nach den Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen in Berlin kündigt der Innensenator Konsequenzen und eine lückenlose Aufarbeitung an. Im rbb räumt er zugleich ein: Manche politischen Entscheidungen müssten hinterfragt werden.
Korrektur des amtlichen Endergebnisses
Am 4. Oktober wurde dann der Spandauer Wahlbezirk 05410 nochmals ausgezählt und entsprechend das amtliche Endergebnis korrigiert: 32 Stimmen für die SPD; 37 Stimmen für die CDU, 10 Stimmen für die Linke, 10 Stimmen für die AfD und 8 Stimmen für Grüne.
In relativen Zahlen führt das dann zu einer schiefen Optik, die auch viele Menschen auf Twitter verwunderte. Der Verdacht stand im Raum, dass Stimmen der Linken zunächst der AfD zugerechnet wurden. Tatsächlich handelt es sich bloß um eine der vielen Wahlpannen, die unter anderem die Landeswahlleiterin zum Rücktritt bewogen und diverse Einsprüche gegen das Ergebnis der Berlin-Wahl nach sich zogen.