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Audio: Inforadio | 04.07.2021 | Jan Menzel | Quelle: dpa/P. Zinken/rbb24

Wahlprogramm-Check

Das planen die Berliner Parteien in der Umweltpolitik

Um Umweltschutz kommt keine Partei herum. Große Unterschiede tun sich dabei auf, wieviel Platz der Klimaschutz im Wahlprogramm bekommt und wie konkret die Maßnahmen sein sollen. Eine Partei spart sich den Klimawandel. Von Jan Menzel

Hinweis: Die Reihenfolge der Parteien richtet sich nach dem Ergebnis der Abgeordnetenhauswahl 2016: SPD 21,6 Prozent; CDU 17,6 Prozent; Linke 15,6 Prozent; Grüne 15,2 Prozent; AfD 14,2 Prozent; FDP 6,7 Prozent

SPD

SPD: Klimaschutz als Jobmotor

Kernzitat: "Wir brauchen einen Social-Green-Deal, um Berlin zu einer sozialen und klimaneutralen Stadt zu machen."

Die SPD stellt den Klimaschutz unter die Bedingung, dass sich auch Menschen mit mittleren niedrigen Einkommen Mobilität und Wohnen leisten könne (Social-Green- Deal).

Die Klimaschutzziele peilt die SPD in drei Etappen an: Bis 2030 soll der Ausstoß von Co2 um mindestens 70 Prozent sinken. Spätestens 2045 müssen "Leben und Arbeiten in Berlin" klimaneutral sein. Für 2050 lautet die Vorgabe: klimaneutrale Wärmeversorgung.

Im Verkehrsbereich stellt sich die SPD einen Mix aus E-Mobilität, einem verbesserten ÖPNV-Angebot und mehr Rad- und Fußverkehr vor.

Bei der Gebäudesanierung sollen praxistaugliche, verpflichtende und "zu Berlin passende" Lösungen, höhere Effizienzhausstandards und mehr Gebäudebegrünung zum Einsatz kommen. Bis 2050 soll 25 Prozent des Strombedarfs aus Sonnenenergie gedeckt werden.

Die SPD will der Wasserstoff-Technologie einen Schub verpassen und dafür Speicher und ein Wasserstoff-Tankstellennetz bei den landeseigenen Unternehmen aufbauen.

Die Sozialdemokraten setzen darauf, dass sich Investitionen in Klimaschutz positiv auf Innovationen und Beschäftigung auswirken.

Ein weiteres Vorhaben ist ein bezirklicher Baumwasserdienst für hitzegeplagte Bäume.

CDU

CDU: Ein Klimawald auf dem Tempelhofer Feld

Kernzitat: "Die Bewahrung der Schöpfung ist Kernanliegen christlich-demokratischer Politik."

Die CDU will erreichen, dass Berlin bis 2045 klimaneutral wird.

Mit einem Sofortprogramm sollen 10.000 hitzeresistente Bäume gepflanzt werden. Als Zielmarke gibt die Partei 500.000 Stadtbäume (aktuell 430.000) vor. Das Tempelhofer Feld will die CDU zu einem Klimawald aufforsten.

Die Partei will die energetische Sanierung stärker fördern, wobei diese staatliche Förderung die Kosten für die Mieter reduzieren soll. Das Land soll mit seinen Immobilien Vorbild beim Energiesparen sein. Ohne eine Summe zu nennen, will die CDU "deutlich mehr" Geld für Klimaschutz aufwenden.

Parkplätze und Supermarktdächer möchte die Partei überdachen und für Photovoltaik-Anlagen nutzen. Für öffentlichen Gebäude verlangt die Partei eine Gründachpflicht.

Im Verkehrsbereich setzt die CDU auf "Angebote statt Verbote" und besonders den Ausbau der Lade-Infrastruktur für E-Autos.

Kleingärtner möchte die Partei ermuntern, Öko-Gartenbau zu betreiben. In den Parks soll es mehr Wildwiesen geben und die Umweltbildung verstärkt werden.

Die Wasserqualität der Spree soll sich verbessern, indem in Klärwerke und Rückhaltebecken investiert wird. Die Recycling-Kapazitäten will die CDU ausbauen.

Linke

Die Linke: Energiewende für Mieter fast zum Nulltarif

Kernzitat: "Unter der Klimakrise leiden diejenigen am meisten, die am wenigsten zu ihr beigetragen haben."

Die Linke will beim Klimaschutz zweistufig vorgehen: Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß um 70 Prozent sinken. 2040 soll Berlin klimaneutral sein. Klimaschutz soll als Ziel in die Landesverfassung.

Umweltschutz müsse mit sozialer Gerechtigkeit verknüpft werden, fordert die Partei. Wer arm ist, lebe häufiger in einer Umwelt, die krank mache. Deshalb müssten Luftverschmutzung, Lärm und Folgen des Klimawandels in besonders belasteten Stadtquartieren besonders bekämpft werden.

Die Partei plant, die Mittel für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude "deutlich" zu erhöhen. Die Sanierungen sollen für die Mieter "weitgehend" warmmietenneutral erfolgen.

Geht es nach der Linken wird der Steinkohleausstieg beschleunigt. Das Kraftwerk Moabit könnte bis 2025 und der Block Reuter-West bis 2028 abgeschaltet werden. Mit einer Machbarkeitsstudie soll untersucht werden, ob der Erdgasausstieg bis 2040 machbar ist.

Die Linke fordert eine Solarpflicht für Neubauten (vom Senat bereits beschlossen), mehr Windkraftanlagen und mehr Mieterstrommodelle.

Der Auto-Verkehr in der Stadt soll nach den Vorstellungen der Partei so reduziert werden, dass künftig 86 Prozent aller Wege zu Fuß, auf dem Rad oder per Bus und Bahn zurückgelegt werden.

Grüne

Grüne: Kernkompetenz Klimaschutz

Kernzitat: "Wir haben die Vision einer klimaneutralen, lebenswerten und gerechten, einer offenen und freien Weltstadt."

Natur- und Umweltschutz zieht sich wie ein roter Faden durch das grüne Wahlprogramm. Klimaneutralität will die Partei bis spätestens 2035 erreichen. Das ist das ehrgeizigste aller im Abgeordnetenhaus vertreten Fraktionen.

Die Grünen wollen ein neues Sanierungsförderprogramm auflegen und Neubauten von Anfang an so planen, dass sie ohne fossile Energie auskommen. Die Solaranlage auf dem Dach ist für die Partei der künftige Standard. Bis 2030 soll ein Viertel des Berliner Stromverbrauchs solar erzeugt werden (entspricht dem Senats-Plan Solarcity). Das 1000-Grüne-Dächer-Programm möchten die Grünen ausweiten.

Bis spätestens 2030 sollen alle Kohlekraftwerke in Berlin vom Netz gehen. Die Fernwärmeerzeugung planen die Grünen bis 2035 komplett auf erneuerbare Energien umzustellen, der Erdgas-Ausstieg wird schnellstmöglich angestrebt.

Den Verkehrsbereich sehen die Grünen als Co2-Sorgenkind. Gegensteuern wollen sie mit einer Null-Emissions-Zone in der City bis 2030.

Für jeden Baum, der gefällt wird, sollen vier junge Bäume gepflanzt werden. 20 Prozent der Landesfläche möchten die Grünen als Landschaftsschutzgebiete ausweisen (derzeit rund 14 Prozent). Die Elisabeth-Aue in Pankow soll Landschaftsschutzgebiet werden, das Tempelhofer Feld unbebaut bleiben und mindestens 4 Prozent der Landesfläche vollständig unter Naturschutz gestellt werden.

Baustoffe sollen künftig wiederverwertbar oder recycelbar sein. Ferner sind ein Holzbau-Förderprogramm geplant und eine Holzbau-Quote von mindestens 30 Prozent bei Neubauten. Den "Flächenfraß" wollen die Grünen mit einem Entsiegelungsprogramm stoppen.

AfD

AfD: Klimaschutz - Fehlanzeige

Kernzitat: "Um die Luftqualität in der Stadt zu verbessern, fordert die AfD, mit Hilfe des sogenannten Efeuplans, die Fassaden- und Dachbegrünung mit Kletterpflanzen zu fördern."

Die AfD will, dass Parks und Grünflächen "wieder" gepflegt und instand gehalten werden. Eine Zersiedelung des Berliner Umlandes gelte es zu verhindern. Stattdessen sollten Baulücken in Berlin geschlossen werden.

Die Luftqualität sollen Pflanzen an Fassaden und auf Dächern verbessern. Die Wasserqualität will die Partei durch eine vollständige Trennung der Kanalisation in Misch- und Regenwasser erhöhen, sodass Überläufe bei Starkregen ausbleiben. Die Klärwerke sollen um weitere Reinigungsstufen ergänzt werden, damit Hormone und Arzneimittelrückstände herausgefiltert werden. Invasive, also ursprünglich nicht heimische, Pflanzen- und Tierarten wie den Amerikanischen Sumpfkrebs will die AFD gezielt entfernen.

Laute Laubbläser sollen die BSR und Grünflächenämter ausmustern. Stattdessen sollen die Mitarbeiter zum Akku-Bläser und zum Rechen greifen.

Klimaschutz findet im AfD-Wahlprogramm nicht statt. Die Förderung erneuerbarer Energien sieht die AfD als Kostentreiber. Die Partei spricht sich für einen vielfältigen und kostengünstigen Energiemix aus.

FDP

Die FDP: Klima retten ohne Regeln

Kernzitat: "Die beste Umweltpolitik ist […] für uns nicht eine, die die meisten Einschränkungen und Verbote verordnet."

Die FDP bekennt sich zum Pariser Klimaabkommen, will dessen Ziele aber nicht durch Einschränkungen und Verbote erreichen sondern durch technologieoffene und effiziente Lösungen. Wichtig seien Maßnahmen zur Klimaanpassung, zum Beispiel eine gute Durchlüftung der Stadt und Verschattung.

Klimaschutz müsse dort stattfinden, wo er für Mieter:innen sowie Vermieter:nnen bezahlbar bleibe. Im Gebäudebereich spricht sich die FDP insbesondere für den Einsatz erneuerbarer Energien beim Heizen aus. Weitere Verschärfungen der energetischen Anforderungen bei Sanierungen lehnt die FDP ab.

Im Verkehrsbereich soll den Menschen die Wahl des geeigneten Verkehrsmittels selbst überlassen bleiben. Dieselfahrverbote lehnt die FDP ab. Bessere Luft könne durch eine optimale Verkehrssteuerung und mehr Stadtgrün erreicht werden.

Auf den städtischen Grundstücken soll die Tank- und Ladestruktur für Wasserstoff- und Elektromobilität geschaffen werden.

Die FDP will auch, dass Grünflächen dauerhaft geschützt und vernetzt werden. Stadtbäume sollen regelmäßig nachgepflanzt und bewässert werden. Klärwerke bräuchten eine weitere Reinigungsstufe, um Mikroplastik und Medikamentenrückstände herauszufiltern. Schmutzwassereinleitungen in die Gewässer etwa bei Starkregen wolle man künftig "weitgehend verhindern".

Hinweis: Die Reihenfolge der Parteien richtet sich nach dem Ergebnis der Abgeordnetenhauswahl 2016: SPD 21,6 Prozent; CDU 17,6 Prozent; Linke 15,6 Prozent; Grüne 15,2 Prozent; AfD 14,2 Prozent; FDP 6,7 Prozent

Sendung: Inforadio, 01.07.2021, 6 Uhr

Beitrag von Jan Menzel

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