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Video: rbb24 Abendschau | 14.01.2023 | Dorit Knieling | Quelle: dpa/Fabian Sommer

Vier Wochen bis zur Wiederholungswahl

Wie Franziska Giffey nach Wähler:innen fischen will

Die jüngsten Umfragen sehen für die Berliner SPD nicht besonders rosig aus: Mal liegen die Grünen vorne, mal die CDU. Doch Franziska Giffey wäre nicht Franziska Giffey, wenn sie nicht auf die Karte Optimismus setzen würde. Von Jan Menzel

Den Wahlkampf haben die Abgeordneten der SPD-Fraktion im Gepäck und in den Knochen. "Mir tut der Rücken weh" stöhnt eine Abgeordnete, als sie auf dem Landgut Stober eintrifft. Sie kommt direkt vom Wahlkampfstand in Berlin und steht jetzt auf dem gepflasterten Hof zwischen den alten Backsteingebäuden. Die SPD-Fraktion trifft sich im alten Borsig-Gut bei Nauen zu ihrer traditionellen Jahresauftakt-Klausur. Laut Tagesordnung geht es um "Bilanz und Ausblick auf das Parlamentsjahr". Doch die Überschrift des Programms müsste eigentlich heißen: Wie wir diese Wahl (doch noch) gewinnen.

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SPD ruft Richtungswahl aus

Fraktionschef Raed Saleh redet in seiner Auftaktansprache nicht lange drumherum: "Es geht am 12. Februar nicht nur um die Korrektur von Wahlfehlern. Es steht eine echte Richtungsentscheidung an." Das könnte man beim ersten Hören als ein Bekenntnis zur amtierenden rot-grün-roten Koalition verstehen. Aber die SPD will sich in diesem Wahlkampf alles offenhalten und kämpft für "SPD pur". Deshalb schiebt Saleh gleich den vermeintlichen SPD-Wahlkampfschlager garniert mit einer Attacke auf die grüne Spitzenkandidatin hinterher: "Nicht Frau Jarasch entscheidet über das 29-Euro-Ticket. Das entscheiden die Berlinerinnen und Berliner bei der Wahl."

Das 29-Euro-Ticket sei die Idee seiner Partei gewesen, wird Saleh nicht müde zu berichten. Die SPD habe das kostenfreie Schulessen durchgesetzt, die Gebührenfreiheit in der Kita, die Lernmittelfreiheit und für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes die Hauptstadtzulage. Und als andere Parteien ihre Wahlplakate designt und den Wahlkampf geplant hätten, habe die SPD das Drei-Milliarden-Euro-Hilfspaket geschnürt, um die Stadt sicher durch die Energiekrise zu manövrieren, schwört er seine Fraktion ein.

Die Arbeiterpartei arbeitet

"Die SPD hat gearbeitet", ist Salehs Mantra, das die Abgeordneten auf der Klausur beklatschen. Aber noch wichtiger: Diese Erzählung soll die Wählerinnen und Wähler motivieren, am 12. Februar SPD zu wählen. Optisch passend zu dieser Botschaft plakatiert die Partei eine Regierende Bürgermeisterin, die im Schein der Schreibtischlampe vermeintlich bis spät in die Nacht Akten beackert.

Auch Franziska Giffey greift dieses Motiv in ihrer Rede auf. "Jetzt gilt es, dafür zu sorgen, eine handlungsfähige Regierung zu haben, die die Dinge erreicht, die jetzt anstehen". Das soll wohl heißen: Sollen die anderen doch wahlkämpfen, wir regieren. Für eine Regierende Bürgermeisterin ist das eine durchaus naheliegende Wahlkampf-Aufstellung. Allerdings kann Giffey laut Umfragen zwar auf ihr Amt, anders als andere Ministerpräsidenten aber kaum auf einen Amtsbonus setzen.

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Auf die Älteren kommt’s an

Umso mehr haben die Wahlkampfstrategen der SPD analysiert, wo die Partei besonders stark ist und wo sich Mehrheiten holen lassen. Das sind nicht so sehr die Bezirke in der Innenstadt und auch nicht die jungen und mittelalten Wähler:innen. Die vermeintlich sichere Bank der SPD ist die Generation 65-plus. Passend dazu ist als Klausurgast der stellvertretende Vorsitzende der Landesseniorenvertretung Bernd Gellert ins Landgut eingeladen worden.

Es geht um Selbstbestimmtheit auch im hohen Alter und bei Pflegebedürftigkeit, Seniorensport , Barrierefreiheit und darum, dass Dienstleitungen oder Tickets auch ohne Smartphone verfügbar sein müssen. Teilhabe muss "online und offline" möglich sei, verspricht die Regierende Bürgermeisterin und die SPD sei an dieser Stelle die Partei, die "Jung und Alt gleichermaßen berücksichtigt". Die Fraktion diskutiert dazu Anträge für mehr barrierefreie Wohnungen, zusätzliche Sitzbänke an Bushaltestellen und neue Stadtteilzentren. Ältere Menschen sollen dort Hilfe beim Ausfüllen von Formularen erhalten.

"Der einsame Kai"

So gesehen ist kaum überraschend, dass Giffey und die SPD vier Wochen vor dem Wahltag die CDU als Hauptgegner ausgemacht haben. Mit strahlendem Lächeln berichtet Franziska Giffey von Begegnungen mit Bürgerinnen und Bürgern in ihrem Rudower Wahlkreis. Die hätten ihr gesagt, dass sie nun erstmals SPD wählen wollten, nachdem die jahrelang ihr Kreuz bei der CDU gemacht hätten. Unabhängig davon, ob dieses Gespräch nun so oder so ähnlich verlaufen ist, zeigt die kleine Anekdote, wo die Regierende Bürgermeisterin ihr Stimmenpotential sieht.

Und ausgerechnet von der CDU hat Giffey im neuen Jahr völlig unverhofft Schützenhilfe bekommen. Mit der Frage nach den Vornamen der Beteiligten an den Silvester-Krawallen, hat CDU-Chef Kai Wegner Giffey eine Vorlage geliefert, auf die sie nicht hoffen durfte, die sie aber auch auf der Fraktionsklausur dankbar aufnimmt. "Ich kann nicht akzeptieren, dass der Name darüber entscheidet, dass ich jemanden als guten oder schlechten Menschen einstufe. Das kann doch nicht wahr sein", sagte Giffey unter anhaltendem Applaus. Und ruft sie ihrer Fraktion noch zu: "Wir haben alle Chancen und werden sie nutzen."

Sendung: rbb24 Abendschau, 14.01.2023, 19:30 Uhr

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Beitrag von Jan Menzel

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