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Audio: rbb24 Inforadio | 29.03.2023 | Sebastian Schöbel | Quelle: dpa

Koalitionsverhandlungen in Berlin

SPD und CDU zanken um Verwaltungsreform

Eigentlich wollten SPD, Grüne und Linke die Verwaltung bis 2026 reformieren. Dann kam die Wiederholungswahl, und nun müssen es wohl CDU und SPD gemeinsam richten. Doch in zentralen Punkten sind sie sich nicht einig. Von Sebastian Schöbel

In der politischen Zeitrechnung war es auf die allerletzte Minute, als die Spitzen des rot-grün-roten Senats am 7. Februar ihre Eckpunkte für eine Verwaltungsreform vorstellten. Denn nur wenige Tage später stand die Wiederholungswahl an, die Zukunft der Regierung stand auf dem Spiel. SPD, Grüne und Linke wollten aber unbedingt noch ihre Pflöcke einschlagen, bevor die Wählerinnen und Wähler ihre Kreuzchen machen - bei einem Thema, das langweilig klingt, aber elementar ist für die Stadt.

Vorgelegt wurde damals ein Zeitplan, mit dem die Struktur der Berliner Verwaltung grundlegend modernisiert und verbessert werden soll: klare Zuständigkeiten, mehr Effizienz, starke Bezirke unter Senatsaufsicht. Grüne und Linke werden den Plan nun nicht mehr umsetzen können - Giffey aber könnte damals mit der rot-grün-roten Last-Minute-Reform für die Verwaltung eine taktische Weichenstellung für die schwarz-roten Koalitionsverhandlungen gelungen sein.

Zwischenbilanz der Koalitionsverhandlungen

Festival der guten Laune?

Seit zwei Wochen verhandeln CDU und SPD über eine schwarz-rote Koalition. Am Freitag haben die Verhandlungsspitzen eine Zwischenbilanz vorgelegt. Die Botschaft: Alles sei auf einem guten Weg - und unüberbrückbare Hindernisse gebe es keine. Von Christoph Reinhardt

Appell der Wirtschaft: Reform nicht abwürgen

Denn die Facharbeitsgruppe, in der CDU und SPD die Verwaltungsreform diskutiert haben, hat sich nach rbb-Informationen auf ein klares Bekenntnis zu den von SPD, Grünen und Linken vorgelegten Eckpunkten geeinigt. Von ersten Reformschritten, die ohne Verfassungsänderung noch in diesem Jahr eingeleitet werden sollen, über die Stärkung des Rates der Bürgermeister, bis zur Neuregelung der Zuständigkeiten zwischen Senat und Bezirken in einem neuen Gesetz, das Mitte 2024 vorliegen soll: Alles, was Rot-Grün-Rot auf die letzten Meter beschlossen hat, findet sich nun in der schwarz-roten Verwaltungsreform wieder.

In einigen wichtigen Punkten aber gibt es weiterhin Streit - und diese Punkte sind so gravierend, dass inzwischen auch die wichtigsten Wirtschaftsverbände Berlins davon mitbekommen haben, obwohl die Verhandler Schweigen vereinbart hatten. Am Dienstag, einen Tag bevor die Verhandlungsführer um Giffey und Kai Wegner die Verwaltungsreform final abstimmen wollen, schickten die Industrie- und Handelskammer, der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller und der Architekten- und Ingenieurverein einen gemeinsamen Appell an CDU und SPD: Auf keinen Fall dürfe schwarz-rot den schon beschlossenen Fahrplan zur Verwaltungsreform infrage stellen. "Wolle der künftige Senat seine Arbeit nicht mit einem Fehlstart beginnen, dürfen zentrale Punkte der Verwaltungsreform nicht aufgeweicht werden", heißt es in dem Schreiben.

Kurz vor der Wahl

Senat weitgehend einig über Verwaltungsreform

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CDU will Modernisierung aus dem Roten Rathaus steuern

Im Detail sind es vor allem zwei Fragen, bei denen sich die Verhandler:innen von CDU und SPD verhakt haben. Einerseits geht es um Machtgerangel: Die SPD will, dass die Innenverwaltung für die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung sowie Personalfragen zuständig ist. Der Grund dürfte wohl auch sein, dass die Sozialdemokraten das Ressort in den Koalitionsverhandlungen für sich reklamieren. Die CDU will das Thema hingegen zur Chefsache machen und im Roten Rathaus ansiedeln - wo bald Kai Wegner sitzen könnte. Ganz ähnlich hatte es zuvor Giffey mit dem Wohnungsbau gemacht.

Während man sich hier vermutlich irgendwie einigen kann, dürfte das zweite Problem schwieriger werden. Die SPD pocht darauf, dass die Führungsposten der Bezirksämter künftig nicht mehr nach Proporz vergeben werden und das Stärkeverhältnis in der Bezirksverordnetenversammlung widerspiegeln, sondern nach dem Mehrheitsprinzip: Die Bezirksstadträte würden dann in einem "politischen Bezirksamt" ebenfalls von der Mehrheit der Bezirksverordnetenversammlung gewählt, so wie bereits die Bezirksbürgermeister. Die Idee wird seit Jahrzehnten in Berlin diskutiert, die SPD selbst war in der Vergangenheit mal dafür und mal dagegen.

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SPD will politisches Bezirksamt, CDU nicht

Die CDU aber will laut rbb-Informationen das "politische Bezirksamt" im Koalitionsvertrag explizit ausschließen - und bringt ihrerseits einen anderen, ebenfalls nicht ganz neuen Vorschlag mit: Die Direktwahl der Bezirksbürgermeister, die dann mit mehr politischer Autorität gegenüber dem Senat agieren könnten. Ganz uneigennützig dürfte das allerdings auch nicht sein: Die CDU hatte zuletzt bei Bezirkswahlen öfter die Erfahrung gemacht, als stärkste Kraft von einer Zählgemeinschaft der unterlegenen Parteien ausgebootet zu werden. Bei der Wiederholungswahl hatten die Christdemokraten neun von zwölf Bezirken gewonnen - und hätten wohl auch am meisten von einer Direktwahl der Bürgermeister profitiert.

Auf welchen Kompromiss sich CDU und SPD am Ende bei der Verwaltungsreform einigen, entscheiden die Verhandlungsführer am Mittwoch. Dann wird es auch um die teils millionenschweren Ausgaben für die Digitalisierung gehen, die in der Facharbeitsgruppe besprochen wurden. Allein für das landeseigene IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) sollen nach rbb-Informationen bis 2027, also über die Legislatur hinaus, mehr als 100 Millionen Euro ausgegeben werden. ITDZ-Chef Marc Böttcher hatte Mitte März überraschend das Handtuch geworfen - offenbar frustriert ob der schlechten finanziellen Ausstattung des wichtigsten IT-Dienstleisters der Berliner Verwaltung.

Zumindest beim Tempo aber ist man sich weitgehend einig: Noch in dieser Legislaturperiode, also bis 2026, will man den Behördenapparat grundlegend reformiert haben - Verfassungsänderung inklusive.

Sendung: rbb24 Inforadio, 29.03.2023, 12:00 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

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