Nach Abstimmung auf Vorstandssitzung
Die Bildung einer schwarz-roten Koalition in Berlin naht. Am Abend sprach sich der SPD-Landesvorstand für Koalitionsverhandlungen mit der CDU aus. Deren Chef Kai Wegner orientiert sich ebenfalls bereits in Richtung Große Koalition.
Die Berliner SPD will in Koalitionsverhandlungen mit der CDU eintreten. Das verkündeten die Vorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh am Ende der mehr als vierstündigen Sitzung des Landesvorstandes am Mittwochabend.
Zwei Drittel der Vorstandsmitglieder hätten für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU gestimmt, sagte Saleh. Außerdem wurde beschlossen, dass die SPD-Basis per Mitgliederentscheid über einen Koalitionsvertrag abstimmen solle. Der Beschluss zeige, dass seine Partei bereit sei, Verantwortung zu übernehmen, so Saleh weiter.
Die noch Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey sagte, es gehe auch darum, Respekt vor dem Wahlergebnis zu zeigen. Das müsse man "sehr ernst nehmen". Dem könne der Weg in Richtung CDU noch mehr Rechnung tragen, als die Fortsetzung der bisherigen Koalition.
In den Sondierungsgesprächen mit der CDU habe man eine große Schnittmenge und ein großes Entgegenkommen festgestellt, so Giffey weiter. Das sei wichtig gewesen - auch bei den kritischen Fragen wie der Fortsetzung des 29-Euro-Tickets. Eine gemeinsame Lösung habe man auch in der Enteignungsfrage gefunden. "Wir haben ganz klar gesagt: Keine Enteignung", sagte Giffey. Stattdessen werde ein Rahmengesetz für Vergesellschaftungen angestrebt - einzelfallbezogen.
Sie selbst verliert durch die Entscheidung das Amt als Regierende Bürgermeisterin. Dazu sagte Giffey, sie habe sich entschieden, das "für Berlin und für die SPD" zu tun. "Weil ich weiter denke, als jetzt ein Amt zu bekommen und in drei Jahren eine SPD zu sehen, die in einer noch schwierigeren Lage ist als jetzt", sagte Giffey.
Sie sei aber bereit, als Senatorin in ihrer künftigen Regierung ihren Beitrag zu leisten, sagte Giffey.
Zuvor war bereits bekannt geworden, dass der Berliner CDU-Chef Kai Wegner seiner Partei ein Regierungsbündnis mit der SPD vorschlagen wird. Nach rbb-Informationen will er dem Landesvorstand der Partei am Donnerstag eine entsprechende Empfehlung geben.
Es gilt als sicher, dass das Leitungsgremium der CDU diesem Vorschlag zustimmen wird. Die Union hatte in den vergangenen zwei Wochen intensiv sowohl mit den Grünen als auch mit der SPD Sondierungsgespräche geführt. In beiden Fällen hieß es hinterher, dass auch große Konfliktpunkte ausgeräumt werden konnten.
Damit kann es dann zu Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD kommen. In der SPD gab es vor der Sitzung noch erheblichen Widerstand gegen ein solches Bündnis.
Der zweite mögliche Koalitionspartner der CDU, die Grünen, reagierte enttäuscht. Via Twitter teilte Spitzenkandidatin Bettina Jarasch mit, sie habe davor gewarnt, dass sich SPD und CDU füreinander entscheiden und setzte dazu den Hashtag "Rückschrittskoalition". Ihre Partei hätte vor allem mit der CDU verlässliche und vertrauensvolle Gespräche erlebt, schrieb sie zudem.
Auch der Linken-Politiker und frühere Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf krtitisierte die SPD. "Hey spdberlin, wisst ihr noch wie es euch erging, als ihr unter der CDU in den 90er Jahren Juniorpartner wart und wie ihr euch dann endlich befreit habt?", schrieb Wolf, der 2001 die Linken-Vorläuferpartei PDS in die Koalition mit der SPD führte, am Mittwoch bei Twitter. "Geschichte wiederholt sich: "Erst als Tragödie und dann als Farce". Aber verschont uns künftig mit eurem Gejammer."
Sendung: rbb24 Abendschau, 01.03.2023, 19:30 Uhr
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