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Quelle: Stat. Landesamt, GeoBasis-DE / BKG (2020)

Fünf Erkenntnisse aus der Berlin-Wahl

Gewonnen hat die CDU und verloren haben alle anderen

Schon klar, die CDU hat die Wahl zum Abgeordnetenhaus gewonnen. Das rbb|24-Datenteam hat aber etwas tiefer in Daten gewühlt, um ein paar interessante Details und erste Erklärungen für die Ergebnisse zu finden. Von Wanda Bleckmann und Haluka Maier-Borst

Die Demokratie hat verloren

Ein "Tiefpunkt für das Ansehen Berlins", so kommentierte die CDU die Tatsache, dass die Wahl von 2021 nun dieses Jahr wiederholt werden musste. Und auch die anderen Oppositionsparteien wie AfD und FDP erklärten, dass es bei der Wiederholung der Wahl auch darum gehe, wie gut Berlin noch funktioniere.

Nun, auf den ersten Blick führte die Wahlwiederholung erstmal dazu, dass in jedem Bezirk sich deutlich weniger Leute an der Wahl beteiligten. Einerseits ist das vorhersehbar, denn bei regionalen Wahlen beteiligen sich nun mal weniger Menschen als an Bundestagswahlen. Entsprechend glücklich war der Umstand 2021, dass man mehrere Wahlen auf einmal abhalten konnte. Andererseits bedeutet es, dass das neue Abgeordnetenhaus weniger Menschen repräsentiert.

Wo die SPD schwächelt, gewinnt die CDU – außer in der Highdeck-Siedlung

Neukölln 4, 5 und 6: Dort wo die CDU massiv Wähler:innen dazugewonnen hat, sind auch die Wahlkreise, wo die SPD massiv verloren hat. Das muss natürlich nicht notwendigerweise heißen, dass viele SPD-Wähler:innen nun bei der CDU ihr Kreuz gemacht haben. Es kann auch heißen, dass in diesen Gebieten die SPD-Wählerschaft diesmal zu Hause geblieben ist und andersrum die CDU ihnen politisch nahestehende Menschen mobilisiert bekommen hat.

Interessant ist jedenfalls dabei auch, dass es ausgerechnet Neukölln ist, in dem so viele Zugewinne vorhanden waren. Das widerspricht einerseits der mehrfach geäußerten Behauptung, dass vor allem die CDU in jenen Stadtteilen mit dem Thema Sicherheit punktet, in denen Menschen keine Ahnung von der durch die Silvesterkrawalle berüchtigt gewordenen High-Deck-Siedlung haben. Andererseits liegt die High-Deck-Siedlung in einem benachbarten Wahlkreis, nämlich Neukölln 3.

Auch die FDP kann sich gegen die CDU nur schwerlich behaupten

Die Stärke der CDU lässt sich nicht nur mit der Schwäche der SPD erklären. Anscheinend war es auch für die FDP schwierig, sich in direkter Konkurrenz von der CDU zu behaupten. Denn neben Neukölln sind auch Bezirke wie Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg oder auch Treptow-Köpenick Gegenden, in denen die CDU Wähler:innen gewinnen konnte und die FDP verlor.

Die Folge dessen ist, dass die FDP wohl nicht die Fünf-Prozent-Hürde erreicht, folglich nicht im Abgeordnetenhaus ist und entsprechend die bisherige Opposition weniger stark im Parlament und in der Stadt vertreten sein wird, als wenn die CDU nicht der FDP es so schwierig gemacht hätte.

Die AfD profitiert von Nicht-Wähler:innen - verliert aber Stimmen

Die AfD hat einen größeren Wähleranteil als bei der letzten Wahl, sie wird im nächsten Abgeordnetenhaus deutlich mehr Sitze bekommen aufgrund von Ausgleichsmandaten und dem Wegfall der FDP. Und das alles, obwohl sie verloren hat. 7.902 Stimmen hat sie in der Stadt unter dem Strich weniger errungen als letztes Mal.

Weil aber zugleich auch 312.114 Stimmen insgesamt abgebeben wurden, hat die AfD einen größeren Stimmanteil erreicht. Ein extremes Beispiel sind dabei Marzahn-Hellersdorf 1 und Marzahn-Hellersdorf 3, wo anstatt rund 60 Prozent nicht einmal 50 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben haben. Weil die AfD hier aber "nur" 373 (Marzahn-Hellersorf 3) bzw. 173 Stimmen (Marzahn-Hellersorf 1) weniger bekam, hat sie dort am meisten prozentual zugelegt.

Die Grünen und die Linke konkurrieren um die Stadtmitte

Auch die Grünen und die Linke haben überall Wähler:innen verloren. Aber bei ihnen ist vor allem interessant, wie beide zunehmend um benachbarte Wahlkreise kämpfen. War die Linke früher eine klare Ost-Partei, so liegen inzwischen ihre stärksten Gebiete in Neukölln.

Und auch bei den Grünen sind es, wie kaum anders zu erwarten, vor allem Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln, in denen die Partei punktet, sowie zusätzlich in Prenzlauer Berg.

Inwiefern das ein Problem für die bisherigen Koalitonäre sein wird, könnte spannend werden. Denn bei der vorherigen Wahl konnten Linke und Grüne sich gut ergänzen, weil die einen in Bezirken wie Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick punkteten und die anderen (Grüne) auch in eher bürgerlichen Bezirken wie Reinickendorf teils 17 Prozente holten. Nun droht aber, dass die eine Partei dem Koalitionspartner bei künftigen Wahlen das Leben schwer macht - so wie aktuell die CDU der FDP.

Sendung: rbb24 Abendschau, 13.02.2023, 19:30 Uhr

 

Beitrag von Wanda Bleckmann und Haluka Maier-Borst

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