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Quelle: dpa/Christoph Soeder

12. Februar 2023

Das alles steht bei der Berliner Wiederholungswahl zur Abstimmung

Das erste Mal in der Geschichte Berlins muss eine Wahl komplett wiederholt werden. Zu viele Fehler waren 2021 passiert. Die wichtigsten Fakten zur Abgeordnetenhaus- und Bezirkswahl am 12. Februar 2023 im Überblick. Von A. Sundermeyer und U. Schuhmacher

Diesen Text gibt es auch auf Englisch, Arabisch, Polnisch and Türkisch.

Normalerweise wählt Berlin alle fünf Jahre seine Volksvertreterinnen und -vertreter auf Landes- und auf Bezirksebene. Bei der Wahl am 26. September 2021 gab es aber so viele Fehler, dass die Wahlen zum Abgeordnetenhaus (AGH) und zu den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) komplett wiederholt werden müssen. Das hatte das Berliner Landesverfassungsgericht im November entschieden. Spätestens 90 Tage nach dieser Entscheidung muss die Wahlwiederholung in Berlin erfolgen. So sieht es die Verfassung von Berlin vor. Der Berliner Landeswahlleiter hat für die Wiederholungswahl den 12. Februar 2023 festgelegt.

Auch wiederholt werden muss die Bundestagswahl, die ebenfalls am 26. September 2021 in Berlin stattfand. Allerdings wird sie nicht komplett wiederholt. Über Fehler bei einer Bundestagswahl entscheidet nicht das Berliner Landesverfassungsgericht, sondern der Bundestag selbst. Der hatte ebenfalls im November entschieden, dass wegen der vielen Wahlpannen in 431 von rund 2.300 Berliner Stimmbezirken die Wahl wiederholt werden muss.

Gegen diese Entscheidung des Bundestages kann allerdings vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt werden. Entsprechende Klagen sind inzwischen eingegangen. Damit muss erstmal das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung fällen. Ein Wahlwiederholungstermin kann erst danach festgelegt werden. Weil das dauert und auch die Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin vorbereitet werden muss, kann sie nicht auch am 12. Februar 2023 stattfinden.

Und noch eine Kuriosität dieser Wahlwiederholung: Die einzige Abstimmung vom 26. September 2021 in Berlin, die trotz der diversen Pannen nicht wiederholt werden muss, ist die zum Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co enteignen". Der Grund ist schlicht: Es hat niemand gegen diese Abstimmung geklagt. Damit ist der Volksentscheid gültig.

Kommen wir zu den Details, der Reihe nach:

Berlin-Wahl live

WER DARF WÄHLEN?

Das Recht, an den Wahlen zum Abgeordnetenhaus teilzunehmen, haben alle Deutschen, also Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben. Außerdem ist die Bedingung, dass sie seit mindestens drei Monaten ununterbrochen in Berlin ihren Wohnsitz haben und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Vom Wahlrecht ausgeschlossen sind unter anderem Personen, denen das Wahlrecht durch Richterspruch aberkannt wurde. Auch im Ausland lebende Deutsche können mitwählen, sofern sie ihren Wohnsitz in Berlin haben.

Bei den Wahlen zur BVV sind außer deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern auch Angehörige anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) wahlberechtigt. Sie müssen allerdings einen Wohnsitz in Berlin haben. Das Mindestalter für die Wahlen zur BVV liegt bei 16 Jahren.

WANN UND WIE WIRD GEWÄHLT?

Die Wahllokale sind am Sonntag, 12. Februar von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Danach beginnt in den Wahllokalen die Stimmenauszählung. Die ist öffentlich, wer mag, kann kommen und dabei zusehen.

Wer nicht persönlich zur Wahl gehen kann, hat die Möglichkeit, in den sechs Wochen vor der Wahl per Briefwahl zu wählen. Dafür braucht man einen Wahlschein. Der kann nur schriftlich beantragt werden, telefonisch geht das nicht. Die Wahlbenachrichtigungen wurden seit Montag, 2. Januar, verschickt.

Auf der Rückseite der Benachrichtigung, die jede und jeder Wahlberechtigte mit der Post erhält, gibt es einen Vordruck. Der muss ausgefüllt zurückgesandt werden, das kann auch per E-Mail geschehen. Alternativ gibt es einen QR-Code auf der Wahlbenachrichtigung; scannt man ihn ein, sind alle persönlichen Angaben für den Wahlschein bereits eingetragen. Alle drei Stimmzettel für alle Wahlen müssen übrigens in denselben Stimmzettelumschlag gesteckt werden, sonst ist das Wahlgeheimnis nicht gewahrt und die Wahl ist ungültig.

Wer schon früher seine Stimme abgeben möchte, kann das seit Montag, 2. Januar auch direkt in den Briefwahlstellen der Bezirke [berlin.de/wahlen] tun. Die haben in der Regel wochentags von 8 bis 15 Uhr geöffnet. Zur Stimmabgabe muss nur der Personalausweis vorgelegt werden.

WER UND WAS WIRD GEWÄHLT?

1. Die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus

Das Abgeordnetenhaus ist das Landesparlament in Berlin. Es schafft Gesetze, bildet die Regierung und kontrolliert sie auch. Die Bürgerinnen und Bürger können sowohl die Parteien als auch einzelne Kandidatinnen und Kandidaten wählen, die ins Parlament einziehen sollen. Dafür haben die Wahlberechtigten zwei Stimmen: eine für eine Partei auf Landesebene und eine für den Direktkandidaten oder die Direktkandidatin im Wahlkreis. Um ins Abgeordnetenhaus einziehen zu können, muss eine Partei fünf Prozent der Wählerstimmen bekommen.

Die Zahl der Abgeordneten, die nach der Wahl tatsächlich im Berliner Abgeordnetenhaus sitzen, ist nicht in jeder Legislaturperiode gleich. Eigentlich gibt es 130 Sitze für Parlamentarier im Abgeordnetenhaus. Je nachdem, wieviel Prozent die Parteien bei der Wahl bekommen haben, erhalten sie danach anteilig Sitze im Parlament.

Nun gibt es aber neben der Zweitstimme, mit der man eine Partei wählen kann, auch noch die Erststimme. Darüber können Kandidatinnen und Kandidaten direkt gewählt werden. Wenn hier jemand gewinnt, der einen hinteren Listenplatz hat oder gar nicht auf der Wahlliste seiner Partei steht, gibt es für sie die sogenannten Überhangmandate. So kann es passieren, dass eine Partei deutlich mehr Sitze im Abgeordnetenhaus bekommt, als ihr prozentual erstmal zustehen. Damit aber das Kräfteverhältnis der Parteien im gesamten Plenum erhalten bleibt, bekommen dann auch andere Parteien zusätzliche Sitze zugesprochen, die sogenannten Ausgleichsmandate. Das ist der Grund dafür, dass das aktuelle Abgeordnetenhaus aus 147 Parlamentariern besteht.

Soweit ist alles wie bei jeder anderen Abgeordnetenhauswahl. Weil es sich diesmal aber um eine Wiederholung der Wahl von 2021 handelt, ist ein großer Unterschied, dass die Legislaturperiode (die nach der Wahl 2021 begonnen hat) weiter läuft. Sie endet erst im September 2026. Zumindest dann, wenn es bis dahin nicht noch eine vorzeitige Neuwahl gibt.

Landes- und Bezirkslisten

Diese 33 Parteien treten bei der Wiederholungswahl in Berlin an

Wenn die Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar wiederholt wird, stellen sich neben den allseits bekannten Parteien auch viele kleine Gruppierungen erneut zur Wahl. Insgesamt 33 Parteien stehen auf dem Zweitstimmzettel. Hier finden Sie die Steckbriefe. Von Sabine Müller

2. Die Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung

Die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) sind die kommunalen Parlamente der Berliner Bezirke, vergleichbar mit den Stadträten und Gemeindevertretungen in anderen Bundesländern. Es gibt in Berlin zwölf Bezirke: Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Mitte, Neukölln, Pankow, Reinickendorf, Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick.

Ein echtes Parlament ist die BVV allerdings nicht. Anders als das Abgeordnetenhaus hat sie nur eingeschränkte Rechte. Sie darf zum Beispiel keine Gesetze erlassen. Die BVV trifft Entscheidungen über Einrichtungen oder Bereiche, für die nur der Bezirk verantwortlich ist. Dazu zählen zum Beispiel die bezirkseigenen Grünflächen, Schulgebäude und Jugendeinrichtungen, aber auch Volkshochschulen und Bibliotheken. Auch die Organisation der Jugend- und der Ordnungsämter gehört dazu.

In jedem der zwölf Berliner Bezirke gibt es eine BVV. Sie wird normalerweise alle fünf Jahre gewählt, jeweils am selben Tag wie das Abgeordnetenhaus.

Bei der BVV-Wahl werden die Kandidatinnen und Kandidaten nicht direkt gewählt, sondern man gibt seine eine Stimme einer Partei oder Wählervereinigung in seinem Bezirk. Um in die BVV einzuziehen, braucht eine Partei drei Prozent der Stimmen. Gemäß dem Anteil der Stimmen setzt sich dann auch die BVV mit ihren Fraktionen zusammen. Die BVV besteht jeweils aus höchstens 55 Bezirksverordneten. Die Zahl kann sich auch verringern: Wenn auf der Liste einer Partei nicht so viele Kandidaten stehen, wie nach dem Wahlergebnis einziehen dürften, bleiben diese Stühle leer.

Juristisches Gutachten

Alle Gremien im Abgeordnetenhaus müssen zweites Mal gewählt werden

Die Wiederholungswahl bedeutet juristisches Neuland für Berlin. Das bestätigt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes im Abgeordnetenhaus. Darin äußern sich die Gutachter dazu, was etwa mit Ausschüssen und Gesetzesvorhaben passieren soll.

 

3. Auswirkung auf die wichtigsten Posten

Die Wiederholungswahl bringt einige Besonderheiten mit sich. Die wichtigsten politischen Ämter werden für die Länge der Legislaturperiode gewählt, also im Regelfall für fünf Jahre. Bei einer Wiederholungswahl endet die nicht, das tut sie nur bei einer Neuwahl. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) bleibt deshalb nach der Wiederholungswahl weiter im Amt und mit ihr der gesamte Senat. Und das im Prinzip so lange, wie die Legislaturperiode läuft.

Wenn sich nach der Wiederholungswahl nun aber die Kräfteverhältnisse so verändern sollten, dass eine andere Regierung Koalitionsverhandlungen aufnehmen kann und erfolgreich beendet, gibt es zwei Wege, diese neue Regierung ins Amt zu bekommen: Entweder die amtierende Regierende Bürgermeisterin tritt freiwillig zurück und macht so den Weg frei für die Wahl einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers. Oder sie muss per Misstrauensvotum aus dem Amt gestimmt werden. Notwendig ist dafür laut der Verfassung von Berlin die Mehrheit der Abgeordneten.

Alle Senatorinnen und Senatoren scheiden übrigens automatisch aus dem Amt, wenn die Regierende Bürgermeisterin ihren Posten verliert. Denn nach der Berliner Verfassung wählt das Parlament zwar den oder die Regierende Bürgermeister:in, aber nicht mehr die Senatorinnen und Senatoren. Die ernennt der oder die Regierende, an deren Amtszeit auch die des Senats gebunden ist.

Wer Bezirksbürgermeisterin oder Bezirksbürgermeister wird, entscheidet die Mehrheit der BVV. Es kann sein, dass sich die stärkste Fraktion mit ihrer Kandidatin oder ihrem Kandidaten durchsetzt. Immer wieder kommt es aber auch vor, dass sich die Fraktionen der Parteien in der BVV zusammentun, die weniger Stimmen bekommen haben. Sie können sogenannte Zählgemeinschaften bilden. Wenn diese Zählgemeinschaft über eine Mehrheit in der BVV verfügt, kann sie den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin wählen.

Weil die Legislaturperiode bei der Wahlwiederholung auch auf BVV-Ebene einfach weiter läuft, bleiben alle Bezirksbürgermeister- und Stadtratsposten erstmal weiter so besetzt, wie das aktuell der Fall ist. Auch dann, wenn sich in der Bezirksverordnetenversammlung das Kräfteverhältnis verändert hat. Neue Bezirksbürgermeister:innen oder Stadträte können nur gewählt werden, wenn die Amtsträger freiwillig ihr Amt aufgeben oder von der Bezirksverordnetenversammlung abgewählt werden. Dazu braucht es allerdings eine Zweidrittelmehrheit.

Sendung: Antenne Brandenburg, 08.02.2023, 15:30 Uhr

Beitrag von Agnes Sundermeyer und Ute Schuhmacher

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