Reaktionen zu Wahlwiederholung
Noch nie musste eine Landtagswahl in Deutschland komplett wiederholt werden - bis jetzt: Der Verfassungsgerichtshof ordnete am Mittwoch genau das für die Berlin-Wahl an. Die Opposition fordert weitere personelle Konsequenzen.
Das Urteil zur kompletten Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl in Berlin hat in der Landespolitik deutliche Reaktionen ausgelöst.
Für die Landes-CDU ist die Entscheidung eine Niederlage für die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). "Es ist ein Tiefpunkt für das Ansehen Berlins in Deutschland und der Welt", teilte der Generalsekretär der Oppositionspartei, Stefan Evers, am Mittwoch nach der Urteilsverkündung des Berliner Verfassungsgerichts mit. "Es ist eine schwere Niederlage für Frau Giffey und ihren Senat." Bis zuletzt habe vor allem die SPD versucht, öffentlichen Druck auf das Verfassungsgericht auszuüben.
"Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland musste eine Wahl wiederholt werden, weil eine Landesregierung nicht in der Lage war, eine Abstimmung zu organisieren", sagte Evers. Senator Andreas Geisel, zum Zeitpunkt der Wahl im September 2021 an der Spitze der für die Wahl zuständigen Innenverwaltung, sei noch immer im Amt. "Das ist spätestens jetzt keinem Berliner mehr zu erklären oder zuzumuten."
Die Berliner FDP forderte eine Kehrtwende in der Landespolitik. Mit seiner Entscheidung setze das Gericht Berlin ein Denkmal der Dysfunktionalität, teilte der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja am Mittwoch nach der Urteilsverkündung mit. Die Regierenden der vergangenen Jahrzehnte einschließlich der CDU hätten sich konsequent jeglicher Verantwortung entledigt und offensichtliche Missstände viel zu lange ignoriert. "Diese Zäsur muss eine Kehrtwende bisheriger Politik einläuten, wir müssen die Kontrolle über unsere desolaten Verwaltungsstrukturen zurückerlangen", forderte Czaja.
Die Berliner AfD hat das Urteil zur Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl begrüßt. "Berlin hat eine zweite Chance bekommen", teilte die AfD-Landesvorsitzende Kristin Brinker am Mittwoch mit. Der Senat aus SPD, Grünen und Linke sei "für das Wahlchaos" verantwortlich gewesen. "Das Urteil stellt nun sicher, dass das Abgeordnetenhaus endlich rechtssicher zusammengesetzt ist." Die Berliner sollten die Chance der Wahlwiederholung nutzen.
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) teilte mit, dass der Senat das Urteil akzeptieren und keine Beschwerde einlegen werde. Es solle nun alles dafür getan werden, die Wahlen gut vorzubereiten und einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Am Mittwochabend werde der Senat auf einer Sondersitzung die nächsten Schritte besprechen, so die SPD-Politikerin.
Die Berliner Grünen erklärten, der Verfassungsgerichtshof habe "ein klares Urteil gefällt", das die Partei respektiere und akzeptiere. Der Urteilsspruch sei "eine heftige Klatsche für die Verantwortlichen der letzten Wahl", konstatierten sie.
Die Berliner Linken-Vorsitzende Katina Schubert erklärte, die Berlinerinnen und Berliner hätten "nun die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, was ihnen angesichts der anhaltenden Krisen wirklich wichtig ist".
Der Verfassungsgerichtshof entschied am Mittwochvormittag, dass die Berliner Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten vom September 2021 wegen der zahlreichen Wahlpannen komplett wiederholt werden muss.
Sie sollen wie erwartet am 12. Februar 2023 wiederholt werden. Das teilte der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler am Mittwoch mit.
Sendung: rbb24 Abendschau, 16.11.2022, 19:30 Uhr
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