Abgeordnetenhaus | Vorläufiges Ergebnis
Die CDU schneidet bei der Wiederholungswahl in Berlin so gut ab wie seit 1999 nicht mehr - und lässt die SPD klar hinter sich. Die Sozialdemokraten liegen denkbar knapp vor den Grünen. Die FDP schafft es nicht ins Parlament.
Die CDU wird im Berliner Abgeordnetenhaus stärkste Kraft - erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten und mit deutlichem Vorsprung vor den anderen Parteien. Laut vorläufigem Endergebnis kommt sie bei der Wiederholungswahl am Sonntag auf 28,2 Prozent der abgegebenen Stimmen – das sind 10,2 Prozentpunkte mehr als noch bei der Wahl im September 2021.
Damit liegt die Partei deutlich vor SPD und Grünen, die auf jeweils 18,4 Prozent der Stimmen kommen. Nur hauchdünn liegen die Sozialdemokraten vor dem Koalitionspartner - berlinweit hat die SPD gerade einmal 105 Stimmen mehr. Gegenüber 2021 verliert die SPD 3,0 Prozentpunkte und erzielt das schlechteste Wahlergebnis seit der Wiedervereinigung. Die Grünen verlieren 0,5 Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl vor zwei Jahren.
Auf die Linke entfallen 12,2 Prozent (-1,9 Punkte) der Stimmen. Für die AfD stimmten demnach 9,1 Prozent der Wähler (+1,1). Die FDP verpasst mit 4,6 Prozent der Wählerstimmen (-2,5) knapp den Einzug in das Berliner Parlament.
Die anderen Parteien kamen auf 9,1 Prozent (-3,4). Die Wahlbeteiligung lag bei 63,1 Prozent, wahlberechtigt zur Abgeordnetenhauswahl waren etwa 2,4 Millionen Menschen.
Nach demokratischer Gepflogenheit liegt der Auftrag zur Regierungsbildung bei der CDU als stärkster Kraft im Abgeordnetenhaus. "Wir wollen eine erfolgreiche Berlin-Koalition anführen", sagte CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner am Sonntag in der ARD. Dazu werde die CDU in den nächsten Tagen Gespräche führen. Die Berlinerinnen und Berliner hätten einen Wechsel gewählt.
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) erkannte den CDU-Erfolg an und räumte ein, die Berliner seien mit der rot-grün-roten Regierung nicht zufrieden. Die CDU sei stärkste Kraft geworden. Sie schränkte aber ein: "Jeder, der als stärkste Kraft hervorgeht, braucht aber auch eine Regierungsmehrheit."
Noch ist offen, ob die CDU ein Regierungsbündnis schmieden kann. SPD und Grüne wollen ihre Koalition mit der Linken trotz des CDU-Siegs fortsetzen, wofür die Mehrheitsverhältnisse auch reichen würden.
"Wenn wir eine Möglichkeit haben, ein Regierungsbündnis anzuführen unter SPD-Führung, dann werden wir auch versuchen, dafür eine stabile politische Mehrheit zu organisieren." Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sprach sich für eine Fortsetzung der Koalition mit SPD und Linken aus. "Die jetzige Regierungskoalition hat eine klare und stabile Mehrheit", sagte sie in der ARD.
Nach dem vorläufigem Endergebnis wäre ein Zweierbündnis aus CDU und SPD möglich. Beide Parteien koalierten zuletzt 2011 bis 2016, allerdings unter SPD-Führung.
Auch ein Bündnis aus CDU und Grünen hätte im Parlament eine Mehrheit. Allerdings hatten sowohl Wegner als auch Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch eine Koalition zuletzt ausgeschlossen - unter anderem wegen Differenzen bei der Verkehrspolitik und nach den Silvesterausschreitungen. Am Sonntagabend sagte Jarasch allerdings in der ARD, sie werde Gespräche mit allen demokratischen Parteien führen, wenn sie eingeladen werde. Und Wegner kündigte an, neben der SPD auch die Grünen zu Sondierungen einzuladen.
Am stärksten wäre ein Bündnis von CDU, SPD und Grünen - die drei Parteien kommen nach derzeitigem Stand auf rund drei Viertel der Sitze im Parlament. Eine Koalition mit der AfD lehnen die anderen Parteien im Abgeordnetenhaus ab.
Die Wiederholungswahl vom Sonntag war ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Erstmals musste eine Wahl auf Landesebene komplett wiederholt werden. Der Berliner Verfassungsgerichtshof hatte die Wahl zum Abgeordnetenhaus vom 26. September 2021 wegen "schwerer systemischer Mängel" und zahlreicher Wahlfehler für ungültig erklärt.
Die Wahl an diesem Sonntag verlief laut internationalen Wahlbeobachtern vom Europarat "wirklich gut". Es habe keine langen Schlangen gegeben, niemand habe sich beschwert.
Sendung: rbb24 Abendschau, 12.02.2023, 19:30 Uhr
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