Antrag und Kampagne
In der Berliner SPD rumort es weiter: Während sich die Nachwuchsorganisation Jusos per offiziellem Antrag und Kampagne gegen schwarz-rote Koalitionspläne ausspricht, wirbt die Landeschefin an der Basis für Zustimmung.
Mit großer Mehrheit hat sich die Berliner SPD-Jugendorganisation Jusos am Samstag gegen die geplante Koalition mit der CDU gestellt. Ein Antrag des Landesvorstandes mit dem Titel "NoGroKo - Berlin geht nur mit links" erhielt die sehr große Mehrheit der etwa 80 Delegierten einer Jusos-Konferenz in der SPD-Bundeszentrale in Berlin.
Die Jusos forderten vehement und unter großem Applaus die Fortsetzung der Koalition mit Grünen und Linken und lehnten die Zusammenarbeit mit der CDU grundsätzlich ab. Zwei stellvertretende SPD-Landesvorsitzende hatten zuvor in einer sachlichen Debatte vergeblich dafür geworben.
Viele Delegierte kritisierten, dass die SPD-Landesvorsitzende und Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und ihr Co-Vorsitzender Raed Saleh nicht erschienen waren, um sich der Debatte zu stellen. Giffey besuchte stattdessen den SPD-Kreisverband Pankow.
In dem Antrag hieß es über den CDU-Landesvorsitzenden Kai Wegner, der nach derzeitigem Plan Regierender Bürgermeister werden soll: "Kai ist der falsche Vorname fürs Rote Rathaus." Er sei für das Amt gänzlich ungeeignet. "Wer im Wahlkampf bewusst durch rassistische Erzählungen am rechten Rand fischt", könne nicht von Sozialdemokraten zum Bürgermeister gewählt werden. Mit der CDU gebe es keine "soziale und gerechte Stadt", hieß es. "Eine Partei, die mit rechtspopulistischen Inhalten Wahlkampf gemacht hat und Leute nach ihren Vornamen in Kategorien eingeteilt hat, ist für uns keine geeignete Koalitionspartnerin."
Die CDU hatte im Wahlkampf polarisiert, weil sie nach den Silvester-Krawallen die Vornamen von Verdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit erfragte, um zu erfahren, ob sie Migrationshintergrund haben.
Um ihrer Ablehnung einer schwarz-roten Koalition Nachdruck zu verleihen, starteten die Berliner Jusos zudem am Samstag eine Kampagne. Eine entsprechende Internetseite sollte am Samstag online gehen. Folgen sollen in den nächsten Wochen zahlreiche Diskussionsveranstaltungen. "Wir werden heute starten und wir werden erst ruhen, wenn wir diese große Koalition verhindert haben." Sie betonte: "Das wird die größte Kampagne, die die SPD Berlin je gesehen hat. Wir machen das aus Liebe zur Partei."
Bei der Juso-Konferenz zu Gast sind die SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe und der Berliner Wirtschaftsstaatssekretär Michael Biel, die beide an den Koalitionsverhandlungen beteiligt sind.
Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey nahm nicht an der Veranstaltung der Jusos teil und besuchte am Samstag kurzfristig eine Konferenz des Kreisverbands Pankow. Dort sagte sie, bei den Sondierungsgesprächen mit Linken und Grünen sei klar geworden, dass ein Neubeginn in dieser Konstellation nicht möglich sei. Dagegen habe die CDU viel Verständnis und Entgegenkommen gezeigt, was die Kernthemen der SPD betreffe.
Sie rief die Parteimitglieder auf, zunächst die Verhandlungen abzuwarten, bevor sie sich ein Urteil bilden. Wenn der Koalitionsvertrag ausgehandelt ist und die Mitgliederbefragung beginnt, werde es sechs Beteiligungsforen geben, in denen inhaltlich fokussiert diskutiert werden kann. Sollte das Bündnis mit der CDU nicht gelingen, sei die Alternative eine schwarz-grüne Koalition, warnte Giffey. Das habe sich schon vor der Wahl abgezeichnet und stehe noch immer im Raum.
Für die kommende Woche hat die SPD-Spitze mehrere Treffen mit den SPD-Ortsvereinen in der Stadt angekündigt. Dabei sollen die Vorteile einer schwarz-roten Koalition in den Vordergrund gestellt und um Unterstützung geworben werden. Mehrere Ortsvereine, darunter der von Giffeys Wahlbezirk Neukölln, haben bereits Gegenwehr angekündigt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.03.2023, 11 Uhr
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