Berliner Landeswahlleiter im Interview
Nach etlichen Pannen wird die Berlin-Wahl wiederholt - doch bei der Wahlwiederholung sind schon wieder Fehler passiert. So steht in Neukölln ein nicht wählbarer Kandidat auf einem Stimmzettel. Landeswahlleiter Bröchler sieht alles "noch im grünen Bereich".
rbb: Einen Monat vor der Wiederholungswahl in Berlin gibt es wieder Wahlpannen. Mal steht ein falsches Wahldatum auf einem Beiblatt, mal steht der Name eines Direktkandidaten auf dem Wahlzettel, der inzwischen gar nicht mehr in Berlin wohnt und damit eben auch nicht gewählt werden kann. Jetzt werden zwar eilig neue Wahlzettel für den Wahlkreis Neukölln II gedruckt, aber die Panne ist da. Herr Bröchler, was passiert jetzt mit diesen Wahlzetteln, die ja teilweise schon abgegeben wurden?
Stephan Bröchler: Die Stimmzettel, auf denen der falsche Kandidat der FDP angekreuzt wurde, sind ungültig. Wenn auf diesem Stimmzettel die anderen Kandidaten angekreuzt wurden, bleibt er gültig. Wir haben von dieser Panne am Dienstag erfahren und sofort gehandelt. Wir haben den Stopp der Versendung angeordnet, das ist auch sofort passiert. Wir haben in dem Briefwahllokal einen Hinweisplakat aufgehängt, wir haben sofort neue Stimmzettel geordert. Die kommen übrigens heute bei uns an und werden dann auch schon in den Versand gegeben. Wir haben die weniger als 1.700 Personen, die die falschen Stimmzettel bekommen haben, informiert, sie haben jetzt die Möglichkeit, noch mal einen neuen Wahlschein zu beantragen.
Aber wie wollen Sie verhindern, dass diese Leute doppelt wählen?
Wir werten die Stimmzettel getrennt aus, das haben wir in Neukölln mit den Kollegen im Bezirk organisatorisch geregelt. Das können wir sicherstellen.
Aber es gab ja auch schon andere Pannen. Auf Beiblättern stand ein falsches Wahldatum oder eine fehlerhafte Wahlbezirkszahl auf Umschlägen. Sind das jetzt kleine Schludrigkeiten? Oder beginnen Sie sich schon Sorgen zu machen?
Wir sind noch im grünen Bereich. Aber wir schauen natürlich ganz genau, dass jetzt keine weiteren Fehler mehr auftauchen. Wir haben die Kontrollen noch mal engmaschiger gemacht. Wenn jetzt noch Fehler auftreten, werden sie sofort korrigiert. Und: Hundertprozentige Wahlen gibt es nicht. Es geht darum, wenn Fehler auftreten, den Schaden möglichst gering zu halten, damit die Berlinerinnen und Berliner wissen, dass ihre Wahl sicher ist und dass ihre Stimme gezählt wird.
Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) waren ja diese Woche in der Stadt. Die gucken sich sonst nur Bundestagswahlen an. Werden die mit der Berlin-Wahl erstmals auch eine Landtagswahl kontrollieren?
Ja, das war interessant, von Montag bis Mittwoch haben sie mit Parlamentariern gesprochen, mit der Expertenkommission der Landeswahlleitung, auch mit der Innensenatorin [Iris Spranger, SPD; Anm. d. Red.]. Und sie sind jetzt zurückgeflogen und arbeiten an einem Bericht. Den werden wir Mitte nächster Woche bekommen und darüber informiert, ob eine Delegation zur Wiederholungswahl geschickt wird oder nicht.
Aber würden Sie das wollen? Man kann das ja auch als eine Art Misstrauensvotum sehen - oder eben als eine sehr willkommene Hilfe.
Ich sehe das sehr positiv. Deshalb habe ich das ja auch mit angeregt. Denn es gibt eine Chance, dass wir eben nicht nur den Berlinerinnen und Berlinern zeigen können, dass Berlin Wahlen kann. Und es setzt uns unter Handlungsdruck, eben auch besonders gut zu arbeiten. Also ich würde mir das wünschen.
Schauen wir zu den Wahlhelfenden. Haben Sie da schon genug - und sind schon Schulungen gestartet?
Ja, es war eine enorm erfolgreiche Kampagne. Wir hatten ja 42.000 Wahlhelfende angestrebt, jetzt werden es knapp 52.000. Das ist enorm. Wir haben doch eine große Bereitschaft hier in Berlin, bei den Wahlen zu unterstützen. Inzwischen haben wir zu viele Wahlhelfende, die wir einsetzen können. Aber wir haben ja noch weitere Wahlen, den Volksentscheid und wahrscheinlich eine Wiederholungswahl für den Deutschen Bundestag. Dann können sie auch noch zum Einsatz kommen.
Wenn nicht noch das Bundesverfassungsgericht die Sache stoppt. Es gibt ja auch Beschwerden gegen die Komplett-Wiederholung von Abgeordnetenhaus- und BVV-Wahlen. Womit rechnen Sie in Karlsruhe?
Ich rechne damit, dass wir die Wahl fortsetzen können. Denn die Wahl hat ja im Grunde am 2. Januar schon mit der Briefwahl begonnen. Das wäre ein starker Eingriff. Ein zweites Argument dagegen ist, dass das Bundesverfassungsgericht sich nicht als eine Superrevisionsinstanz versteht und man wahrscheinlich argumentiert, das ist eine Sache des Landes. Berlin unter Flagge des Verfassungsgerichtshofs Berlin hat entschieden. Ob es so eintrifft, müssen wir schauen.
Herr Bröchler, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Das Interview führte Angela Ulrich, rbb24 Inforadio.
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