rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Audio: Antenne Brandenburg | 24.03.2023 | Sabine Müller | Quelle: dpa/Carsten Koall

Personaldebatte in Berlin

Wer bekommt einen Platz am neuen Senatstisch?

CDU und SPD kommen bei ihren Koalitionsverhandlungen auf die Zielgerade. Bis zum Schluss offen bleibt traditionell die Posten-Verteilung. Doch die wichtigsten Personalien eines neuen Berliner Senats zeichnen sich schon jetzt ab. Von Jan Menzel

Es gibt eigentlich nur zwei Gewissheiten bei Personalspekulationen: Wer sich selbst zu offensiv ins Gespräch bringt, geht am Ende leer aus. Und wer zu früh ins Rennen geschickt wird, ist schon verbrannt, bevor es ans Postenverteilen geht. So gesehen ist es verständlich, wenn sich die Verhandler von SPD und CDU schweigsam geben, wenn es um die neue Senatsmannschaft geht.

Mindestlohn, Messe, Stadtwerke

So wollen CDU und SPD in Berlin ihre Wirtschaftspolitik gestalten

Die Berliner Wirtschaft steht zwar insgesamt gut da, trotz inzwischen drei Jahren Dauerkrise. Dennoch ist das Wirtschaftskapitel in den Koalitionsverhandlungen kein Spaziergang: Es gibt mindestens drei Knackpunkte. Von Sebastian Schöbel

Namen auf Notizzettel

Trotzdem wird natürlich schon an einem Personaltableau gefeilt. Es werden Gespräche geführt und Namen auf Notizzettel, Bierdeckel oder auch mal Papier-Servietten geschrieben. Spannend ist dabei besonders, wie die drei Parteivorsitzenden sich in einer neuen Koalition positionieren.

Für CDU-Chef Kai Wegner liegt der Fall klar: In einem schwarz-roten Bündnis wird er Regierender Bürgermeister. Franziska Giffey muss dafür das Rote Rathaus räumen. Die Option, stattdessen als Super-Senatorin - etwa für Stadtentwicklung und Verkehr - zu arbeiten, ist praktisch vom Tisch. CDU und SPD wollen den bisherigen Ressortzuschnitt beibehalten. Denn bis zur nächsten Wahl sind es nur noch dreieinhalb Jahre. Unendlich viel Zeit für eine große Neu-Organisation von Verwaltungen bleibt also nicht.

Giffey auf Geisels Posten?

Franziska Giffey wird daher aller Voraussicht nach die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von ihrem Parteifreund Andreas Geisel übernehmen, was thematisch passen würde: Wohnungsneubau war schon für die Regierende Bürgermeisterin Chefinnensache. Eine Bausenatorin Giffey stünde im Stoff und könnte unmittelbar loslegen. Da Wohnen eine der - vielleicht auch - die zentrale Zukunftsfrage der Stadt ist, wäre ihr eine wichtige Rolle garantiert.

Gedankenspiele, Giffey könnte Innensenatorin werden, wären damit vom Tisch. SPD-Fraktionschef Raed Saleh hatte das Innenressort zwar schon früh für seine Partei reklamiert, dabei aber wohl Iris Spranger im Blick. Sie hatte die Innenverwaltung 2021 völlig überraschend übernommen und selbst Skeptiker stellen inzwischen fest, dass sie das Amt ausfüllt. Spranger ist zudem mit ihrem Ehemann, dem Reinickendorfer SPD-Kreis-Chef Jörg Stroedter, ein Machtfaktor in der SPD. Auch darauf kommt es bei der Postenvergabe an.

Irritation beim Start der Arbeitsgruppen

Die Lobby und die Koalitionsverhandlungen

Den Fahrplan der künftigen Berliner Regierung verhandeln nicht nur gewählte Politiker, sondern auch Interessenvertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Sozialverbänden. Ist der Vorwurf der Einflussnahme gerechtfertigt? Von Franziska Hoppen

Folgt Saleh auf Kipping?

Nach Lage der Dinge wird die SPD in einer schwarz-roten Koalition auch weiterhin den Wirtschaftssenator stellen. Wenn er will, könnte der Parteilose Stephan Schwarz wohl weiter machen. Er ist selbst Unternehmer, war lange Präsident der Handwerkskammer und wird parteiübergreifend geschätzt. Allerdings bescheinigen auch einige seinem bisherigen Staatssekretär Michael Biel, dass er den Job handwerklich könne. Biel ist gleichzeitig Landeskassierer der SPD und damit in der Partei vernetzt.

Noch nicht geklärt scheint, welche Rolle künftig der starke Mann der Berliner SPD spielt. Fraktions- und Landeschef Raed Saleh hat aus seiner Position heraus den ersten Zugriff auf die zu verteilenden Positionen. Er muss entscheiden, ob er wie bisher als mächtiger Anführer der Fraktion mehr bewirken kann oder ob sein Platz am Senatstisch ist. Die Linke Katja Kipping hat als Senatorin für Arbeit, Integration und Soziales Berlin mit einigem Erfolg durch die Flüchtlingskrise gesteuert. Saleh könnte sich an Kipping orientieren.

Wegners Schattensenator:innen

Bei den Christdemokraten hatte der Landesvorsitzende Kai Wegner schon vor der Wahl zwei Schatten-Senator:innen benannt. Als neue Bildungssenatorin soll die Abgeordnete Katharina Günther-Wünsch eines der schwierigsten Ressorts übernehmen. Als Lehrerin bringt sie dafür die fachliche Expertise mit. Als Frau aus dem Osten hilft sie Wegner sein Senats-Team einigermaßen auszutarieren.

Zweiter gesetzer Kandidat der CDU ist der Musik-Manager Joe Chialo für das Amt des Kultursenators. Auch er war von Wegner schon im Wahlkampf vorgestellt worden. In Parteikreisen gilt als sicher, dass der Bundestagsabgeordnete und Jurist Jan-Marco Luczak neuer Justizsenator werden soll. Luczak ist bislang baupolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion.

Start der Koalitionsverhandlungen

CDU und SPD einigen sich auf erste gemeinsame Projekte

Dreieinhalb Wochen nach der Wiederholung der Berliner Abgeordnetenhauswahl haben CDU und SPD ihre Koalitionsverhandlungen begonnen. Dabei steckten die Parteien bereits erste Themenbereiche fest, die bis Ende März verhandelt werden sollen.

Das neue Feld des Generalsekretärs?

Bei CDU-Generalsekretär Stefan Evers ist nur klar, dass er in einer schwarz-roten Koalition eine gewichtige Rolle spielen wird. Evers wird in ganz unterschiedlichen Teilen der Partei geschätzt. Den Wahlerfolg der CDU führen viele maßgeblich auf ihn und die von ihm gesteuerte Kampagne zurück. Politisch gilt er als Allrounder, der für jede Verwaltung in Frage kommen würden. Am interessantesten dürfte für Evers der Posten de Finanzsenators sein, weil er an dieser Stelle maximalen Gestaltungsspielraum hätte.

Allerdings könnte es für Evers auch auf die Umwelt- und Verkehrsverwaltung hinauslaufen. Hier stünde zwar mit dem Lichtenberger Abgeordneten Danny Freymark ein versierter Fachmann und in seinem Wahlkreis überaus erfolgreicher Politiker bereit. Freymark gehört allerdings zu einer Truppe jüngerer, moderner Politiker aus dem Osten der Stadt, die nicht immer das Ohr von Parteichef Wegner haben. Der setze eher auf alte Parteifreunde aus dem Westen, ist aus der CDU zu hören.

Die größte Hürde auf dem Weg ins Amt liegt woanders

Wenn es bei der verabredeten Verteilung der Senatsposten bleibt, würde die SPD die Senatsverwaltung für Wissenschaft und Gesundheit übernehmen. Hier soll die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Ina Czyborra zum Zuge kommen. Sie ist Expertin für Hochschulpolitik, Erfahrungen im Bereich Gesundheit bringt sie allerdings nicht mit. Die hätte allerdings der Abgeordnete Martin Matz, der in der Hochphase der Corona-Pandemie Staatssekretär in der Gesundheitsverwaltung war.

Matz will jedoch dem Vernehmen nach weiter Abgeordneter bleiben, weil er dies seinem Kreisverband zugesagt hat. Abgeordneter bleiben könnte er nur als Senator. Als Staatssekretär müsste er aus dem Parlament ausscheiden. Deshalb wird er einem neuen Senat eher nicht angehören. Als Anwärterin auf ein Amt wird dagegen Cansel Kiziltepe gehandelt. Sie sitzt als stellvertretende Landesvorsitzende in zentraler Position in den Koalitionsverhandlungen. Kiziltepe ist zur Zeit parlamentarische Staatssekretärin im Bundesbauministerium. Auf die Landesebene würde sie jedoch nur als Senatorin wechseln.

Auch wenn dieses Mal schon in den Sondierungsgesprächen viele grundlegende Verabredungen getroffen wurden: Änderungen sind bis zur letzten Minute möglich – auch beim Ressortzuschnitt und bei den Namen. Die größte Hürde auf dem Weg ins Amt, liegt aber für einen Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und seine zehn Senatorinnen und Senatoren woanders. Über den Koalitionsvertrag und damit über Schwarz-Rot entscheiden die SPD-Mitglieder in einer Abstimmung. Wie die ausgeht, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 25.3.2023, 10:20 Uhr

Beitrag von Jan Menzel

Artikel im mobilen Angebot lesen