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Video: rbb24 Abendschau | 24.01.2023 | S. Wassermann | Quelle: dpa/A.Friedrichs

Wahlthemen-Check

Das planen die Berliner Parteien in der Verkehrspolitik

Der Wahlkampf in Berlin ist auch dieses Mal ein "Straßenkampf". Wieviel Platz dem Auto bleibt, ob U-Bahn die Antwort auf die Verkehrsprobleme ist und welche Zukunft die Autobahn A100 hat, bleibt umstritten. Von Jan Menzel

SPD

SPD: Günstige und klimafreundliche Mobilität mit dem 29-Euro-Ticket

Kernzitat: "Wir werden unseren U-Bahn-Plan u2030 als prioritäres Vorhaben der SPD durchsetzen."

Die SPD bleibt bei ihrem Wahlprogramm aus dem Jahr 2021. Das sei schließlich auf fünf Jahre angelegt und somit weiter aktuell. Darin steht das 365-Euro-Jahresticket für Busse und Bahnen. Dem ist die Partei mit dem 29-Euro-Monatsticket preislich schon sehr nahegekommen.

Eine City-Maut lehnt die SPD ab. Über eine Verlängerung der Autobahn A100 über den Treptower Park hinaus sollen laut Wahlprogramm die Bürger entscheiden. Zwischenzeitlich hat aber ein SPD-Landesparteitag gegen den Weiterbau gestimmt. Bis 2030 fordert die SPD mindestens 20.000 zusätzliche öffentliche E-Ladepunkte.

Der ÖPNV soll in den Außenbezirken im Zehn-Minuten-Takt verkehren. Für die SPD hat die U-Bahn Vorfahrt: Neben der Verlängerung der U3 zum Mexikoplatz und der U8 ins Märkische Viertel soll vor allem die U7 zum Flughafen "Willy Brandt" und zur Heerstraße Nord ausgebaut werden. Die S-Bahn möchte die Partei auf der Trasse der alten Siemensbahn bis nach Hakenfelde führen und eingleisige Strecken zweigleisig ausbauen. Bei der Straßenbahn soll in dieser Legislaturperiode die Verlängerung vom Hauptbahnhof bis zum Mierendorffplatz abgeschlossen sein und mit dem Bau der Straßenbahntangente Pankow‐Heinersdorf‐Weißensee begonnen werden.

Radfahrenden verspricht die SPD, dass "möglichst viele" Hauptstraßen einen geschützten Radweg erhalten und das Radschnellwegenetz schneller fertig wird.

CDU

CDU: Grüne Welle für das Auto

Kernzitat: "Weder die Verteufelung noch die Verherrlichung des Autos bringen uns voran."

Die CDU will den Individualverkehr durch grüne Wellen und ein besseres Baustellen-Management flüssiger machen. Die Partei verspricht, dass jedes Schlagloch binnen 24 Stunden repariert wird. Im Straßenbau und bei der Brückensanierung soll es eine Investitionsoffensive geben. Die Autobahn A100 will die CDU bis zur Storkower Straße verlängern. Tempo 50 soll Regelgeschwindigkeit auf Hauptstraßen bleiben. Eine City-Maut lehnt die Partei ab. Für E-Autos soll es in den nächsten fünf Jahren 10.000 Ladepunkte geben.

Busse und Bahnen sollen so häufig fahren, dass niemand länger als zehn Minuten warten muss. Mit einem freiwilligen 365-Euro-Jahresticket will die Partei den ÖPNV attraktiver machen. Das 9-Euro- beziehungsweise 29-Euro-Monatsticket lehnt die CDU als "Strohfeuer" ab. Durch Parkhäuser mit insgesamt 10.000 Plätzen für Park and Ride – "mit Platzgarantie für Pendler" – soll das Umsteigen attraktiver werden.

Auf der Ringbahn wünscht sich die Partei eine dichtere Taktfolge, eingleisige S-Bahn-Strecken sollen zweigleisig ausgebaut werden. Bei der U-Bahn tritt die CDU für die Verlängerung der U2 nach Buch ein. Die U3 soll bis Mexikoplatz fahren und die U7 bis zum Flughafen BER und zur Spandauer Heerstraße. Für die Straßenbahn sieht die CDU den "Schwerpunkt im Osten".

Die CDU will "intelligente Fahrradschnellwege" bauen und mehr Fahrradstraßen auf Nebenstraßen einrichten.

Linke

Linke: Mobilität unabhängig vom Geldbeutel

Kernzitat: "Wir als Linke setzen uns dafür ein, dass das 9-Euro-Sozialticket auf das gesamte Jahr 2023 ausgeweitet wird."

Die Linke will, dass der Bund sich an den Fahrpreisen im ÖPNV beteiligt. Neue Finanzierungsquellen könnten eine ÖPNV-Abgabe für Tourist:innen sein, ein Bürger:innenticket sei denkbar, eine City-Maut lehnt die Partei ab. Das Sozialticket für 9 Euro soll mindestens bis Ende 2023 angeboten werden.

Über den Bundesrat will die Linke erreichen, dass innerorts Tempo 30 zur Regelgeschwindigkeit erklärt wird. Null-Emissions-Zonen sollen nur eingeführt werden können, wenn keine sozialen Ungerechtigkeiten entstehen. Die A100 will die Partei zwischen Neukölln und Treptow in eine Stadtstraße mit Radschnellweg umwandeln. Eine Verlängerung der Autobahn über die Spree lehnt sie ab.

"Alle Kraft" will die Linke in den Ausbau des Straßenbahnnetzes stecken. Unter anderem sollen Linien zum U-Bahnhof Turmstraße und nach Adlershof gebaut werden. Als neue Strecken sind im Wahlprogramm die Trasse vom Alexanderplatz bis zum Rathaus Steglitz sowie Linien zum Hermannplatz und Bahnhof Zoo aufgeführt.

U-Bahn-Bau kann sich die Linke vorstellen, wenn es um Lückenschlüsse und Anbindung neuer Quartiere geht. Bei der S-Bahn wollen die Linken Strecken ins Umland ausbauen. Die S-Bahn wünscht sich die Partei zurück in Landeshand und damit nicht länger als Tochterunternehmen der Deutschen Bahn.

Die Linke ist für eine umfassenden Ausbau des Radverkehrsnetzes bis 2030. An Hauptstraßen soll eine grüne Welle für den Radverkehr geprüft werden.

Am Flughafen BER möchte die Partei Kurzstreckenflüge verbieten.

Grüne

Grüne: Abschied von der autogerechten Stadt

Kernzitat: "Parkplätze können sich auch zu grünen Oasen verwandeln, autofreie Kieze bringen Platz zum Spielen und Tollen und wo wir Beton aufreißen und Grün wächst, entstehen Versickerungsflächen, die kühlen und das Regenwasser speichern."

Die Grünen geben das Ziel vor, so gute Angebote zu schaffen, dass niemand auf den privaten Pkw angewiesen ist. Das für das Frühjahr angekündigte bundesweite 49-Euro-Ticket werten sie als "Revolution". Die Partei will dieses Angebot für Studierende, Pflegebedürftige, Bezieher von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe weiter rabattieren.

Als neue Finanzierungsquellen für einen besseren ÖPNV sollen die City-Maut, die Ausweitung von Parkgebühren und eine Nahverkehrs- oder Tourismusabgabe geprüft werden. Künftig soll es in Berlin mehr öffentliche E-Ladepunkte geben, wobei das Auto in der Innenstadt eher Ausnahme und nicht die Regel sein soll.

Die Innenstadt soll bis spätestens 2030 zu einer Null-Emissions-Zone werden. Verbrenner müssten dann bis auf wenige Ausnahmen draußen bleiben. Auf mehr Straßen soll Tempo 30 gelten. Den weiteren Ausbau der Stadtautobahn A100 lehnen die Grünen ab. Die Friedrichstraße soll "dauerhaft" autofrei sein

Die Grünen wollen, dass das 100 Kilometer lange Radschnellwegenetz fertig wird und an allen Hauptstraßen sichere Radstreifen eingerichtet werden. Mehr Auto- sollen Radstraßen werden.

In allen dicht besiedelten Quartieren soll niemand länger als fünf Minuten auf ein ÖPNV-Angebot warten müssen. Das Netz der Straßenbahn wollen die Grünen um ein Drittel erweitern. Den Bau neuer S- oder U-Bahn-Linien knüpfen die Grünen daran, dass dadurch überdurchschnittlich viele neue Fahrgäste gewonnen werden.

Kurzstreckenflüge möchte die Partei auf die Bahn verlagern. Am Flughafen BER soll zwischen 22 und 6 Uhr ein Nachtflugverbot gelten.

AfD

AfD: Gleichberechtigung fürs Auto

Kernzitat: "Ideologisch aufgeladener Autohasser-Politik werden wir uns weiterhin konsequent entgegenstellen."

Die AfD zieht mit ihrem Programm von 2021 in den Wahlkampf, ergänzt durch den Slogan "Klima-Kleber in den Knast". Die Partei will die "Umstrukturierung der Verkehrsinfrastruktur zu Lasten der Autofahrer" zurückdrehen. Fußgänger und Radfahrer dürften "nicht länger" bevorzugt werden. Nur im Einzelfall sollten Fahrspuren und Parkplätze zugunsten von Fuß- und Radwegen wegfallen.

Für Brücken und kaputte Straßen brauche es ein Instandhaltungs-Management und einen Zehn-Jahres-Plan zum Abbau des Sanierungsstaus. Eindeutig bekennt sich die Partei zur Verlängerung der Autobahn A100 und ihrer Anbindung an die A114 im Nordosten. Eine City-Maut oder eine "ÖPNV-Zwangsabgabe" lehnt die AfD ab und fordert stattdessen, den Verkehr intelligent zu organisieren und grüne Wellen zu schalten.

Für den ÖPNV will die AfD eine Qualitätsoffensive sowie den Ausbau des U- und S-Bahnnetzes. Den Kauf von batterie-betriebenen Elektrobussen und den Bau von Straßenbahn-Linien in dichten Innenstadt-Lagen lehnt sie ab.

Der BER soll einen U-Bahn-Anschluss erhalten und auch straßenseitig gut angebunden sein. Der Flughafen brauche ein Zukunftskonzept, weil er "auf lange Sicht" zu klein sei.

Die AfD spricht sich für ausreichend Parkplätze auch in der Innenstadt aus und lehnt drastische Erhöhungen der Parkgebühren ab, es sei denn, die Mehrheit der Anwohner ist dafür.

FDP

FDP: Schluss mit Pop-up-Radwegen

Kernzitat: "Weder wollen wir den Autoverkehr aus der Innenstadt verdrängen noch ihn gezielt unattraktiv machen."

Die FDP will das Mobilitätsgesetz komplett ändern, um einen "fairen Ausgleich" der Interessen aller Verkehrsteilnehmer zu erreichen.

Obwohl sie gerichtlich angeordnet wurden, lehnen die Liberalen Dieselfahrverbote ab. Die Partei ist gegen eine City-Maut und ein "Zwangsticket" im ÖPNV. Die Autobahn A100 will sie bis nach Friedrichshain verwirklicht sehen. Parkplätze dürften nicht "künstlich verknappt" werden. Schnellladesäulen sollten Standard im öffentlichen Straßenraum werden.

Beim U-Bahn-Ausbau gibt die FDP ein bis zwei Kilometer neue Strecken jedes Jahr als Zielmarke vor. Priorität genießen dabei Lückenschlüsse, zum Beispiel der U8 ins Märkische Viertel, der U3 zum Mexikoplatz sowie der U7 zum Flughafen BER. Eine ganz neue Linie will die FDP vom Alexanderplatz nach Marzahn-Mitte bauen.

In den Außenbereichen Berlins will die Partei die S-Bahn-Anbindung verbessern. Bisher eingleisige Strecken sollen vorrangig zweigleisig werden. Die Straßenbahn sei weniger leistungsfähig als die U-Bahn, heißt es im Programm. Neue Strecken sollten dort realisiert werden, wo die Tram auf einer eigenen Trasse fahren könne.

Beim Thema Fahrrad setzt die FDP auf neue Fahrradschnellwege und spricht sich klar gegen Pop-up-Radwege aus ("purer Aktionismus"). Das stadtweite Radwegenetz soll nach Möglichkeit nicht über die Haupt- sondern Nebenstraßen geführt werden, damit Radstreifen an Hauptstraßen wegfallen können.

Hinweis: Die Reihenfolge der Parteien richtet sich nach dem Ergebnis der Abgeordnetenhauswahl 2016: SPD 21,6 Prozent; CDU 17,6 Prozent; Linke 15,6 Prozent; Grüne 15,2 Prozent; AfD 14,2 Prozent; FDP 6,7 Prozent

Beitrag von Jan Menzel

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