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Video: Abendschau | 14.08.2016 | Agnes Taegener | Quelle: Bild: rbb

Sommerinterview | Georg Pazderski (AfD)

Berliner AfD will nicht alle Flüchtlinge integrieren

2.000 neue Stellen bei der Polizei fordert die AfD Berlin in ihrem Programm für die Abgeordnetenhauswahl. Doch mit welchem Geld soll das finanziert werden? Im Interview mit der rbb-Abendschau sagt Berlins Landesvorsitzender Pazderski, dass man beim Flughafen BER einen harten Schnitt machen könnte. Auch bei Flüchtlingen könne man sparen.

Der Spitzenkandidat der Berliner Alternative für Deutschland (AfD), Georg Pazderski, will Flüchtlinge, die sich "nur temporär in Deutschland aufhalten", nicht integrieren. Das sagte er im Sommerinterview der rbb-Abendschau, das am Sonntagabend ausgestrahlt wird.

Nach den Integrationskonzepten seiner Partei gefragt, erklärte Pazderski: "Integration ist auf der einen Seite natürlich eine Bringschuld des Staates, wo die Leute integriert werden sollen. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch eine Bringschuld der Flüchtlinge oder der Menschen, die hier leben möchten." Man müsse aber darüber nachdenken "ob wir wirklich alle Menschen, die hier nach Deutschland gekommen und möglicherweise nur temporär hier sind, integrieren wollen." Flüchtlinge seien gekommen, "weil sie im Moment in ihrem Land nicht leben können, weil es zu gefährlich ist - aber doch irgendwann mal wieder zurückgehen wollen und sollen, um ihr Land aufzubauen."

Porträt

Spitzenkandidaten | Georg Pazderski (AfD)

Angetreten, um zu stören

Seit gut einem halben Jahr ist Georg Pazderski einer von zwei Landeschefs der Berliner AfD. Doch während Beatrix von Storch regelmäßig die Schlagzeilen bestimmt, bleibt Pazderski eher blass im Schatten seiner Amtskollegin. Das will er in den wenigen verbleibenden Wahlkampf-Wochen ändern. Von Tina Friedrich

In Berlin leben jedoch Tausende Flüchtlinge mit einer Bleibeperspektive von mindestens drei Jahren. Auf die Frage, ob die AfD Integrationskonzepte für diese Menschen habe, sagte Pazderski: "Das Wichtigste ist, dass wir diese Menschen an unsere Kultur heranführen." Damit seien zum Beispiel Sprache und eine berufliche Ausbildung gemeint. "Das gilt aber nur für diejenigen, die auch hier bleiben sollen. Es sollen ja nicht alle hier bleiben." Es sei eine wichtige Aufgabe herauszufinden, "wer hier bleiben soll – und wer nicht." Von Flüchtlingen, die dauerhaft in Deutschland leben wollen, erwartet Pazderski, dass sie zur Integration bereit sind.

AfD fordert Baustopp am BER

Die Berliner Alternative für Deutschland will außerdem einen Baustopp beim im Bau befindlichen Flughafen BER prüfen lassen. Landeschef und Spitzenkandidat Georg Pazderski kündigte im Sommerinterview der rbb-Abendschau an, dass seine Partei dazu eine betriebswirtschaftliche Analyse erstellen lassen wolle.

"Es gibt irgendwo einen Punkt, wo man sagt, dass dieses Projekt beispielsweise vernünftig gar nicht mehr zu Ende zu führen ist. Und da muss man auch einen harten Schnitt machen und muss sagen: Nein, wir führen das nicht zu Ende, sondern wir bauen möglicherweise woanders in einer anderen Form, und wir bauen billiger."

Mit dem Geld, das durch den Baustopp eingespart werden soll, will die AfD unter anderem 2.000 neue Stellen bei der Polizei finanzieren.

Wahlprogramme - das wollen die Parteien erreichen

Thema Integration

Die Ausgangslage

Steigende Flüchtlingszahlen bei zu wenig Personal in Berliner Verwaltungen – das alles hat 2015 in der Hauptstadt im vergangenen Jahr zu chaotischen Zuständen geführt. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), die Anlaufstelle für neuankommende Geflüchtete, funktionierte nicht mehr. Es fehlte an Unterbringungsmöglichkeiten, Familien mit Kleinkindern übernachteten vor dem Amt.
Fast 10.000 Geflüchtete lebten Ende 2015 in Berliner Turnhallen. Der Auszug aus den Hallen verzögert sich, weil die geplanten Containerdörfer für die Geflüchteten erst später als geplant fertig sind.

Im Frühjahr 2016 beschloss der Senat den "Masterplan Integration und Sicherheit". Der Fokus liegt dabei auf einer besseren Unterbringung der Menschen, Sprachkursen und die Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt. Parteienübergreifend herrscht Konsens, dass Deutsch lernen und Arbeit Voraussetzungen für gute Integration sind.

SPD

Für die SPD ist Sprache die Basis für gute Integration. Dafür soll ausreichend Personal in den Willkommensklassen für geflüchtete Kinder und Jugendliche zur Verfügung gestellt werden.  

Ein weiterer Baustein ist die Ausbildung.  Gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit sollen Programme entwickelt werden, mit denen geflüchtete Menschen das Leben in den Gemeinschaftsunterkünften aktiv mitgestalten und dabei mögliche Berufsfelder kennenlernen. Aber auch die Vermittlung in reguläre Ausbildungsplätze will die SPD organisieren. Berufliche Qualifikation sowie den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt sollen mit Maßnahmen unterstützt werden.

Die Ausländerbehörde soll zur Willkommensbehörde ausgebaut werden. Die SPD will prüfen, ob die Themen Integration, Arbeitsmarktzugang, Bildung, Diversity und Aufenthaltsrecht in einer Abteilung oder Verwaltung zusammengefasst werden sollten.

Die interkulturelle Öffnung der Berliner Verwaltung soll fortgeführt werden. Dabei soll ein zusätzlicher Akzent auf die arabischen Communitys gesetzt werden. Die Kooperationen mit ihnen will die SPD verstärken.

Das Wahlprogramm der Berliner SPD (PDF)

CDU

Bildung ist für die CDU der Grundstein zur Integration. Die Partei will Sprachkurse ausbauen. Willkommensklassen sollen gestärkt werden. Die Christdemokraten setzen auf Patenschaften, um Flüchtlingen die Integration zu erleichtern.

Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt soll so erleichtert werden. Die Partei will ein Tandemprogramm ausbauen, bei dem sich ein Langzeitarbeitsloser und ein Flüchtling einen Arbeitsplatz teilen. Mentorenprogramme sollen ebenso ausgebaut werden wie die Praktikumsvermittlung.

Das von der SPD-Integrationssenatorin Dilek Kolat initiierte Arrivo-Programm, bei dem Geflüchtete in Übungswerkstätten auf Handwerksberufe vorbereitet werden, hält die CDU für gut. Allerdings soll das Programm für wesentlich mehr Teilnehmer geöffnet werden.

Die Christdemokraten setzen auf das Wertedialog-Programm "Deutschland für Einsteiger". Geflüchtete sollen auf diese Weise erfahren, wie das Zusammenleben in Deutschland und Berlin funktioniert. Die Partei erwartet von nach Berlin geflüchteten Menschen eine Demokratie-Erklärung.

Für Menschen ohne Bleibeperspektive wollen die Christdemokraten die Rückkehrberatung personell ausbauen. Wer nicht schutzbedürftig ist, will die Partei  konsequent und zügig abschieben.

Zum Wahlprogramm der Berliner CDU

Grüne

Auch die Grünen setzen auf Arbeit und Bildung als Schlüssel zur Integration. Allerdings wollen sie geflüchtete Kinder schnell in Regelklassen bringen. Auch junge Geflüchtete sind im Fokus der Partei. Die Berliner Oberstufenzentren sollen sie an das Ausbildungssystem heranführen. Die Partei will außerdem eine Ausbildungsoffensive.

Beim Zugang zum Arbeitsmarkt sollen Unternehmen und Kammern als Partner gewonnen werden. So sollen Kompetenzen rasch gesehen und einbezogen werden. Auch wenn die formalen Abschlüsse der Geflüchteten nicht vorliegen.

Die Unterbringung in Massenunterkünften wie Tempelhof lehnt die Partei ab. Gemeinsam mit den Bezirken soll eine Task-Force eingerichtet werden. Diese soll sich um die Erstunterbringung und Notunterkünfte kümmern und deren Qualität laufend überprüfen. Vorrangiges Ziel ist es, die Menschen in Wohnungen unterzubringen.

Die Grünen wollen eine Einwanderungsbehörde schaffen, die sich vom ersten Tag an um die Menschen kümmert. In einem künftigen Landesamt für Migration und Flucht sollen die zuständigen Abteilungen des Lageso und der Ausländerbehörde sowie die für die Integration zuständigen Stellen zusammenarbeiten und der Integrationsverwaltung unterstellt werden.

Das Wahlprogramm der Berliner Grünen (PDF)

Linke

Schulbesuche geflüchteter Kinder und anderer neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher will die Partei in die Schulentwicklungsplanung des Landes und der Bezirke aufnehmen. Dafür wollen sie den Bezirken alle für die Aufnahme notwendigen finanziellen und personellen Mittel zur Verfügung stellen.

Die Linke ist gegen Massenunterkünfte in Turnhallen und den Hangars auf dem Tempelhofer Feld. Geflüchtete sollen so schnell wie möglich in eigene Wohnungen ziehen können. Dazu soll es Vereinbarungen mit landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften geben.

Auch der Zugang zu regulären Schulen, Kitas, Ausbildung, Hochschulen, Arbeitsmarkt sowie der öffentlichen Gesundheitsversorgung steht im Fokus.

Auch über 18-Jährige sollen die Schule bis zu einem Abschluss besuchen können. Für junge Flüchtlinge will die Partei Angebote zur Berufsvorbereitung entwickeln. Mit den Hochschulen soll eine unkomplizierte Immatrikulation von Flüchtlingen vereinbart werden.

Das Berliner Partizipations- und Integrationsgesetz will die Partei entschlossener umsetzen. Kernstück ist dabei die interkulturelle Öffnung der Verwaltung und der öffentlichen Institutionen.

Das Wahlprogramm der Berliner Linken (PDF)

AfD

Die AfD lehnt eine Bevorzugung von Migranten, etwa durch Quoten im öffentlichen Dienst, ab. Die Partei sieht dadurch das Leitungsprinzip ausgehebelt, einheimische Bewerber diskriminiert und Integrationshemmnisse verfestigt.

Für die Partei sind das Beherrschen der deutschen Sprache, die Achtung der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Verdienst des eigenen Lebensunterhalts wesentliche Merkmale einer gelungenen Integration. Wer in Deutschland leben will, muss laut AfD die deutsche Leitkultur achten. Am Ende einer erfolgreichen Integration ist für die Partei die Einbürgerung möglich.

Wer die Integration aber verweigert, soll weitaus mehr Konsequenzen spüren. Bis zum Verlust des Aufenthaltsrechts.

Die Partei lehnt die doppelte Staatsbürgerschaft ab. Die AfD ist für generelles Kopftuchverbot an Schulen und Universitäten.

Das Wahlprogramm der Berliner AfD (PDF)

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