Sanierungsstau in Reinickendorf
Es ist das Sorgenkind unter Berlins Seebädern: Das Strandbad Tegel in Reinickendorf. Gebäude und Abwasseranlage müssen saniert werden, doch den Bäderbetrieben fehlt dafür offenbar seit Jahren das Geld. CDU-Bezirksbürgermeister Frank Balzer möchte deswegen den Verkauf des Bades vorantreiben. Von Ute Zauft
Die Rohre sind marode, Teile des Geländes überwuchert, die gastronomischen Bauten verfallen: Das Strandbad Tegel steckt im Sanierungsstau und hangelt sich seit Jahren buchstäblich von Saison zu Saison. Inzwischen erteilt die zuständige Senatsumweltverwaltung die Betriebsgenehmigung nur noch für jeweils ein Jahr, das heißt: Für die kommende Saison ist wieder alles offen. Nach Meinung des Reinickendorfer Bezirksbürgermeisters Frank Balzer (CDU) muss hier deswegen dringend eine langfristige Lösung her. Sein Favorit: Der Verkauf des Strandbades an einen Investor, der die notwendigen Sanierungen vornimmt.
Die Kosten hierfür belaufen sich nach letzten Angaben der Berliner Bäderbetriebe (BBB) auf 1,85 Millionen Euro. Davon entfallen 450.000 Euro auf die Erneuerung der Abwasserleitung und 1,4 Millionen auf die Renovierung der maroden Gastronomie. "Der Verkauf ist der einzige Weg, um das Strandbad Tegel langfristig zu erhalten", sagt Balzer rbb|24. Die Berliner Bäderbetriebe leiden bereits bei den Kombibädern unter einer enormen Sanierungslast, das Strandbad hat hier nachgeordnete Priorität.
Tatsächlich gibt es nach Angaben von Bezirksbürgermeister Balzer aber einen Reinickendorfer Unternehmer, der bereit ist, die notwendigen Gelder in die Hand zu nehmen. "Er kennt die Zahlen und weiß, was auf ihn zukommen würde", betont der CDU-Politiker. Erfahrung mit Schwimmbädern habe er zwar nicht, sei aber seit Jahren im Bezirk unternehmerisch tätig und habe sich da eine "gute Visitenkarte" erarbeitet, so Balzer - ohne einen Namen zu nennen.
Dessen Plan sieht vor, das Strandbad um eine Saunen-Landschaft zu ergänzen. "Keine große Bebauung, aber eine dezente Erweiterung im Sinne einer Schwimmbad-nahen Nutzung wäre baulich möglich", so Balzer. "Das haben wir bereits geprüft." Zudem könnten die bestehenden Gebäude umgebaut werden. Ziel sei es, das Gelände auf diese Weise ganzjährig nutzbar zu machen. In dieser Saison ist das Bad dagegen nur für 65 Tage zugänglich, denn die Bäderbetriebe haben es erst am 2. Juli geöffnet, geschlossen wird es am 4. September. Zum Vergleich: Das Strandbad Wannsee ist von Ende März bis Mitte September offen.
Im Juli 2016 hätten 5.736 Badegäste das Strandbad Tegel besucht, im August seien es bis jetzt 1.322 Besucher gewesen, sagt Rainer Wilkens von den Berliner-BäderBetrieben rbb|24. Dabei schwanke die Besucherzahl je nach Wetterlage enorm. Am Tag mit der bislang besten Auslastung seien in diesem Sommer 1.200 Badende gekommen, am 13. Juli hingegen - einem regnerischen Mittwoch - kam nur ein einziger.
Dass das Strandbad langfristig geöffnet bleiben muss, das hat sich auch die SPD auf die Fahnen geschrieben. Doch die Unterschiede liegen hier im Detail. "Verkauft ist verkauft", gibt Gilbert Collé zu Bedenken. Er ist SPD-Fraktionsvorsitzender in der Reinickendorfer Bezirksverordnetenversammlung (BVV). "Wir favorisieren eine Verpachtung des Bades", so Collé. "Natürlich müsste sie langfristig genug sein, damit der Pächter planen kann." Im Strandbad Lübars habe man damit bereits gute Erfahrungen gemacht und im Pachtvertrag könne festgelegt werden, dass die Eintrittspreise die der Bäderbetriebe nicht übersteigen dürfen.
Das ließe sich auch im Kaufvertrag festschreiben, betont dagegen Bezirksbürgermeister Balzer. Er geht davon aus, dass das Strandbad unabhängig vom Wellnessbereich zugänglich wäre und somit hier die Eintrittspreise entsprechend gestaltet werden könnten. Dass der Investor sich stattdessen auf eine Pacht einlassen könnte, hält er für "sehr unwahrscheinlich". Denn: "Mit einem Pachtvertrag wird keiner solche Investitionen tätigen, die sich ja erst sehr langfristig rentieren", so Balzer.
Die Entscheidung liegt nun bei den Bäderbetrieben. Chef des dortigen Aufsichtsrates ist Balzers CDU-Parteikollege Frank Henkel als Sportsenator. Dieser habe ihm gegenüber schon Sympathie für die Idee bekundet, so Balzer. "Aber der Vorsitzende des Gremiums hat nicht automatisch die Mehrheit", fügt er hinzu.
Der derzeitige Aufsichtsrat der Bäder-Betriebe werde sich aber nicht mehr mit dem Thema befassen, sagt Rainer Wilkens von den Berliner Bäder-Betrieben rbb|24, das mache erst der nächste. "Vor 2017 haben wir hier noch keine Entscheidung", so Wilkens weiter, fügt aber hinzu, die derzeitige Öffnung des Strandbades sei eine "letztmalige Ausnahmegenehmigung für die Schulferien".
Nach der Wahl werden also die Würfel wieder ganz neu fallen, denn dann müssen die Mitglieder des Gremiums erst wieder neu benannt werden. Die Entscheidung darüber liegt unter anderem beim Senat.
Beitrag von Ute Zauft
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