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Quelle: imago stock&people

Wahlprogramme für Berlin

Parteiencheck: Verkehr

Den öffentlichen Nahverkehr und den Radverkehr stellen fast alle Parteien ganz nach vorn in ihren Aussagen zur Berliner Verkehrspolitik. Kein Wunder, schließlich besitzt weniger als die Hälfte der Hauptstadt-Haushalte überhaupt ein Auto, und das Fahrrad wird immer beliebter.

Verkehr

Die Ausgangslage

Der "Volksentscheid Fahrrad" hat die Diskussion darüber, wie viel Platz welchen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung stehen sollte, neu entfacht. Klar ist: Insbesondere im Innenstadtbereich hat die Zahl der Radfahrer in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Mit Blick auf den öffentlichen Nahverkehr wird von einigen Parteien auch neu über die Finanzierung nachgedacht. Die Diskussion darüber lief in den vergangenen Jahren unter dem Stichwort "Öffi-Flat". Durch die Sparprogramme Anfang der 200er-Jahre nahm auch die Straßeninfrastruktur Schaden. Mittlerweile wird zwar wieder investiert und werden Schäden beseitigt, doch es gibt noch etliche "Schlaglochpisten" in der Stadt, die einer Reparatur harren.

SPD

Öffentlicher Nahverkehr: Die Straßenbahn ist aus Sicht der SPD besonders dazu geeignet, das ÖPNV-Angebot an die wachsende Stadt anzupassen. Deswegen soll das Straßenbahnnetz mit Hilfe eines Sonderausbauprogramms in den kommenden Jahren erweitert werden. Außerdem soll sich Berlin beim Bund für zusätzliche Investitionsmittel einsetzen. Auch die mittelfristige Erweiterung des U-Bahn-Netzes will die SPD prüfen lassen. Um Straßenbahnen und Busse zuverlässiger zu machen, soll die Nutzungsdauer der Busspuren "bedarfsgerechter" werden. Außerdem soll Busse und Straßenbahnen an Ampeln bevorrechtigt werden. Zudem will sich die SPD bei den Verkehrsunternehmen dafür einsetzen, dass die Informations- und Wegeleitsysteme optimiert werden. Die Daten sollen umfangreicher als bisher in Echtzeit von den Nutzern auf ihren Mobilgeräten abrufbar sein.

Radverkehr: Hier verweist die SPD auf die vom Senat beschlossene Radverkehrsstrategie von 2013, die einen schrittweisen Ausbau der Fahrradinfrastruktur in Berlin vorsieht. Diese würde "konsequent weiter ungesetzt und weiter entwickelt".

Fußgänger: Neben Geschwindigkeitsbeschränkungen in Wohngebieten setzt die SPD auf "inklusive Begegnungszonen", in denen der Fuß- und Radverkehr Priorität haben soll. Dort soll "nach dem 'Zwei-Sinne-Prinzip' auch eine Kommunikation per Sichtkontakt" ermöglicht werden.

Autoverkehr: A100-Verlängerung Teil eines Gesamtkonzepts zur Verkehrsentlastung der umliegenden und innerstädtischen Quartiere. In diesen soll durch die Reduzierung von Verkehr, Lärm und Feinstaub mehr Lebensqualität geschaffen werden. Außerdem sollen Durchgangsstraßen zurückgebaut und die Parkraumbewirtschaftung ausgedehnt werden. Um in Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Köpenick Wohngebiete zu entlasten und Gewerbegebiete zu erschließen und außerdem den Flughafen BER besser anzubinden, soll die sogenannte Tangentialverbindung Ost (TVO) ausgebaut werden.

Zum Wahlprogramm der Berliner SPD (pdf)  

Linke

Öffentlicher Nahverkehr: Straßenbahnen und Busse sollen öfter von Ampelvorrang-Schaltungen profitieren. Außerdem muss nach Ansicht der Linken das Busspurennetz ausgebaut werden. Das Tramnetz soll perspektivisch um 200 Kilometer erweitert werden. Insbesondere für Linienverlängerungen nach Steglitz, zum Schlesischen Tor in Kreuzberg, zum Flughafengelände nach Tegel und nach Marzahn-Hellersdorf sollen die Planungen beginnen. Bei BVG und S-Bahn soll es zu Verbesserungen durch dichtere Takte kommen, insbesondere außerhalb des S-Bahn-Rings müsse das Angebot attraktiver werden. Zudem stellen sich die Linken ein neues Finanzierungsmodell für den Öffentlichen Nahverkehr vor. Geprüft werden soll, ob die Einführung eines "Bürgerbeitrags" und die Erhebung einer Infrastrukturabgabe für Unternehmen und Grundstückseigentümer möglich sind. Der Umbau des Systems könnte dann in einem fließenden Prozess über zehn bis 15 Jahre geschehen.

Radverkehr: Die Mittel für den Radwegeausbau werden nach dem Willen der Linken aufgestockt, zudem sei die Einstellung qualifizierten Personals in den zuständigen Verwaltungen nötig. Außerdem sollen weitere Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung geöffnet werden. Entlang der Hauptstraßen soll es mindestens zwei Meter breite Radstreifen geben. Die Einrichtung weitere Fahrradstraßen und Radschnellwege soll, wo immer möglich, befördert werden.

Fußgänger: Den Fußgängern widmen die Linken keine gesonderten Absätze in ihrem Wahlprogramm. Mehrfach wird allerdings darauf verwiesen, dass insbesondere der Rad- und Fußverkehr mehr Raum gegenüber dem Autoverkehr erhalten solle.

Autoverkehr: Hier setzen die Linken vor allem auf Carsharing und andere Modelle der gemeinsamen Auto-Nutzung. Die privaten Unternehmen würden hierbei allerdings ihre Potenziale nicht voll ausschöpfen. Um die neuen Formen der PKW-Nutzung auszubauen, müssten die Angebote besser mit dem ÖPNV verzahnt werden. Den Weiterbau der A100 über den bereits im Bau befindlichen 16. Bauabschnitt hinaus, lehnen die Linken ab.

Zum Wahlprogramm der Berliner Linken (pdf)

Grüne

Öffentlicher Nahverkehr: Die Grünen setzen auf den Ausbau des Straßenbahnnetzes. Jährlich sollten durchschnittlich weitere zehn Kilometer Straßenbahnnetz hinzukomme. Dabei sollen die West-Bezirke mit einbezogen sein. Neben neuen Linien sollen außerdem bestehende verlängert werden: die Linie M4 über den Potsdamer Platz hinaus und die M10 bis zum Hermannplatz, werden als Beispiele im Wahlprogramm genannt. Auch neue Stadtgebiete wie das Kurt-Schumacher-Quartier in Tegel sollen vorzugsweise über die Tram angebunden werden. Der Straßenbahn- und Busverkehr soll beschleunigt und die Taktzeiten dichter werden. Die Finanzierung des Öffentlichen Nahverkehrs wollen die Grünen über ein umlagebasiertes Modell auf neue Beine stellen. Damit sollen alle Berliner den Nahverkehr außerhalb des Berufsverkehrs am Morgen frei nutzen können. Zeitkarten sollen dadurch künftig nur noch halb so viel wie jetzt kosten.

Radverkehr: An allen Hauptstraßen sollen nach dem Willen der Grünen nach Möglichkeit zwei bis drei Meter breite Radverkehrsanlagen eingerichtet werden. Das Fahrradstraßen-Netz soll weiter ausgebaut werden. Außerdem soll konsequenter gegen zugeparkte Radfahrstreifen vorgegangen werden. Auf stark befahrenen Straßen wollen die Grünen die Radstreifen nach Möglichkeit vom Auto- und Fußverkehr getrennt. An gefährlichen Kreuzungen soll es farbige Markierungen und vorgezogene Haltelinien für Radfahrer oder vorzeitiges Grün an Fahrradampeln geben. Die Grünen fordern deutlich mehr Fahrradabstellanlagen, vor allem in der Nähe von Bahnhöfen. Zudem soll es an den wichtigsten Knotenpunkten Fahrradparkhäuser geben. Um all diese Ausbauvorhaben schnell voranzutreiben will die Partei, dass die Ausgaben für den Radverkehr verdreifacht und das Personal in der Senatsverwaltung und in den Bezirken verstärkt wird.

Fußgänger: Ampelschalten sollen fußgängerfreundlicher werden. Barrieren und Hindernisse, die Fußgänger zu Umwegen zwingen, sollen möglichst verschwinden. Durch gesicherte Überwege in kurzen Abständen mit Zebrastreifen, Mittelinseln oder Gehwegvorstreckungen soll die Fahrbahnüberquerung erleichtert werden. Ein engmaschiges barrierefreies Gehwegnetz soll es außerdem Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, erleichtern, durch die Stadt zu kommen. Radwege sollen zunehmend von Bürgersteigen auf Fahrbahnen verlegt werden und stattdessen mehr Sitzgelegenheiten, Abfallbehälter und Grün die Aufenthaltsqualität auf den Gehwegen und Plätzen.

Autoverkehr: Die Grünen verweisen darauf, dass nur ein Drittel der Berliner Bevölkerung ein eigenes Auto besitzt und Fahrzeuge immer häufiger geteilt würden. Diese Entwicklung begrüßen sie. Gleichzeitig trete die Partei an für eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur "mit Straßen statt Buckelpisten". Den Weiterbau der A 100 und den Bau der Tangentialverbindung Ost (TVO) lehnen die Grünen als Facetten einer "autofixierten Stadt" ab.

Zum Wahlprogramm der Berliner Grünen (pdf)

CDU

Öffentlicher Nahverkehr: Mehrere U- und S-Bahn-Linien sollen nach dem Willen der CDU verlängert werden. Die U8 ins Märkische Viertel, die U1 zum Ostkreuz, die U3 zum S-Bahnhof Mexikoplatz und die U7 zum Flughafen BER. Bei der S-Bahn sind es die S75 nach Karow, die S5 nach Nauen und die S25 von Teltow nach Wannsee. Die S21 soll vom Nordring zum Hauptbahnhof und Potsdamer Platz gebaut werden. Einer Erweiterung des Straßenbahnnetzes stellen sich die Christdemokraten "wo es Sinn ergibt" nicht entgegen. Sie plädieren für die Verlängerung der Tram von Schöneweide nach Adlershof.

Radverkehr: Die CDU will ein Schnellwege-Netz für Radfahrer schaffen. Ein Pilotprojekt könnte auf der Trasse der "Potsdamer Stammbahn" bis zur Wiederinbetriebnahme der Regionalbahn eingerichtet werden. Weitere Projekte dieser Art sollten geprüft werden, beispielsweise die sogenannte "Siemensbahn" und die U-Bahn-Hochstrecke zur Warschauer Brücke. Neben grundsätzlich mehr Fahrradabstellmöglichkeiten, will sich die CDU für Fahrradparkhäuser einsetzen und Bike-&-Ride-Angebote ausbauen. Zudem setzt sich die Partei für ein "Fahrradleichen-Management" ein, damit alte Fahrräder, die Abstellmöglichkeiten blockieren, schneller entfernt werden können. Das stadtweite Fahrradverleihsystem soll mittelfristig auf 1.500 Stationen und 20.000 Räder ausgebaut und über den S-Bahn-Ring hinaus ausgedehnt werden.

Fußgänger: Ampelschaltungen sollen nach dem Willen der CDU fußgängerfreundlicher und Fußgängerwege verbreitert werden. Auf stärker befahrenen Straßen soll es mehr Ampelanlagen und Querungshilfen für Fußgänger geben. Bei Tiefbauarbeiten sollen verstärkt Bordsteine mit abgesenkt werden um den öffentlichen Raum barrierefreier zu machen. Außerdem soll es mehr Blindenampeln und Blindenleitstreifen geben.

Autoverkehr: Die CDU tritt für die weitere Verlängerung der Stadtautobahn A 100 ein. So würden unter anderem Adlershof und der Flughafen BER besser an die Innenstadt angebunden. Hierfür müssten keine Wohngebiete weichen, da die Trasse überwiegend durch Gewerbegebiete verlaufe. Außerdem setzt sich die CDU dafür ein, den Schilderwald zu lichten und die Verkehrsbeschilderung übersichtlicher zu gestalten. Auf der Straße des 17. Juni sollen weniger Veranstaltungen genehmigt werden, damit diese Verkehrsachse nicht so häufig gesperrt ist. Tempo-30-Zonen wollen die Christdemokraten auf den Prüfstand stellen. In Wohngebieten, vor Schulen, Krankenhäusern und Seniorenheimen sei dieses Tempolimit sinnvoll, es würden aber auch immer wieder Zonen eingerichtet, für die es auch CDU-Sicht keine sinnvolle Begründung gibt. Die Partei tritt dafür ein die Planungen für die sogenannte Tangentialverbindung Ost (TVO) weiter voranzutreiben. Auch das Car-Sharing will die CDU weiter ausbauen und die verschiedenen Anbieter davon überzeugen, ihre Geschäftsgebiete auf das gesamte Stadtgebiet auszudehnen. Was das Baustellenmanagement angeht, will die Union die viel kritisierte Behörde "Verkehrslenkung Berlin" auflösen. Ihre Aufgaben der Verkehrssteuerung soll die Verkehrsmanagementzentrale übernehmen.

Zum Wahlprogramm der Berliner CDU

AfD

Öffentlicher Nahverkehr: Die AfD setzt sich für eine schnellen Bau der Nord-Süd-Verbindung zwischen Gesundbrunnen und Südkreuz über den Berliner Hauptbahnhof ein. Die Dresdner Bahn im Süden soll mit Untertunnelung im Bereich Lichtenrade gebaut werden. Die U-Bahnlinie 3 soll bis zum Mexikoplatz verlängert werden. Die noch ruhenden S-Bahnstrecken nach Stahnsdorf, Staaken, Falkensee und Siemensstadt sollen wieder in Betrieb genommen und die Stammbahn nach Potsdam reaktiviert werden.

Radverkehr: Dazu heißt es im Wahlprogramm lediglich: "Der Radverkehr ist weiter zu fördern."  

Fußgänger: Zum Fußverkehr finden sich keine gesonderten Ausführungen im Wahlprogramm der AfD.

Autoverkehr: Die Stadtautobahn A 100 soll ausgebaut und der Ring geschlossen werden. Tempo-30-Zonen sollen auf Wohngebiete "außerhalb von Verkehrswegen und auf Gefahrenstellen" beschränkt werden. Die AfD betont, sie lehne eine Diskriminierung des motorisierten Individualverkehrs ab. Die meisten Berliner seien Bahn-Kunden, BVG-Nutzer, Autofahrer, Radfahrer, Fluggäste und Fußgänger in einer Person. Sie sollten selbst entscheiden können, welche Verkehrsmittel sie nutzen.

Zum Wahlprogramm der Berliner AfD (pdf)

Beitrag von Thorsten Gabriel

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