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Quelle: imago stock&people

Wahlprogramme für Berlin

Parteiencheck: Wohnen

Berlin bleibt international weiter beliebt, der Zuzug hält an. Wohnraum wird knapper und teurer. Mieten bezahlbar halten, neue Wohnungen bauen - darum geht es allen Parteien. Unterschiede zeigen sich vor allem bei der Frage "Miete oder Eigentum?" - und wie mit privaten Investoren umgegangen werden soll.

Wohnen

Die Ausgangslage

In der vergangenen Wahlperiode hat die rot-schwarze Koalition den Wohnungsbau in Gang gebracht. Nachdem zuvor bereits private Investoren mit dem Bau von - überwiegend teuren - Wohnungen forciert hatten, begannen erstmals nach mehr als einem Jahrzehnt auch wieder die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften mit dem Neubau von Wohnraum.

Ein Förderprogramm des Landes sollte sicherstellen, dass auch günstige Wohnungen entstehen. Genutzt wurde das Programm allerdings fast ausschließlich von den landeseigenen Gesellschaften. Private Bauherren zogen freie Finanzierungen vor, aufgrund der niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt. Erst nach Korrekturen an der Fördersystematik, um das Programm attraktiver zu gestalten, lassen sich nun auch private Investoren auf die staatliche Förderung ein, die im Gegenzug die Bereitstellung von Sozialwohnungen verlangt. Mindestens 30 Prozent der Wohnungen eines Bauvorhabens müssen demnach belegungsgebunden mit Anfangsmieten von 6,50 Euro netto kalt pro Quadratmeter sein.

Um gleichzeitig auch die Mieten im Bestand zu dämpfen, zog die Koalition alle Register, die ihr landesgesetzlich zur Verfügung stehen. Berlin gehörte zu den ersten Bundesländern, das die Mietpreisbremse in Kraft setzte. Außerdem wurde unter anderem auch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten genehmigungspflichtig.

SPD

Die Sozialdemokraten streben rechtliche Veränderungen auf Bundesebene an: So wollen sie die Modernisierungsumlage deutlich gesenkt sehen – perspektivisch von derzeit elf auf sechs Prozent. Gleichzeitig soll es eine Angemessenheitsprüfung für Modernisierungsinvestitionen geben und eine Kappungsgrenze für Mieterhöhungen, wenn diese modernisierungsbedingt sind. Außerdem unterstützt die SPD die Gesetzesinitiative des Bundesjustizministers Heiko Maas für ein Mietspiegel-Gesetz. Durch das Gesetz sollen rechtliche Unklarheiten bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete beseitigt werden, die immer wieder die Gerichte beschäftigen.

Das Erhaltungsrecht, das für sogenannte Milieuschutzgebiete gilt, soll novelliert werden, damit Mieter in diesen Gebieten besser gegen Luxusmodernisierungen geschützt sind. Außerdem will die SPD einen Fonds einrichten, damit Bezirke das Vorkaufsrecht für Wohnungen ausüben können, das ihnen in Milieuschutzgebieten zusteht.

Sozialwohnungen sollen dauerhaft günstiger sein als solche auf dem freien Wohnungsmarkt. Deshalb wollen die Sozialdemokraten ein einkommensorientiertes Mietenmodell einführen.

Beim Neubau soll die Zahl der Sozialwohnungen von 3.000 auf 5.000 pro Jahr erhöht werden. Der Bestand an landeseigenen Wohnungen soll binnen zehn Jahren auf 400.000 steigen. Durch eine Änderung der Landesverfassung will die SPD außerdem erreichen, dass eine Privatisierung städtischer Wohnungsunternehmen ausgeschlossen wird. Landeseigene Grundstücke sollen nur noch im Ausnahmefall privatisiert werden und wenn, dann nur mit sozialen Bindungen, das heißt als Sozialwohnung.

Weil der Bedarf an barrierefreien Wohnungen steigt, will die SPD den Umbau von Wohnungen erleichtern. Einmal abgeschaffte Barrieren sollen zudem nicht wieder aufgebaut werden dürfen. Hierzu wollen die Sozialdemokraten über eine Bundesratsinitiative das Wohneigentums- und Mietrecht ändern.

Zum Wahlprogramm der Berliner SPD (pdf)  

Linke

Die Linke will die Mietobergrenze im sozialen Wohnungsbau neu definieren. Das Wohnraumversorgungsgesetz, das als Kompromiss mit der Initiative Mietenvolksentscheid entstand, sieht Härtefallzuschüsse vor, wenn die Kaltmiete mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens auffrisst. Hier fordern die Linken, dass statt der Kalt- die Warmmiete als Maß herangezogen werden solle.

Durch "kommunale Wohnungstauschbörsen" soll es Wohnungssuchenden möglich sein, ohne Neuvermietungszuschlag  umzuziehen. Auch darüber hinaus fordert die Linke, dass Mieterhöhungen ohne Verbesserung des Wohnwerts nur noch im Rahmen eines Inflationsausgleichs erfolgen dürfen.

Die Modernisierungsumlage soll abgeschafft werden. Außerdem sollen in den Mietspiegel alle Mieten mit einfließen, also auch die unveränderten Bestandsmieten. Kündigungsmöglichkeiten der Vermieter bei Eigenbedarf wollen die Linken einschränken und Kündigungsfristen verlängern. Der Schutz von Mietern vor Kündigungen bei Mietrückständen soll verbessert werden.

In Milieuschutzgebieten will die Linke auch die Umwandlung von Gewerberäumen in Wohnraum genehmigungspflichtig machen – so soll verhindert werden, dass teure Lofts die Umgebungsmieten via Mietspiegel in die Höhe treiben. Und weil auch der Verkauf von Mietwohnungen an bisherige Mieter für Preisauftrieb sorgt, soll auch diese Form der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verhindert werden. Dafür soll sich Berlin im Bundesrat einsetzen. In Milieuschutzgebieten sollen die Bezirke bei Wohnungsverkäufen öfter von ihrem Vorkaufsrecht Gebraucht machen um der Spekulation mit Wohnraum einen Riegel vorzuschieben. Dies soll durch einen Fonds des Landes erleichtert werden.

Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen nach dem Willen der Linken jährlich wachsend eine bestimmte Anzahl an Sozialwohnungen bereitstellen. So soll ein Pool von Wohnungen entstehen, die dauerhaft nicht am Mietspiegel orientiert sind, sondern eine feste Miethöhe von 5,50 Euro pro Quadratmeter haben.

Bei Neubauvorhaben der städtischen Gesellschaften sollen mindestens die Hälfte der Wohnungen Sozialwohnungen sein. Die bisherige Förderung zum Bau neuer günstiger Wohnungen halten die Linken für falsch. Die Anfangsmieten von durchschnittlich 6,50 Euro pro Quadratmeter seien zu hoch und außerdem die Bindung als Sozialwohnung befristet. Außerdem müsse die Förderung auf Wohnungsmodernisierungen und den Ankauf von Wohnungen erweitert werden, weil die Förderung des Neubaus die teuerste sei. Das langfristige Ziel seien 500.000 Sozialwohnungen. Dazu sollen auch Investoren nur dann Baurecht erhalten, wenn mindestens die Hälfte der Wohnungen eines Projekts zu sozial tragbaren Miethöhen vorgesehen sei.

Zum Wahlprogramm der Berliner Linken (pdf)

Grüne

Für Sozialwohnungen wollen die Grünen einkommensorientierte Mieten einführen. Diese soziale Richtsatzmiete, soll "spürbar" unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Die Zahl der sogenannten Milieuschutzgebiete soll erhöht werden. In diesen Gebieten sind Mieter vor Luxussanierung und der Umwandlung ihrer Miet- in Eigentumswohnungen geschützt. Außerdem wollen die Grünen für die Bezirke einen Ankauffonds einrichten, damit sie bei Wohnungsverkäufen vom Vorkaufsrecht Gebrauch machen können, das ihnen in Erhaltungs- bzw. Milieuschutzgebieten zusteht. Überhaupt soll die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nach Vorstellung der Grünen am besten stadtweit genehmigungspflichtig werden.

Auf Bundesebene soll sich Berlin für Veränderungen im Mietrecht stark machen, etwa für niedrigere Kappungsgrenzen bei Mieterhöhungen und weniger Ausnahmen bei der Mietpreisbremse. Außerdem sprechen sich die Grünen dafür aus, dass in Milieuschutz- und Sanierungsgebieten wieder Mietobergrenzen eingeführt werden.

Die sogenannte Modernisierungsumlage soll schrittweise abgeschafft werden. Zunächst soll sie von elf auf fünf Prozent gesenkt und auf Maßnahmen beschränkt werden, die der Energieeinsparung oder der Barrierefreiheit dienen.

Beim Neubau ist aus Sicht der Grünen wichtig, dass Wohnraum für alle sozialen Schichten entsteht. Darauf sollen alle Planungen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ausgerichtet sein. Durch Baulückenmanagement, das Aufstocken landeseigener Gebäude und die Umnutzung von Bürogebäuden soll in der Innenstadt nachverdichtet werden. Bei größeren Neubaustandorten plädieren die Grünen dafür, auch ökologisch nachhaltige Holzmodulbauten zu errichten. Dazu sollen Prototypen entwickelt und ein Beratungsangebot der Berliner Forsten aufgebaut werden. Außerdem soll flexibler gebaut werden. Wohngebäude mit leichter veränderbaren Strukturen könnten in den nächsten Jahrzehnten besser an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst und so Kosten gespart werden.

Zum Wahlprogramm der Berliner Grünen (pdf)

CDU

Um den Wohnungsmarkt zu entlasten und den Mietenanstieg im Bestand zu dämpfen, will die CDU den Wohnungsneubau noch stärker ankurbeln: 30.000 Wohnungen sollen jedes Jahr von den landeseigenen Gesellschaften und privaten Bauherren errichtet werden – 6.000 davon als geförderte Sozialwohnungen. Um Baugenehmigungsverfahren weiter zu beschleunigen sollen die Bezirke mehr Personal erhalten.

Fördern will die CDU auch Genossenschaften und Baugruppen. Genossenschaften will sie bei der Grundstücksvergabe mit landeseigenen Gesellschaften gleichstellen.

Auch der Wohnungsbau im Bestand soll nach den Vorstellungen der CDU erleichtert werden, unter anderem durch die grundsätzliche Genehmigung von Dachausbauten. Außerdem soll ein Bündnis von Senat, Bezirken und Einzelhandel den "Flächenfraß durch Supermarkt-Flachbauten" beenden, wie es im Wahlprogramm heißt. So sollen die oft großen Flächen von Supermärkten auch für Wohnungsbau mit genutzt und Parkplätze unter die Erde verlegt werden.

Aber auch Mieter in bestehenden Wohnungen sollen profitieren. So schlägt die CDU ein Förderprogramm für mehr Barrierefreiheit vor mit 1000 neuen Aufzügen für Berliner Wohnungen. Außerdem sollen Modernisierungs- und Instandhaltungsförderprogramme dafür sorgen, dass die Mieten auch nach einer Modernisierung bezahlbar bleiben.

Besonderes Augenmerk legen die Christdemokraten zudem auf die Eigentumsförderung als Teil "einer gesunden städtischen Mischung". Vor allem Familien sollen die Möglichkeit erhalten, eine Wohnung zu kaufen statt nur zu mieten. Bei städtischen Wohnungsbauvorhaben wünscht sich die CDU einen festen Anteil kostengünstiger Eigentumswohnungen. Wer seine bislang gemietete Wohnung erwerben kann, soll bis zu einem Betrag von 300.000 Euro von der Grunderwerbssteuer befreit werden.

Zum Wahlprogramm der Berliner CDU

AfD

Um schneller bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, setzt die AfD auf den Abbau von behördlichen Hürden. Der Senat müsse sich dafür einsetzen, Baunebenkosten zu senken und bürokratische Hürden abzubauen. Die Mietpreisbremse wird als "scheinbar mieterschützende Maßnahme" und "planwirtschaftlicher Eingriff" strikt abgelehnt, da dadurch private Investitionen in den Wohnungsbau unattraktiv gemacht würden. Genehmigungsverfahren für Wohnungen sollen gegenüber anderen Bauprojekten vorrangig behandelt und dafür die Stellen in den Ämtern mit besonders qualifiziertem Personal "in ausreichender Zahl" besetzt werden. Besonders die Bebauung von Baulücken und Brachflächen in der Innenstadt müsse schneller genehmigt werden.

Beim Neubau soll es nach Ansicht der AfD nicht nur um Mietwohnungsbau, sondern auch um Eigentumswohnungen und Eigenheime gehen. Damit mehr Menschen privates Wohneigentum erwerben könnten, soll die Grunderwerbssteuer von 6 auf 3,5 Prozent gesenkt werden. Außerdem soll es einen einmaligen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer für selbst genutztes Wohneigentum von 100.000 Euro pro Erwachsenem und 50.000 Euro je Kind geben. Falls die Selbstnutzung der Immobilie innerhalb der ersten zehn Jahre wieder aufgegeben wird, müsse die Grunderwerbssteuer nachgezahlt werden.

Auch die AfD will Genossenschaften stärker fördern und sie bei der Vergabe landeseigener Grundstücke bevorzugt behandeln. Mieter und Eigentümer von Wohnraum sollen nach dem Willen der AfD dadurch entlastet werden, dass der Hebesatz der Grundsteuer B von 810 auf 500 Prozent gesenkt wird.

Zum Wahlprogramm der Berliner AfD (pdf)

Beitrag von Thorsten Gabriel

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