Treffen mit Länderkollegen
Bundeswahlleiterin Brand bleibt dabei: Für Neuwahlen mahnte sie am Montag nach einem Treffen mit ihren Länderkollegen erneut Besonnenheit an. Die SPD verteidigt derweil Brand gegen Kritik aus den Reihen der Union.
Bundeswahlleiterin Ruth Brand untermauert nach einer Beratung mit den Landeswahlleitungen ihre Empfehlung, einen Neuwahltermin nicht zu schnell nach Auflösung des Bundestags anzusetzen. "Um Herausforderungen bei der Wahlorganisation, die sich aus den Fristen bei einer Neuwahl ergeben, bestmöglich zu begegnen, sollte dabei der Zeitraum von 60 Tagen zwischen der Auflösung des Bundestages bis zur Neuwahl ausgeschöpft werden", rät sie in einer Mitteilung.
"Zugleich wirken die Wahlleitungen darauf hin, dass die zuständigen Stellen in Bund, Ländern und Gemeinden unabhängig von einem genauen Wahltermin schon jetzt alle organisatorischen Schritte ergreifen, die losgelöst von konkreten Fristen umgesetzt werden können."
Auch wenn der Kanzler noch keine Vertrauensfrage gestellt hat und demzufolge noch kein Neuwahltermin feststeht, werden den Angaben zufolge bereits jetzt Vorbereitungsschritte unternommen: Wahlausschüsse gebildet, Urnen- und Briefwahlbezirke gebildet, Wahlräume bestimmt, Parteien und Einzelbewerber über die einzureichenden Unterlagen informiert, eingegangene Unterlagen bereits vorgeprüft und Wahlunterlagen beschafft.
Brand hatte in der vergangenen Woche für Aufsehen gesorgt, als sie vor einem Wahltermin schon im Januar oder Februar warnte, weil dann die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage für die Vorbereitung fehlen würden. Die Union wirft Brand seitdem vor, sich von Scholz politisch instrumentalisieren zu lassen. CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz verlangt eine Neuwahl schon in der zweiten Januarhälfte. Ihre konkrete Warnung mit Bezug auf die Feiertage wiederholte Brand in ihrer jetzigen Pressemitteilung nicht.
"Die Bundeswahlleiterin ist unabhängig", betonte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Rande eines Termins in Berlin. Mit Blick auf Ankündigungen aus der Union, Brand für Mittwoch in den Innenausschuss zu laden, sagte sie, es sei das gute Recht der Innenpolitiker, die Wahlleiterin zu befragen, aber "man sollte ihr auch ihre Kompetenz zubilligen und dass sie ihre Entscheidung unabhängig trifft".
Am Sonntagabend hat Kanzler Scholz derweil geäußert, dass er sich vorstellen kann, noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. "Dass ich noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage stelle, wenn das alle gemeinsam so sehen, ist für mich überhaupt kein Problem", sagte der SPD-Politiker in der ARD-Sendung "Caren Miosga".
Formal müsse zwar er als Kanzler diesen Schritt auslösen, sagte Scholz. Doch wenn es eine Übereinkunft von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und dem Unionsfraktionschef Friedrich Merz gebe, werde er diese beachten. Zu beachten seien aber stets die nötigen demokratischen Schritte und technischen Vorbereitungen für eine ordnungsgemäße Neuwahl. "Niemand von uns, Sie nicht, ich nicht, sonst auch niemand, möchte, dass irgendwas passiert, wie in Berlin, dass wir Wahlen wiederholen müssen", sagte Scholz.
Auch der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler hatte zuletzt vor einer zu schnellen Neuwahl gewarnt. Man brauche eine gute Vorbereitung, sagte Bröchler am Freitag der rbb24 Abendschau. Der Januartermin wäre ein echtes Problem. Wenn man die Wahl des Bundestages im März durchführe und alle zu beteiligenden Organisationen, der Landeswahlausschuss und die Bezirke das vorbereiten könnten, dann wäre das für die Qualität eindeutig der bessere Termin.
"Ich kann nur raten, besonnen an das Thema heranzugehen, auf Fachleute zu hören und jetzt nicht in einen Sofortismus bei der Feststellung des Wahltermins zu verfallen", konkretisierte Bröchler im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur: "Es geht um die Sicherstellung der Qualität demokratischer Wahlen in Deutschland. Das ist ein hohes Gut, und ich möchte nicht, dass die Wahl am Ende wiederholt werden muss."
Laut Bröchler laufen die Planungen bereits. Er habe seine Mitarbeiter bereits vor Wochen angewiesen, sich für ein mögliches Szenario am 9. März vorzubereiten. Man brauche bestimmte Zeiten, um zum Beispiel Papier zu bestellen oder um Wahllokale zu finden. Man benötige außerdem 30.000 Wahlhelfer, die geschult werden müssten. Interessierte könnten sich bereits jetzt auf der Seite des Landeswahlleiters anmelden.
Derweil haben sich die Kommunen offen gezeigt für einen früheren Neuwahltermin. "Die Vorbereitung wird deutlich einfacher, je früher der mögliche Wahltermin bekannt ist", hieß es in einer Stellungnahme des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), aus dem mehrere Medien übereinstimmend zitieren. "Natürlich würde die Weihnachtszeit und die Feiertage nochmals eine zusätzliche Herausforderung bedeuten. Dennoch werden die Städte und Gemeinden in jedem Fall in der Lage sein, innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen eine ordnungsgemäße Bundestagswahl umzusetzen", heißt es darin weiter.
"Gerade der Versand der Briefwahlunterlagen und Wahlbenachrichtigungen muss mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf vor dem Wahltermin erfolgen", heißt es zudem in der Erklärung. "Hier sind die Kommunen auf die Aufstellung der Kandidatinnen und Kandidaten durch die Parteien und die Einreichung der Wahlvorschläge angewiesen." Städte und Gemeinden seien aber in der Durchführung von Wahlen geübt und absolut in der Lage, eine Wahl innerhalb der vorgegebenen Fristen vorzubereiten und umzusetzen.
Bundeskanzler Scholz hatte nach dem Bruch der Ampelkoalition angekündigt, am 15. Januar im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen, um damit die Auflösung des Bundestags zu ermöglichen. Für die Auflösung hat der Bundespräsident dann 21 Tage Zeit. Die Neuwahl muss dann innerhalb von 60 Tagen nach der Auflösung des Parlaments stattfinden. Scholz zeigte sich inzwischen aber auch offen für eine frühere Neuwahl. Darüber müssten alle Beteiligten "unaufgeregt" sprechen, teilte er auf X mit.
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.11.2024, 07:20 Uhr
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