Sondierungen im Bund
Die Sondierungen für eine neue Bundesregierung betreffen ganz konkret auch die Lausitz: SPD, Grüne und FDP streben demnach einen Kohleausstieg bereits 2030 an. Kritik an dem Plan kommt von der Brandenburger CDU.
SPD, Grüne und FDP im Bund streben einen schnelleren Kohleausstieg an. In einem gemeinsamen Papier zu den Ergebnissen der Sondierungen, das die Parteien am Freitag präsentiert haben, heißt es: "Zur Einhaltung der Klimaschutzziele ist auch ein beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung nötig. Idealerweise gelingt das schon bis 2030." Bisher ist der Kohleausstieg bis spätestens 2038 geplant.
Weiter heißt es in dem Papier: "Das verlangt den von uns angestrebten massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Errichtung moderner Gaskraftwerke, um den im Laufe der nächsten Jahre steigenden Strom- und Energiebedarf zu wettbewerbsfähigen Preisen zu decken."
Die betroffenen Regionen könnten weiterhin auf solidarische Unterstützung zählen, dazu zählt unter anderem die Lausitz. Maßnahmen des Strukturstärkungsgesetzes werden vorgezogen beziehungsweise beschleunigt werden. "Die flankierenden arbeitspolitischen Maßnahmen wie das Anpassungsgeld werden entsprechend angepasst. Niemand wird ins Bergfreie fallen."
Dennoch stößt das gemeinsame Ziel von SPD, Grünen und FDP, den Kohleausstieg schon bis 2030 zu erreichen, in Brandenburg auf Widerstand. CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann sprach von einem "Wortbruch". Die Menschen und die Unternehmen in der Lausitz hätten darauf vertraut, dass der Braunkohleausstieg 2038 stattfinde, sagte Redmann am Freitag dem rbb. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz habe dies noch im Wahlkampf in Cottbus bestätigt.
Dieses Vertrauen werde jetzt enttäuscht, so Redmann. "Der geplante Bruch des Kohlekompromisses ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen in der Lausitz." Bis dahin würden viele Unternehmen noch keine neuen Geschäftsfelder gefunden haben. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) müsse bei den Koalitionsverhandlungen darauf dringen, dass an dem breit verhandelten Kompromiss bis 2038 festgehalten werde. Die Lausitz in Südbrandenburg ist stark vom Braunkohleausstieg betroffen.
Woidke hatte im September davor gewarnt, dass ein vorgezogener Kohleausstieg die Energiesicherheit in Gefahr bringen könnte. "Einige versuchen hier eine schnelle Ausstiegsstimmung zu erzeugen, verschweigen aber, dass wir noch weit davon entfernt sind, eine Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen für ganz Deutschland sicherstellen zu können", sagte er der dpa.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte sich bei einem Besuch in der Lausitz im August gegen ein Vorziehen des Kohleausstiegs in Deutschland ausgesprochen und auf die Vereinbarungen von 2019 verwiesen. Er sieht aber auch Spielraum für ein Ende vor 2038.
Beschäftigte des Energiebetreibers Leag zeigten sich alarmiert. Vom Konzernbetriebsrat hieß es am Freitag in einer Mitteilung: "Unsere Botschaft an die Verhandlungsdelegationen ist kurz und klar: Hände weg vom Kohleausstiegsgesetz! Wir erwarten auch von der neuen Bundesregierung Gesetzes- und Vertragstreue." Mit Blick auf den Beginn des Winterhalbjahres warnten die Arbeitnehmervertreter davor, weiter an der Kohleausstiegsschraube zu drehen. Gerade jetzt sei sichere, aber auch bezahlbare Strom- und Wärmeversorgung wichtig.
Dem Sondierungspapier zufolge kommt dem Klimaschutz eine zentrale Bedeutung zu. Die drei Parteien sehen es demnach als zentrale gemeinsame Aufgabe, "Deutschland auf den 1,5 Grad Pfad zu bringen", also die globale Erwärmung entsprechend zu bremsen. Zu den anvisierten Maßnahmen zählt neben dem früheren Kohleausstieg auch das Aus für den Verbrennungsmotor – spätestens bis 2035.
Zudem wollen SPD, Grüne und FDP im Falle einer Regierungsbildung den Mindestlohn auf zwölf Euro erhöhen. Zuletzt wurde dieser auf 9,60 Euro erhöht und soll nach der bisherigen Planung bis zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro steigen. "Das wird hier in Brandenburg für ein Drittel aller Beschäftigten eine Lohnerhöhung bedeuten", sagte der Generalsekretär der Brandenburger SPD David Kolesnyk dem rbb.
Anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) soll der Vereinbarung zufolge ein "Bürgergeld" eingeführt werden. Dieses solle "die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein; es soll Hilfen zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt stellen."
Das Mindestrentenniveau von 48 Prozent soll gesichert werden: "Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben."
Das ausgearbeitete Sondierungspapier soll nun den Parteigremien vorgelegt werden. Die Unterhändler von SPD, Grünen und FDP empfehlen ihren Parteien die Aufnahme von Koalitionsgesprächen für eine Regierungsbildung. [tagesschau.de]
Sendung: Antenne Brandenburg, 15.10.2021, 15 Uhr
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