Bundesverfassungsgericht
Wegen zahlreicher Pannen muss die Bundestagswahl 2021 in Berlin teilweise wiederholt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe entschieden. Die Wiederholungswahl findet am 11. Februar statt.
Die Bundestagswahl von 2021 muss wegen zahlreicher Pannen in 455 von 2.256 Wahlbezirken des Landes Berlin wiederholt werden. Das entschied das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe und ging damit über den Beschluss des Bundestags hinaus, der bereits im November 2022 eine teilweise Wiederholung beschlossen hatte.
Die Wiederholungswahl sei als Zweistimmenwahl durchzuführen, also mit Erst- und Zweitstimme, sagte die Vorsitzende Richterin Doris König. Eine Wahlprüfungsbeschwerde der Unionsfraktion im Bundestag war damit nur teilweise erfolgreich.
Die Bundestagswahl 2021 wird in den betroffenen Berliner Wahlbezirken am 11. Februar 2024 wiederholt. Das Datum für die Teilwiederholung nannte Landeswahlleiter Stephan Bröchler in Karlsruhe. Dieser Wahltermin war bereits im Vorfeld erwartet worden - es ist der letzte mögliche innerhalb einer 60-Tage-Frist nach Urteilsverkündung.
Das höchste deutsche Gericht folgte mit seinem Urteil auch nicht eins zu eins einem Beschluss des Bundestages. Dieser hatte mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP entschieden, dass die Wahl teilweise wiederholt werden sollte. Betroffen wären demzufolge 431 der insgesamt 2.256 Wahlbezirke der Hauptstadt gewesen, darunter auch zahlreiche Briefwahlbezirke.
Aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion war der Beschluss aber rechtswidrig, unter anderem weil der Bundestag die Wahl in sechs vom Bundeswahlleiter angefochtenen Wahlkreisen nicht insgesamt für ungültig erklärt habe. Daher klagte sie in Karlsruhe.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte, der Beschluss des Bundestages sei im Ergebnis überwiegend rechtmäßig. Allerdings erklärte das Gericht die Wahl in 31 Wahlbezirken, die in dem Bundestagsbeschluss noch nicht genannt worden waren, ebenfalls für ungültig. Für sieben andere dagegen - alle im Bezirk und Wahlkreis Mitte - nahm das Gericht die Entscheidung des Bundestags wieder zurück.
Nach Einschätzung von Experten wie ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam hat das Karlsruher Urteil "so gut wie keine" Auswirkungen auf die Zusammensetzung und auch nicht auf den Verbleib der Linken im Bundestag. Bräutigam verwies im TV-Sender Phönix darauf, dass in den beiden von der Linkspartei direkt gewonnenen Wahlkreisen (Lichtenberg und Treptow-Köpenick) nur in sehr wenigen Wahllokalen neu gewählt werden muss. Der frühere Fraktionschef Dietmar Bartsch erklärte: "Mit dem Urteil ist klar, dass wir im Bundestag bleiben und unsere Aufgabe als soziale Opposition weiter wahrnehmen werden."
Relevant für das Direktmandat könnte die Wiederholungswahl dagegen vor allem in den stärker betroffenen Bezirken und Wahlkreisen Reinickendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Pankow werden. In Reinickendorf gewann CDU-Kandidatin Monika Grütters mit nur 1,4 Prozentpunkten beziehungsweise rund 1.800 Erststimmen Vorsprung vor SPD-Kandidat Torsten Einstmann das Direktmandat. In Charlottenburg-Wilmersdorf setzte sich der ehemalige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit 3,5 Prozentpunkten Vorsprung gegen die aktuelle Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) durch. In Pankow schlug der Grüne Stefan Gelbhaar den SPD-Mann Klaus Mindrup um 4,0 Prozentpunkte.
Darüber hinaus könnte es abhängig von der Wahlbeteiligung noch zu minimalen Verschiebungen bei der Sitzverteilung im Bundestag kommen.
Der Wahltag am 26. September 2021 war in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen: Menschen mussten lange warten und Schlange stehen, Stimmzettel waren falsch oder fehlten ganz. Vorübergehend mussten Wahllokale schließen oder blieben bis weit nach 18:00 Uhr geöffnet - dem Zeitpunkt, an dem die Stimmabgabe eigentlich vorbei sein sollte.
Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts sendet das rbb Fernsehen um 20:15 Uhr ein Spezial
Sendung: rbb24 spezial, 19.12.2023, 20:15 Uhr
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