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Quelle: dpa/Dittrich

Teilwiederholung der Bundestagswahl

Dieselben Kandidaten, keine Hochrechnung - der Berliner Wahlsonntag wird speziell

Mehr als eine halbe Million Berlinerinnen und Berliner sind am Sonntag aufgerufen, ihre Stimme für die Bundestagswahl 2021 noch einmal abzugeben. Wer abstimmt, welche Auswirkungen die Teilwiederholung hat - und was anders ist als an anderen Wahltagen.

Am Sonntag wird in etwa jedem fünften Berliner Wahlbezirk die Bundestagswahl von 2021 wiederholt. Das Bundesverfassungsgericht hatte dies im Dezember entschieden und war damit einem Beschluss des Bundestags aus dem Vorjahr weitgehend gefolgt.

Die Wiederholung war nötig geworden, weil es am eigentlichen Wahltag zu einer Reihe von eklatanten Pannen gekommen war. So waren unter anderem in einigen Wahllokalen nicht ausreichend Wahlunterlagen vorhanden, anderswo konnten noch nach 18 Uhr Stimmen abgegeben werden. Die Wahl zum Abgeordnetenhaus, die parallel am gleichen Tag stattfand, war bereits im vergangen Jahr wiederholt worden.

Wo muss erneut gewählt werden?

In 455 der insgesamt 2.256 Berliner Wahlbezirke wird die Wahl wiederholt. Betroffen sind alle zwölf Bezirke der Stadt, insbesondere dabei Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf und Reinickendorf. Die wenigsten Pannen gab es mit drei Wahlbezirken in Spandau sowie in Lichtenberg mit sechs und in Treptow-Köpenick mit acht.

Alle Wahlberechtigten sollten seit Jahresbeginn per Post über die Wiederholung informiert worden sein, rund 550.000 Berlinerinnen und Berlin sind betroffen. Seit dem 8. Januar besteht bereits die Möglichkeit zur Briefwahl per Post oder direkt in den zuständigen Briefwahlämtern. Wer dort vor Sonntag die Stimme abgeben möchte, kann dies bereits zu den geltenden Öffnundszeiten tun. Es reicht das Vorzeigen des Personalausweises.

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Wer darf wählen?

Wer zum Zeitpunkt der Wahlwiederholung wahlberechtigt ist, darf seine oder ihre Stimme abgeben. Alle also, die am Sonntag mindestens 18 Jahre alt sind und in den betroffenen Wahlbezirken wohnen. Wer am 26. September 2021 zu jung zum Wählen war, aber mittlerweile volljährig geworden ist, darf nun auch wählen. Auch einige Deutsche, die im Ausland leben, sind zur Wahl aufgerufen.

Wählen darf auch, wer beim ersten Versuch der Bundestagswahl in Berlin noch in einer anderen Stadt oder Gemeinde gelebt hat, aber zwischenzeitlich in einen der betroffenen Wahlbezirke gezogen ist. Wer hingegen den umgekehrten Weg gegangen ist und nicht mehr in einem der betroffenen Wahlbezirke lebt, kann hingegen nicht erneut wählen. Das Gleiche gilt für Umzüge innerhalb Berlins.

Wer steht zur Wahl?

Da es sich um eine teilweise Wiederholung und nicht um eine Neuwahl handelt, sind ausschließlich die gleichen Parteien, Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl zugelassen. Entsprechend sind die Stimmzettel nahezu identisch mit denen vom September 2021.

Lediglich die NPD ist darauf nicht mehr zu sehen. Die rechtsextreme Partei hat in der Zwischenzeit ihren Namen geändert und nennt sich nun Die Heimat. Ein Kandidat, der mittlerweile verstorben ist, wurde gestrichen. Namensänderungen, etwa durch Heirat oder den Erwerb eines Doktortitels, tauchen nicht auf den Stimmzetteln auf, sondern wurden von der Landeswahlleitung intern vermerkt.

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Welche Auswirkungen sind zu erwarten?

Rein rechnerisch kann die Wiederholungswahl nichts an den Machtverhältnissen im Bundestag ändern. Einige direkt gewählte Bundestagsabgeordnete müssen jedoch um ihr Mandat bangen. Etwa Stefan Gelbhaar, der für Bündnis 90/Die Grünen das Direktmandat im Wahlkreis 76 inne hält. Abgesehen von einem südlichen Zipfel umfasst der Wahlkreis den Bezirk Pankow, der besonders von der Wahlwiederholung betroffen ist.

Gelbhaar erhielt 2021 mehr als 46.000 Stimmen. 3.695 davon wurden in Wahlbezirken abgegeben, in denen die Wahl nicht wiederholt wird. Diese Stimmen sind ihm weiterhin sicher. Die übrigen mehr als 42.000 sind hingegen ungültig. Schon eine geringe Wahlbeteiligung könnte Gelbhaar das Mandat kosten.

Sein zuletzt schärfster Konkurrent, Klaus Mindrup von der SPD, geht mit 6.095 Stimmen ins Rennen, gefolgt von CDU-Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (3.836) und dem damaligen Fraktionsvorsitzenden der Linken im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf (3.824). Würde die Wiederholungswahl komplett boykottiert, müsste sich Gelbhaar mit Platz vier zufriedengeben – nur knapp vor dem AfD-Kandidaten Götz Frömming (3.486).

In Reinickendorf (Wahlkreis 77) und Charlottenburg-Wilmersdorf (Wahlkreis 80) könnte die Wiederholung neue Direktkandidaten hervorbringen. Die Mandate werden aktuell von der ehemaligen Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) gehalten. Sollten sich die Verhältnisse in den Wahlkreisen ändern, wären beide jedoch durch hohe Plätze auf den Landeslisten ihrer Partein abgesichert - und blieben so oder so Abgeordnete im Bundestag.

Auch in Tempelhof-Schöneberg (Wahlkreis 81) könnte der aktuelle Direktkandidat, Kevin Kühnert von der SPD, sein Mandat verlieren. Er hatte sich 2021 nur knapp gegen die Kandidaten von CDU und Grünen durchgesetzt. Alle drei sind aber ebenfalls über Landeslisten abgesichert.

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Was ist mit den Sitzen der ehemaligen Fraktion der Linken?

Nahezu ausgeschlossen ist, dass die Wiederholung die Sitze der Abgeordneten von der mittlerweile zerbrochenen Fraktion der Linken im Bundestag gefährdet. Die Partei war 2021 an der Fünf-Prozent-Hürde bei den Zweitstimmen gescheitert. Weil drei Politiker:innen der Partei ein Direktmandat holten, konnte die Partei dennoch in Fraktionsstärke in das Parlament einziehen aufgrund der sogenannten Grundmandatsklausel.

Zwei der drei Direktmandate holten Gregor Gysi und Gesine Lötzsch in Berlin. In beiden Wahlkreisen (84, Treptow-Köpenick, beziehungsweise 86, Lichtenberg) gab es vor zweieinhalb Jahren kaum Störungen und nur wenige Bürgerinnen und Bürger sind in beiden erneut zum Wählen aufgerufen. Auch wenn die Fraktion der Linken im Bundestag nach dem Zerwürfnis mit Sahra Wagenknecht nicht mehr exisitiert, die Mandatsträger:innen müssen bei der Berliner Wahl nicht um ihre Sitze im Bundestag bangen.

Wann stehen die Wahlsieger fest?

Anders als bei einer reguläre angesetzten Bundestagswahl wird es bei der Berliner Teilwiederholung weder eine Prognose geben, wenn die Wahlurnen geschlossen werden, noch werden Hochrechnungen ausgegeben. Die Wahllokale werden die Ergebnisse ihrer Auszählungen im Laufe des Abends an den Landeswahlleiter übermitteln.

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