Drehort: Kirche St. Martin - Die Gedenkfeier für gefallene Soldaten

Fr 31.08.18 | 01:00 Uhr | Von Johanna Niedbalski
Standbild aus Babylon Berlin: Alfred Nyssen (Lars Eidinger) spricht in der Kirche St. Martin auf einer Gedenkveranstaltung für gefallene Soldaten. (Bild: Frédéric Batier | X Filme | ARD Degeto | sky | Beta)
Bild: Frédéric Batier | X Filme | ARD Degeto | sky | Beta

Der Zufall führte das Babylon-Team in die St.-Martin-Kirche nach Kaulsdorf. Lars Eidinger sollte als Afred Nyssen unbedingt in einem modernen Kirchenbau der gefallenen Soldaten des 1. Weltkriegs gedenken. Klare Worte gegen den Waffenproduzenten kommen von Helga Rath.  

Es ist ein eigenwilliger und moderner Kirchenbau im Stil der Neuen Sachlichkeit, der im August 1930 feierlich katholisch geweiht wird. Den roten Klinkerbau dominiert vor allem der hohe quergestellte Turm. Der Fensterschlitz, der den Turm in der gesamten Höhe teilt, erinnert manche Betrachter an die Geschichte des Heiligen Martins, des Kirchenpatrons, der seinen Mantel durchschnitt und mit einem Bettler teilte.

Der Kirchenbau der Diasporagemeinde finanziert sich vor allem durch Spenden. Die Kirche liegt zwischen Einfamilienhäusern im Ortsteil Kaulsdorf, weit außerhalb des urbanen Zentrums. Aber zur selben Zeit wird im Berliner Stadtzentrum, genauer am Alexanderplatz, gebaut und alte Häuser werden abgerissen. Hier können preiswert 400.000 Abbruchsteine für den Kirchenbau erworben werden. St. Martin entsteht also aus Ziegelsteinen vom Alexanderplatz – vielleicht vom Königstädtischen Theater oder vom Gasthaus "Zum Hirschen".

Der expressionistische Jesus musste umziehen

Die Wand hinter dem Altar stammt nicht aus der Bauzeit, sondern wird nach dem Zweiten Weltkrieg neugestaltet. Ursprünglich befindet sich hinter dem Altar ein in die Wand eingelassenes, raumgroßes, aus Ziegelsteinen gemauertes Kreuz. An der daran hängenden Figur des Gekreuzigten entzündet sich ein Konflikt zwischen der Kirchengemeinde und dem Berliner Bischof. Die geschnitzte Holzfigur ist über vier Meter groß, aus einem einzigen Eichenstamm grob gearbeitet und zeigt mit großer Ausdruckskraft den leidenden Christus am Kreuz. Das expressionistische Kunstwerk gefällt aber nicht allen. Der Münchener Erzbischof hält es für gotteslästerlich und der Berliner Bischof befiehlt, es abzuhängen. Proteste des Pfarrers Alois Schölzel verhallen, die Figur muss verschwinden. Sie wird in einem Stall zwischengelagert und hängt nach einer Odyssee durch verschiedene Gotteshäuser heute in einer anderen Kirche in Marzahn.

Standbild aus Babylon Berlin: Helga Rath (Hanna Herzsprung) auf einer Gedenkveranstaltung der Nyssenstiftung in der Kirche St. Martin. (Bild: Frédéric Batier | X Filme | ARD Degeto | sky | Beta)Helga Rath und ihr Sohn Moritz sind auf Unterstützung des Waffenproduzenten Nyssen angewiesen und müssen zur Gedenkfeier nach Berlin, die Helga Rath mit ihrer Rede ad absurdum führt.

In der St. Martins-Kirche findet in der Serie Babylon Berlin eine Gedenkveranstaltung der Nyssen-Stiftung für gefallene Soldaten statt, bei der Alfred Nyssen und Helga Rath aufeinandertreffen. Bei der Suche nach einem passenden Drehort kommt der Zufall zu Hilfe. Nach einem halben Drehtag auf der Rennbahn in Hoppegarten braucht das Team um Regisseur Hendrik Handloegten eine weitere Location, um den Drehplan des Tages zu füllen. Am besten sei ein moderner Kirchenbau, um Szenen mit Lars Eidinger filmen zu können. Aber eine moderne Kirche in Hoppegarten? Niemand wäre auf die Idee gekommen, hier nach einem passenden Motiv zu suchen. Als einer der Locationscouts tatsächlich fündig wird und gleich um die Ecke in Kaulsdorf einen passenden Ort ausmacht, will dies zunächst niemand glauben. Mit Hilfe von St. Martin ist der Drehtag ausgefüllt und das moderne Gotteshaus in Kaulsdorf erlangt Filmruhm.

Beitrag von Johanna Niedbalski

Nächster Artikel

Weitere DRehorte

Polizisten und Demonstranten stehen sich auf dem Hermannplatz gegenüber. Im Hintergrund das sich im Bau befindliche Karstadt Warenhaus. (Quelle: X Filme | ARD Degeto | sky | Beta)
X Filme | ARD Degeto | sky | Beta

Filmort: Karstadt am Hermannplatz - Vor dem Warenhaus am Hermannplatz

Das Kaufhaus ist ein Spektakel: Türme mit Lichtsäulen, eine Fassade aus Muschelkalk. 4.000 Menschen arbeiten hier, der Dachgarten ist legendär. Im Krieg zerstört, ist es immer noch ein Karstadt - allerdings viel bescheidener und im Film nur als Baustelle zu sehen.  

Standbild aus Babylon Berlin: Pater Wilczek (Frank Küster) betritt durch das schwere Gefängnistor die Haftanstalt. (Bild: Frédéric Batier | X Filme | ARD Degeto | sky | Beta)
Frédéric Batier | X Filme | ARD Degeto | sky | Beta

Drehort: Gefängnis Lehrter Straße - Vor dem düsteren Gefängnistor

Das durch zwei Uniformierte bewachte Tor, das in der Serie zu sehen ist, gehört zu einem Gefängnisbau in der Lehrter Straße, ebenso der Gefängnishof, in dem die hohen Militärs gemütlich und bei Bier ihren Staatsstreich planen.

Dreharbeiten bei Nacht in der Neuen Berliner Straße auf dem Gelände der Filmstudios Babelsberg für Babylon Berlin. (Quelle:X Filme | ARD Degeto | sky | Beta)
X Filme | ARD Degeto | sky | Beta

Drehort: Filmstudio Babelsberg - Neue Berliner Straße

Die "Neue Berliner Straße" gab und gibt es nicht. Dabei braucht man in ihr nur wenige Minuten, um von Charlottenburg ins Moka Efti in der Friedrichstraße zu gelangen. 15.000 Quadratmeter Filmkulisse gefüllt mit dem Berlin der Goldenen Zwanziger.