Studie des Umweltbundesamts - Entlang der Spree und in Berlin droht Trinkwasserknappheit
Auch durch das Ende der Kohle kommt auf Berlin und Brandenburg ein echtes Wasserproblem zu. Doch es gibt bereits erste Ideen, wie dem begegnet werden kann. Die Berliner Wasserbetriebe betonen, sie seien gut gewappnet.
- Umweltbundesamt befürchtet bis zu drei Viertel weniger Spree-Wasser
- Grund ist das Ende des Tagebaus in der Lausitz
- Experten empfehlen Ausbau von Wasserspeichern in Seen
- Berliner Wasserbetriebe sehen sich gut gerüstet
Der Trinkwasserversorgung im Großraum Berlin und entlang der Spree drohen einer Studie zufolge große Engpässe. Der Fluss könnte in trockenen Sommermonaten örtlich bis zu 75 Prozent weniger Wasser führen. Das habe Konsequenzen für den Spreewald, seine Seen und Kanäle sowie die Trinkwasserversorgung in der Region, zeigt eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA), die am Montag vorgestellt wurde.
Mit dem Ende der Braunkohleförderung in der Lausitz werde viel weniger Grundwasser in den Fluss gepumpt. "In Berlin und Brandenburg könnte im schlimmsten Szenario das Wasser empfindlich knapp werden, wenn nicht entschlossen gegengesteuert wird", sagte Behördenchef Dirk Messner.
Spree profitierte ein Jahrhundert lang vom Kohlebergbau
Der Wassermangel betrifft der Studie zufolge unter anderem die Rohwasserbereitstellung für Berlins größtes Trinkwasserwerk in Friedrichshagen. Auch die Verdünnung des gereinigten Berliner Abwassers mit Spreewasser - etwa 220 Millionen Kubikmeter pro Jahr - wird zunehmend problematisch. Gleichzeitig werden in den kommenden Jahrzehnten allein sechs Milliarden Kubikmeter Wasser zusätzlich benötigt, um die Tagebaurestlöcher aufzufüllen, damit diese nicht instabil werden.
Hintergrund des Problems ist, dass wegen des Bergbaus in der Lausitz der Wasserzufluss in die Spree über gut ein Jahrhundert künstlich verstärkt wurde: Für die Kohleförderung wurde Grundwasser abgepumpt und dort eingeleitet. Gut die Hälfte des Wassers, das der Fluss heute bei Cottbus führt, stammt aus abgepumptem Grundwasser. In heißen Sommern steigt der Anteil laut UBA auf 75 Prozent, die Lausitz Energie Verwaltungs GmbH (Leag) sprach im März sogar von 90 Prozent.
Die Studie des Umweltbundesamts schlägt nun unter anderem vor, Talsperren und Wasserspeicher zu ertüchtigen und bestehende Seen als Wasserspeicher auszubauen. Auch sollten die Länder gemeinsam ausloten, wie sich Wasser aus anderen Regionen durch neue Rohrsysteme möglichst naturverträglich in die Spree pumpen lässt.
Umweltbundesamt stellt Kohleausstieg nicht in Frage
Weiter hieß es, Haushalte, Industrie und Landwirtschaft sollten zudem mehr Wasser sparen. Eine Option wäre laut Umweltbundesamt notfalls auch, das Grundwasser vorerst weiter aus den Tagebauen abzupumpen und gereinigt in die Spree zu leiten.
Messner sagte, die drohende Wasserknappheit sei kein Grund, auf den Kohleausstieg zu verzichten: "Der Klimawandel ist das größte Problem, mit dem wir es zu tun haben. Er schafft schon heute Dürren und Wetterextreme. Der Kohleabbau war über Jahrzehnte schädlich für die Umwelt."
Das Umweltnetzwerk Grüne Liga forderte, die Pflichten des Tagebaubetreibers Leag nicht auszublenden. "Das Unternehmen muss einen verursachergerechten Anteil der Kosten tragen, sonst droht ein neues Milliardengeschenk des Staates an die fossilen Konzerne", erklärte René Schuster, Braunkohle-Experte des Verbandes.
Berliner Wassetbetriebe: "Haben Hausaufgaben gemacht"
Derweil sehen die Berliner Wasserbetriebe keine unmittelbare Gefahr für das Trinkwasser in der Bundeshauptstadt. Vorstandschef Christoph Donner sprach am Dienstag von einem "sehr guten, robusten System, das auch in Trockenjahren zuverlässig Trinkwasser liefert." Allerdings machten die Wasserbetriebe auch ihre "Hausaufgaben". So würden bis 2030 rund sechs Milliarden Euro in neue Brunnen, bessere Klärtechnik und den Umbau Berlins zur wassersensiblen Metropole investiert. Donner lobte auch die länderübergreifende Zusammenarbeit mit Brandenburg im Bereich der Wasserwirtschaft.
Weniger positiv äußern sich viele andere Wasserversorger in Deutschland. Eine Umfrage des Dachverbands DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfachs) unter 359 Wasserversorgern hat ergeben, dass im vergangenen Jahr 19 Prozent der befragten Versorger Probleme hatten, beispielsweise dadurch, dass Brunnen zeitweise trockengefallen sind.
Dem DVGW zufolge ist die Trinkwasserversorgung "in diesem und in den nächsten Jahren" sichergestellt. "Klar ist aber auch, dass es verstärkt Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen bedarf, um die Wasserversorgung fit für dir Zukunft zu machen", erklärte Verbands-Vorstand Wolf Merkel. Als Beispiel nannte er die Erschließung neuer Gewinnungsgebiete, den Bau von Wasserspeichern und Talsperren sowie den Ausbau von Wasser-Fernleitungen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 12.06.2023, 19:30 Uhr