Medizinhistorisches Museum der Charité renoviert - Einblicke, die unter die Haut gehen

Drei Jahre lang wurde das Medizinhistorische Museum an der Berliner Charité renoviert. An diesem Freitag soll es wieder öffnen - ganz ohne "Grusel-Effekt", wie der Museumsdirektor ankündigt. Von Wolfgang Albus
Ein menschliches Gehirn, aufgeschnitten in einer Konservierungslösung im Schauglas - zu sehen im renovierten Altbau auf dem Campus der Charité in Berlin Mitte. Hinzu kommen Hunderte Gallensteine und viele menschliche Schädel. All das findet hier seinen Platz.
Architektin Pia Maria Schriever musste sich mit den ausgestellten Resten der einst verstorbenen Charité-Patienten erst einmal arrangieren. "Es hat uns sehr bewegt. Das ist auch so, dass man sich bei manchen Exponaten etwas mit Distanz annähert und auf manche etwas forcierter zugeht. Und das hat uns sicherlich geprägt."
Das Medizinhistorische Museum ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Manche Exponate stehen seit 1899 als Ausstellungsstücke im Dienst der Wissenschaft. Der Mediziner Rudolf Virchow revolutionierte damit die Ausbildung seiner Ärzte und öffnete die Sammlung fürs Publikum.
Zur Sachlichkeit verpflichtet
Im Standort des Museums auf dem Klinik-Campus, wo es häufig um Leben und Tod geht, sieht Museumsdirektor Professor Thomas Schnalke auch eine Verpflichtung zur Sachlichkeit. "Wir haben tatsächlich versucht, diesen Grusel-Effekt ganz auszuschalten, indem wir die Präparate optimal konserviert präsentieren, sehr gut ausgeleuchtet und vor allen Dingen in einen historischen Rahmen stellen."
Ihm sei bewusst, dass die Körperteile verstorbener Charité-Patienten zur Schau gestellt werden. Das Ziel sei, dass sich Besucher dadurch besonders intensiv mit Krankheiten oder wissenschaftlichen Methoden auseinandersetzen. "Mir persönlich geht es dabei sehr gut, weil ich wirklich diese Präparate als Lehrstück, als Entdeckungs-Stücke sehe."
Besucher fielen in Ohnmacht
Tatsächlich sind vor der Renovierung auch schon mal Besucher in Ohnmacht gefallen. Das schreibt der Museumsdirektor allerdings der damals mangelhaften Klimatisierung zu. Dieses Problem sei jetzt gelöst. Die Haustechnik wurde komplett erneuert. Außerdem gibt es nun außen meterhohe, doppelwandige Glasflächen in der Klinkerfassade, die Platz für große Exponate bieten. Sie sollen Gäste vom Spreeufer in die Ausstellung locken.
Aber auch die Forschungscommunity ist an der Sammlung interessiert. Vor allem an Erbinformationen in der DNA, beobachtet Museumsdirektor Schnalke. "Die Wissenschaft entdeckt gerade die Präparate neu. Seit einigen Jahren machen hier Forscherinnen und Forscher, die sich mit modernsten Sequenzierungverfahren auskennen, Entdeckungsreisen hinein in Virus-Genome, die in diesen Präparaten aufgehoben sind."
So gesehen handele es sich bei den konservierten Körperteilen auch um eine Art Gedächtnis der Medizin. "Wir können das Material zuliefern, um die Vorgeschichten der Pandemien zu entdecken. Insofern wird das Museum im Moment gerade hochaktuell."
Auch "KI" spielt eine große Rolle
Mit der Wiedereröffnung will die Charité aber auch in die Zukunft schauen. Die neue Ausstellung bietet Einblicke ins menschliche Gehirn, die Rudolf Virchow noch verwehrt blieben. Hier hat die Wissenschaft durch neue Verfahren so große Fortschritte gemacht, dass die Datenflut kaum noch zu beherrschen ist.
Der international renommierte Hirnforscher Professor John-Dylan Haynes braucht auch als Experte an der Charité Unterstützung durch künstliche Intelligenz. "Die KI ist für uns ein ganz großes Thema, weil wir in der Hirnforschung unglaublich viele Daten messen und wir nicht jeden einzelnen Datenpunkt angucken können, sondern wir brauchen KI-Verfahren, um die Daten systematisch zu interpretieren. Und deswegen ist auch der Fokus weggegangen von so kleinteiligen Datensätzen hin zu immer ganz großen Datensätzen."
Futuristische Geräte zur Messung von Hirnaktivitäten gehören zum neuen Teil der Ausstellung, ebenso aktuelle Technologien. So gibt es eine Prothese, die der Form einer Badekappe ähnelt. Sie ermöglicht es Schlaganfallpatienten, gelähmte Körperteile durch Gedankenkraft wieder zu bewegen.
Museumsbesuch zunächst kostenlos
Das Museum ist durch den Umbau nicht nur moderner geworden, sondern spiegelt auf spielerische Art den medizinischen Fortschritt bis zur Gegenwart. Für die Charité ist es auch eine Art Werbung. Das aufwändig gepflegte historische Renommée helfe schon heute dabei mit, Spitzenforscher an die Spree zu locken.
Sendung: Radioeins, 16.06.2023, 7:00 Uhr
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