Waldschäden rund um Neuruppin - Wenn Biber auf Buchen treffen

So 21.01.24 | 07:23 Uhr | Von Björn Haase-Wendt
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Symbolbild: Biber (Castor fiber) benagt Ahornstamm. (Quelle: dpa/Hopf)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 18.01.2024 | F. Tenner | Bild: dpa/Hopf

Hunderte Bäume sind rund um Neuruppin angenagt oder bereits gefällt. Biber fühlen sich an den Seen der Umgebung wohl. Spaziergänger sorgen sich um den Wald als CO2-Speicher. Dabei profitiert die Natur auch von dem baumfällenden Tieren. Von Björn Haase-Wendt

Der Schnee fällt im Wald unweit von Stendenitz, einem kleinen Ort nördlich von Neuruppin. Stadtförster Stephan Peter blickt auf die Buchen im Uferbereich. Hier an den Kellenseen ist der Biber besonders aktiv und hinterlässt seine Spuren. An unzähligen Laubbäumen ist die Rinde auf einer Höhe von bis zu einem Meter komplett abgenagt.

"Der Biber versucht hier seinen Lebensraum zu gestalten, indem er Buchen, die relativ nah am Ufer stehen, benagt, junge Buchen auch als Nahrung fällt", erklärt der Stadtförster. Der Biber will den Uferstreifen also erweitern, damit er schnell an seine Nahrung kommt - getreu dem Motto: Schnell raus aus dem Wasser, ran ans Land und Gräser und junge Bäume fressen.

Neuruppins Stadtförster Stephan Peter zeigt die Spuren des Bibers an den Kellenseen. (Quelle: rbb/Haase-Wendt)
| Bild: rbb/Haase-Wendt

Mehr Licht für das Baumwachstum

Allerdings stören die Buchen, die mit ihrem dichten Blätterdach kaum Sonnenlicht an den Boden lassen und so das Wachstum von Gräsern und Co. verhindern. "Der Biber versucht also Licht auf den Boden zu bringen. Wenn wir uns hier umschauen, gibt es so gut wie keine Bodenflora", sagt Neuruppins Stadtförster.

Und der Biber leistet für sich beste Arbeit: Es reiht sich Baum an Baum, bei denen die Rinde abgenagt ist – das endgültige Aus für die Buchen: "Der Saftfluss ist unterbrochen, so dass die Buche dann über Jahre abstirbt", erklärt Peter.

Quarzsand gegen den Biber

Auch im Revier bei Fristow – an Zermützel- und Teufelssee - ist der Biber seit vier, fünf Jahren verstärkt aktiv. Die Forstleute müssten nun einen Kompromiss eingehen zwischen dem Erhalt der Bäume und den Interessen des geschützten Bibers, erläutert der dortige Revierförster Frank Köhler vom Landesbetrieb Forst Brandenburg. So werden ausgewählte Bäume mit einem speziellen Schutzanstrich, dem sogenannten Schälschutz, bestrichen. "Da sind Quarzsandanteile erhalten, die für den Biber geschmacklich uninteressant sind beziehungsweise ihn davon abhalten, diese Bäume anzufressen", erklärt Köhler.

Nach Angaben des Brandenburger Umweltministeriums bietet das Bindemittel-Quarzsand-Gemisch einen langfristigen Schutz von zehn bis 15 Jahren. Und auch rund um Neuruppin sind Erfolge zu sehen. Bäume, die mit dem Schutz angestrichen wurden, lässt der Biber links liegen. Andere ohne Schutz direkt daneben sind angenagt. Allein im Neuruppiner Stadtforst wurden rund 600 Bäume damit bestrichen. Finanziert wurde der Einsatz über eine Förderrichtlinie des Landes.

Das Quarzsand-Gemisch kommt vor allem an Bäumen zum Einsatz, die besonders schützenswert sind – etwa stattliche Buchen oder Bäume, die dicht an Wanderwegen stehen und zur Gefahr für Spaziergänger und Wanderer werden könnten. Denn nach drei bis vier Jahren ist die angenagte Buche im Ernstfall abgestorben und kann umstürzen. "Da ist es teilweise schon zu gefährlich ranzugehen, um sie zu fällen", sagt Neuruppins Stadtförster Stephan Peter.

Um die Buchen zu schützen, werden ausgewählt Bäume mit Quarzsand-Gemisch bestrichen. (Quelle: rbb/Haase-Wendt)

Gefahr für den Wald?

Allerdings sorgen sich Wanderer und Spaziergänger, die sich an den rbb gewandt haben, auch um den Wald und seine Funktion als CO2-Speicher. Förster Frank Köhler beruhigt. Auch wenn es wichtig sei, alte große Buchen zu erhalten: "Das sehe ich eher entspannt, der Wald ist ein dynamisches System. Bäume sterben ab, werden zersetzt, dafür kommen neue nach. Das ist ja ein Kreislauf, in dem wir uns befinden."

Außerdem sei der Biber auch im Einsatz für die Natur. So sorge er mit seinen Dämmen dafür, dass das Wasser länger in der Landschaft bleibe. "Weil ehemalige Wiesenbereiche wieder vernässt werden. Da reden wir ja auch über den Moorschutz", sagt der Fristower Revierförster. Auch am Teufelssee zeigt sich das: Hier wurde lange Zeit versucht, künstlich den Wasserspiegel anzuheben – ohne Erfolg. Dann kam der Biber und errichtete mehrere Staustufen. Das hat den Wasserstand um bis zu einen Meter angehoben.

Die Förster beobachten aber weiter das Werk des Bibers. Aufgrund des Schutzanstriches rückt er weiter in die Wälder vor und vergrößert seinen Wirkungskreis. "Da müssen wir also vielleicht nochmal reagieren", sagt Neuruppins Stadtförster.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 18.01.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Björn Haase-Wendt

21 Kommentare

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  1. 21.

    >"Die vom Biber "zum Tode verurteilten" Buchen tragen aber dazu bei, dass die Kaminholzpreise sinken."
    Definitiv nicht. Ich habe gerade mal auf die Seite der RLV GmbH geschaut, die in der hier erwähnten Region als Tochterunternehmen der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Brandenburg (Wirtschaftsverein) die größten Waldflächen im Auftrag bewirtschaftet: Der Preis für Brennholz und Kaminholz Buche ist gegenüber 2023... was Wunder: gestiegen!

  2. 20.

    Holz verbrennen, wird das nicht verboten? 1. CO2 2. für den ach so öko Schnellplattenbau für mehr Wohnungen benötigt und wenn beides nicht zutrifft sinken die Preise ja auch ob der Allebaumfällung ob) Lebensraumraub, nicht nur gegen Biber wegen wieviel nicht kontrolliertfahrender Mobiler?

  3. 19.

    >"Oder am Ruppiner Kanal, wo kilometerweit mächtige Uferpappeln"
    Pappeln an Kanalufern bei durchnässter Erde mit wenig Halt haben nun mal den Nachteil, dass die bei Wind unvermittelt umfallen können, was den Kanal blockiert und die Uferbefestigung beschädigt. Zumal dies auch nur die Pappeln und Bäume unmittelbar an der Uferbefestung des Kanals betrifft. Die Bäume so 6 bis 10 Meter entfernt neben dem alten Treidelpfad betrifft dies nach meiner Sichtung nicht.

  4. 18.

    Auch in diesem Fall würden Wölfe helfen, wenn man es zu ließe. Denn Wölfe sorgen dafür, dass der Wirkungsradius der Biber wie auch anderer Wasserbewohner nicht ins ländliche ausufert.
    Das ist z.B. auch ein bekannter Zusammenhang zur Verbesserung der Flora OHNE den Biber in seiner Population zu bedrohen, sondern ledeglich seinen gewinnbringenden Wirkungsradius für das Gesamtökosystem positiv zu lenken.

  5. 17.

    Auch in diesem Fall würden Wölfe helfen, wenn man es zu ließe. Denn Wölfe sorgen dafür, dass der Wirkungsradius der Biber nicht ins ländliche ausufert.

  6. 16.

    Oder am Ruppiner Kanal, wo kilometerweit mächtige Uferpappeln gefällt wurden und werden. Anscheinend notwendig für die Uferbefestigung, damit halbnüchterne Hobbykapitäne demnächst schnell und sicher zwischen Kremmen und Oranienburg ballern können...

  7. 15.

    Die vom Biber "zum Tode verurteilten" Buchen tragen aber dazu bei, dass die Kaminholzpreise sinken.

  8. 14.

    Also der Biber ist mir allemale lieber wie diese Nutria-Landplage. Die schmecken aber auch nicht schlecht, das Fell ist auch ok und für guten Duft reicht auch regelmäßiges Waschen - also alles kein Grund für die Biberjagd. Bei der Landschaftsgestaltung könnte man aber durchaus auf den Baumeister hören. Wenn ufernahes Gehölz abgenagt ist sollte hier auch rechtzeitig mit "Opferbäumen" wie z.B. Weiden aufgeforstet werden. Darauf fährt der kleine Kerl nämlich richtig ab. Salweiden legen bspw. mal locker zwei Meter pro Jahr zu und sind auch ein recht kurzlebiges weiches Holz wie z.B. auch die schnellwüchsigen Pappeln. Kombiniert man Fraßschutz, Aufforstung und Pflege ist wirklich allen dauerhaft gedient.

  9. 13.

    GG ändern - Biber gehören nicht zur Natur - Nur Hunde dürfen an Bäume pinkeln und damit die Wurzeln angreifen, das Trinkwasser verseuchen, Jogger/innen gefährden - obwohl, hmm - die Biber sorgen doch für Hundestöckchen - also da muß ein Expertenrat gebildet werden, eine Klimakonferenz her unter Beteiligung des/der Beauftragten für Minderheitenschutz, denn noch und ja bald gibt es weniger Biber als Hunde .....;-) ach ja - und wenn die jetzt auch noch die Räude haben, auf Mini-Pinsa stehen, also des Menschen Fressfeinde sind

  10. 12.

    Ja, wir jetzt schon zu viele. Nur gehen wir der Erde überhaupt nicht gut um. Ernähren und ertragen könnte die Erde noch ein paar mehr, wenn das Leben nachhaltig sein würde.
    Als Lesetipp mal Dirk Rossmann "Der neunte Arm des Octopus" konsumieren. Ein paar nette Odden zur Rettung des Planeten drin. Wird aber mit dieser Menschheit nie funktionieren.

  11. 11.

    Die haben es ja schon geschafft, ganze Hänge im Böhmerwald leerzufressen.
    Also die Biber.
    Und im Amazonas-Gebiet-wenn das mal auch nicht die Biber waren/sind.

  12. 10.

    Beispielhaft für mich ein Gespräch mit einem Landschaftsplaner, der sich einerseits über biberbedingt abgestorbene Bäume an einem Bach aufregte und im gleichen Atemzug die Beseitigung eines kleinen Erlenwaldes zur Wiederherstellung eines historischen Mühlenteichs forderte. Merke: Natureingriffe des Menschen haben Gründe, wenn Wildtiere ähnliches tun, ist das ein unzulässiger Eingriff in menschliche Entscheidungshoheit.

  13. 9.

    Jetzt drehen wir das Ganze mal um, dass aus wenigen Menschen Milliarden geworden sind, und dass diese die einzigen sind, den Planeten Erde in jeder Form zerstören. Sollte man diese nicht mal langsam, oder besser ganz schnell, dezimieren, weil das Verhältnis nicht mehr stimmt? Na, den Aufschrei will ich jetzt hören ;-)

  14. 8.

    Aus einem Biber sind mehrere geworden. Und die fällen jedes Jahr aufs Neue mehr Bäume, als sie in in irgendeiner Form zu nutzen. Von wegen junges Grün. Es fallen mehr Bäume als welche nachwachsen können. Denn das verhindern dann andere Naturbewohner. Da stimmt das Verhältnis nicht mehr. Kann man sich leicht ausrechnen, wann die Bäume weg sind. Gut zu sehen an Stellen am Teltowkanal und Spreewald.

  15. 7.

    Der Mensch, jedenfalls die meisten, wollen nur Macht über andere. Egal, ob Tier, Natur oder Mensch!

    Die Natur ist viel intelligenter als der Mensch!! Der mit der Zerstörung der eigenen Lebensgrundlage untergehen wird!

  16. 6.

    Der Biber (wie andere Tiere) gehört auch zur Natur, nicht nur die Bäume. Will man nun wirklich volle Natur oder doch eher sowas wie Natursimulation fürs Auge und Gewissen? Wenn die Aufgabe des Waldes hauptsächlich als CO2-Speicher gesehen wird, dann ist es halt doch ein (CO2-)Wirtschaftsforst und kein Wald und in einem Fort kann man natürlich keine volle Natur dulden.

  17. 5.

    Endlich ist er wieder da, die Bäume im Wasser binden auch CO2, der Fraßschutz mit Sand ist intressant, hört sich ökologisch sinnvoll an, im öffentlichen Wald kann die Politik über Tolleranz diskutieren und entscheiden, der Bauer der davon lebt, muss aber weiter wirtschaften können, da muss man an der Vergrämung arbeiten und diese erlauben. Tatsächlich gibt es unter Buchen kaum jungen Aufwuchs bis diese mal umfallen, dann wird der Bieber auch nicht mehr so weit in den Wald müssen um Äste zu sammeln, ein attraktives Ufergehölz entsteht, auch für andere Tiere.
    Ist der Erhaltungsbestand gegeben sollte der Bieber auch wieder bejagd werden können, nach Quoten die festgelegt werden wie bei anderem Wild. Bieberbraten soll gut schmecken, Biebergeil soll gutes Parfüm geben und der Pelz eine tolle Jacke.
    Und am Ende liegt unser Konflikt mit der Natur einfach daran das wir zu viele Menschen für diesen Planeten sind. Das wäre mal ein Thema. Schon 1972 durch den Club of Rom erkannt.

  18. 4.

    Natur eben - die auch ohne den Menschen ganz gut zurechtkommt...

  19. 3.

    Wer das Eine will, muss das Andere mögen.... Ich habe als Kind mal an einem Schulausflug in dieser Region teilgenommen und damals ging es darum, den Bieber wieder heimisch zu machen. Wusste man damals nicht, wie Bieber so leben?

  20. 2.

    Der Biber ist ein natürlicher Landschaftsgestalter. Menschen sehen nur, dass etwas in ihren Augen "zerstört" wird, und möchten das Tier am liebsten einschränken. Dass Tiere oft die besseren Gestalter oder sogar wie der Wolf Bestandsregeler sind, können sich viele irgendwie nicht vorstellen. Ich hoffe, dass der Biber hier positiv dargestellt wird und dann entsprechend angenommen wird.

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