Berliner U-Bahnlinie - Die U12 ist viel mehr als eine Lückenfüllerin

Fr 11.04.25 | 16:09 Uhr | Von Felix Michel
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U-Bahn Linie 12 auf Brücke Richtung Schlesischem Tor (Quelle: chromorange/ SPA)
Bild: chromorange/ SPA

Direkt von der Warschauer Straße bis nach Ruhleben: Das macht aktuell die U12 in Berlin möglich. Eine Strecke, die eine lange Historie im Netz der Berliner U-Bahn hat. Eine dauerhafte Wiederbelebung wird es aber wohl nicht geben. Von Felix Michel

Fahrgäste der BVG können sich aktuell mal wieder für die U-Bahnlinie 12 entscheiden. Weil am Bahnhof Bülowstraße gearbeitet wird, fährt die U2 nur bis Gleisdreieck. Fahrgäste müssen dann auf dem Weg nach Ruhleben in die U12 umsteigen. Die kommt von der Warschauer Straße und fährt über den Wittenbergplatz weiter bis nach Ruhleben. So ganz neu ist diese Route allerdings nicht.

Grafik: Veränderte U-Bahn-Linien in Berlin (Quelle: Berliner Verkehrsbetriebe)
So verläuft aktuell die U12 - und weitere mit ihr verbundene Linien.Bild: Berliner Verkehrsbetriebe

Von den Anfängen der Berliner U-Bahn

Am 18. Februar 1902 wurde die östliche Stammstrecke als erste Hochbahnstrecke in Berlin vom Stralauer Thor (im 2. Weltkrieg zerstört) bis zum Potsdamer Platz eröffnet. Ab März fuhr die Bahn dann auch auf der westlichen Stammstrecke. Nach einigen Erweiterungen ging es Ende 1902 dann von der Warschauer Brücke über das Stralauer Thor und den Zoologischen Garten bis zum damaligen Knie (heute Ernst-Reuter-Platz).

Wie die U12 eine direkte Verbindung von Friedrichshain-Kreuzberg bis zum Ernst-Reuter-Platz. Mit dem Unterschied, dass die damalige Stammstrecke zwischen Gleisdreieck und dem Wittenbergplatz auf der Trasse der heutigen U2 verlief. Die U12 dagegen verläuft ab Gleisdreieck auf den Gleisen der U1.

Archivbild: Die Berliner U-Bahn vom Typ A1 im Jahr 1902 am Schlesischen Tor.(Quelle:picture alliance/dpa/A0009)
Die Berliner U-Bahn vom Typ A1 im Jahr 1902 am Schlesischen Tor.Bild: picture alliance/dpa/A0009

Diese Direktverbindung löste sich mit der Erweiterung des U-Bahn-Netzes im Laufe der Jahre auf. Wie im Netzplan der Hoch- und Untergrundbahn aus dem Jahr 1913 zu sehen ist, finden sich da schon fast deckungsgleich die heutigen U-Bahnlinien von U1 und U2. Von der Warschauer Brücke zum Theodor-Heuss-Platz ging es nur mit Umstieg. Den Komfort einer Direktverbindung sollte es erst Jahrzente später geben - während der Ost-West-Teilung Berlins.

Bei der West-BVG gab es sie wieder, die Direktverbindung von Ruhleben bis Schlesisches Tor mit der Linie 1. Die Warschauer Brücke wurde nicht angefahren, die lag im anderen Teil hinter der Mauer. Die Verbindung bestand fast dreißig Jahre. Bis Berlin wieder eins wurde.

Netz der Hoch- und Untergrundbahn im Jahr 1913 in Berlin
Netz der Hoch- und Untergrundbahn im Jahr 1913 in Berlin.Bild: Mauruszat

Die Bezeichnung U12 wird geboren

Mit der Wiedervereinigung und der Wiedereröffnung der Strecke zwischen Wittenbergplatz und Mohrenstraße im November 1993 (über Gleisdreieck und Potsdamer Platz) wurden die Linien im Kleinprofil neu sortiert.

Die direkte Verbindung zwischen Ruhleben und Schlesisches Tor – ab 1995 weiter bis zur Warschauer Straße – fiel weg. Zumindest tagsüber. Denn im Nachtverkehr an Wochenenden, den es seit 1990 auf den Linien U1 und U9 gab, wurde die direkte Verbindung weiter genutzt. Zur besseren Kennzeichnung dieses Nachtverkehrs wurde die Bezeichnung U12 eingeführt – unterstützt durch ein grün-rotes Liniensignal, das darauf hinweisen sollte, dass es sich um eine Kombination der Linien U1 und U2 handelt.

Erst 2003 wurde der durchgehende Nachtverkehr auf das gesamte U-Bahn-Netz (mit Ausnahme der U4) ausgeweitet. Damit kamen nachts auch die regulären Tageslinien U1 und U2 zum Einsatz – ein Umstand, der die Linie U12 überflüssig machte.

 

Die U12 fährt am Kottbusser Tor ein (Quelle: rbb/Michel)
Die Gegenwart: Die U12 fährt am Kottbusser Tor ein.Bild: rbb/Michel

Trotzdem ist die Linie U12 gar nicht so selten im Einsatz. Sie wird immer wieder bei besonderen Anlässen wieder aktiviert, etwa als Verstärkungsangebot bei Großveranstaltungen – wie zuletzt während der Fußball-EM 2024.

Die U12 hält zudem immer wieder als Aushilfslinie bei Bauarbeiten her: 2006 ist die U12 für ganze sieben Monate im Einsatz. 2011 für etwa fünfeinhalb Monate und zwischen April und November 2015 sowie von Juni bis August 2020. Eine Retterin in der Not sozusagen.

Und aktuell?

Fahrgäste, die aus Pankow kommen und in den Westen wollen, sind genervt von der U12. Da jetzt die Weiterfahrt nur mit Umstieg am Gleisdreieck möglich ist. Und zwischen 14. Und 27. April mit Pendelverkehr zwischen Gleisdreieck und Potsdamer Platz noch etwas nerviger wird.

Schlechte Karten haben ebenso alle Fahrgäste der U3. Die geht jetzt nur von Krumme Lanke bis Nollendorfplatz. Eine Verbindung nach Kreuzberg geht nur mit Umstieg.

Des einen Leid, des anderen Freud

Was die einen ärgert, freut bekanntermaßen andere: Wer nämlich von Friedrichshain-Kreuzberg gen Westen zum Zoo oder weiter nach Ruhleben will, kann jetzt sitzenbleiben und durchfahren. So dient die U12 aktuell auch als Alternative wegen der Sperrung auf der Stadtbahnstrecke.

Klingt alles kompliziert, wird aber dieses Jahr quasi der Dauerzustand. Die BVG treibt mehrere Bauvorhaben an U-Bahn-Haltestellen, Gleisen, Tunneln und Brücken voran, um das "in Teilen über 120 Jahre alte und sehr komplexe U-Bahnnetz fit für die Zukunft zu machen".

Ein dauerhafter Einsatz der U12 sei aber nicht geplant, so die Berliner Verkehrsbetriebe auf Rückfrage. Dann bleibt sie wohl weiterhin eine Retterin in der Not.

Beitrag von Felix Michel

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29 Kommentare

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  1. 29.

    Wie in Kommentar 7 und 9 schon richtig erkannt wurde, ist durch die Kreuzung der Linien über mehrere Gleise am UBhf Wittenbergplatz die alte Linie U1 nicht mehr möglich bei gleichzeitigern Befahren des Bhf mit der U2.
    Was dem Kommentatoren und erschreckenderweise auch nicht dem Journalisten bekannt zu sein scheint ist die Ursache.
    Denn in den Jahren vor der Grenzöffnung ging man noch von einer unerfüllbaren Grenzöffnung aus und hat die Unterführung der U2 soweit ich mich erinnere zugeschüttet und gegen eine ebenerdige Weichenlösung ersetzt, um wesentlich höhere Sanierungkosten der unterirdischen Brücke zu vermeiden.
    Übrigens: Man muss nur in einem alten Berliner Schulatlas schauen um zu wissen, dass die aktuelle Linienführung, wie hier behauptet, nicht die ursprüngliche Linienführung bis zur Spaltung Berlins war!!! Ansonsten die BVG fragen und nicht versuchen, öffentlich gefundene Gleispläbe auf eigene Faust zu interpretieren.

  2. 28.

    Wie kommen Sie eigentlich darauf das man nicht von Pankow nach Uhlandstrasse fahren kann ??

  3. 27.

    Sie vergleichen Dinge, die nicht zu vergleichen sind und machen aus unserem Staat eine Diktatur. In Ihrem Kopf scheint etwas durcheinander gekommen zu sein.

  4. 26.

    Als die Grünen regiert haben, ist beim ÖPNV auch nicht viel passiert. Die hatten mehr mit Radwegen und Sperrungen für Autos zu tun, statt sich darum zu kümmern das es bei der BVG rund läuft.

  5. 24.

    Das habe ich nicht geschrieben. Der gegenwärtige Senat macht es aus meiner Sicht jedenfalls nicht gut. Geschrieben habe ich: Im September 2026 sind Wahlen zum Abgeordnetenhaus.

    Und mal sehen. Wer sich verbindlich für welche Verbesserung des ÖPNV einsetzt.

  6. 21.

    Die u.bahnlinie 12 ist eine reine ba
    ustellenlinie eine dauerhafte u12 wurde den Verkehr der u1,u2, undu3 zum erliegen bringen

  7. 19.

    Die U12 ist derzeit vor allem eines: absolut unzuverlässig und eine Katastrophe. Am Görlitzer Bhf wartet man gern mal 20 bis 30 Minuten auf eine Bahn, und zwar ohne Streik. Das ist verkehrspolitisches Versagen!

  8. 18.

    Dass das für Sie sehr ärgerlich ist, kann ich absolut nachvollziehen und ich muss Ihnen leider sagen, das sich in nächster Zukunft daran leider nichts ändern wird. Es könnte höchstens noch schlimmer werden. Zum Teil ist in der Vergangenheit 40 Minuten keine U-Bahn nach Ruhleben gefahren.

  9. 17.

    Ich wohne in Ruhleben und finde die U12 eigentlich prima. Jedoch fallen momentan ständig Züge aus, so dass sie häufig nur im 20 Minuten Takt wirklich bis Ruhleben fährt! Sehr, sehr ärgerlich!

  10. 16.

    Wirklich toll dass es noch diese Erinnerungen gibt. Bitte mehr davon! Macht wirklich mal Spaß solche Beiträge zu lesen. Dankeschön

  11. 15.

    Geben Sie in die Suchmaschine "Berliner U-Bahn Gleisplan" ein. Bei den Ergebnissen können Sie sehen, welche Fahrmöglichkeiten beidseits der Station Wittenbergplatz bestehen.

    Und wenn Sie bspw. nach Liniennetzplänen ("Netzspinnen") der Berliner U-Bahn suchen, werden Sie aus der Zeit vor 1961 welche finden, auf denen die Linie Pankow-Krumme Lanke (oder Breitenbachplatz) eingezeichnet ist (Linie AII, analog dazu taucht bereits seit 1953, nach dem 17. Juni, die spätere Linie 1 auf, als Linie ABI). Übrigens gibt es auch heute (wenn nicht gerade gebaut wird) abendliche Aussetzfahrten von Pankow nach Fehrbelliner oder Breitenbachplatz, wo die Züge dann abgestellt werden.

  12. 14.

    Ausweislich im Internet verfügbarer Gleispläne gibt es keine direkte Gleisverbindung zwischen diesen Bahnhöfen. Sehr deutlich wird es, wenn man den Abschnitt zwischen Kurfürstendamm oben und Nollendorfplatz oben betrachtet, inklusive der vorhandenen Weichen. Eine direkte Durchfahrt im normalen Linienbetrieb ist nicht möglich.

  13. 13.

    Danke für die Erklärung für den Grund des Tausches. Ich bin beruflich kreuz- und quer in der ganzen Stadt unterwegs und muss fast immer irgendwo umsteigen. Insofern sind mir die genauen Streckenführungen eigentlich egal. Mich hatte nur gestört dass von einem Tag auf den anderen der Text vom Musical "Linie 1" nicht mehr gestimmt hat. Inzwischen habe ich den Schock aber schon fast überwunden :-)