Naturtourismus in der Prignitz - Von Rangertouren mit dem Solarboot bis zum Survival-Training

Eine Auszeit vom Lärm, Stress und der Hektik, das suchen viele Städter in der Prignitz. Die Region setze in der Vergangenheit vor allem auf den Radtourismus, stellt sich jetzt aber breiter auf für naturbegeisterte Urlauber. Von Björn Haase-Wendt
Fast lautlos fährt das solarbetriebene Elektroboot "Smüster Elw" - plattdeutsch für "liebenswerte Elbe" - über die Elbe bei Lenzen in der Prignitz. Nur der Wind pfeift, während der Biber am Ufer baut und Störche am Himmel ihre Kreise ziehen. Das Elektro-Umweltbildungsboot ist eines der Highlights der diesjährigen Saison vom BUND-Besucherzentrum Burg Lenzen, erklärt Vize-Leiter Heiko Bölk: "Wir fahren damit die Elbe flussaufwärts, schauen uns die Deichrückverlegung an – eine der größten in ganz Deutschland – und erklären etwas zum Flusssystem Elbe und den Auen, wie sie uns dienen können." Auf dem Boot haben bis zu 15 Personen Platz.

Yoga auf dem Solarboot
Jeden Mittwoch startet die "Smüster Elw" zur Ausfahrt am Lenzener Hafen. Hinzu kommen Bildungsangebote auf dem Wasser für Schulklassen, Firmen und Reisegruppen sowie niederschwellige Angebote, die auf den ersten Blick nichts mit der eigentlichen Umweltbildungsarbeit des BUND-Besucherzentrums zu tun haben: Yoga mit Handpan, gemeinsames Singen auf dem Wasser mit einem Chorleiter oder Gelplattendruck-Workshops.
Diese niederschwelligen Angebote seien wichtig, sagt Bettina Kühnast, die Leiterin des Besucherzentrums: "Die Menschen, die hier zu uns in die Naturlandschaft kommen, die suchen Ruhe und Zeit für sich selbst. Da hilft es oft nicht, mit viel Wissen und Theorie daherzukommen. Durch die Angebote wie meditatives Spazieren oder Yoga in der Flusslandschaft können wir viel schneller in Kontakt kommen." Im nächsten Schritt könne dann etwa die Entwicklung der Auenlandschaft in der Prignitz erklärt werden.

170 Veranstaltungen in dieser Saison
Die Einrichtungen der Naturschutzorganisationen BUND und NABU mit ihren Besucherzentren in Lenzen und Rühstädt haben ein riesiges Angebot für die diesjährige Saison geschaffen, das zum Saisonauftakt auf der Burg Lenzen präsentiert wurde. Über 170 Veranstaltungen sind für naturbegeisterte Urlauber und Tagesgäste entlang der Elbe in der Prignitz geplant – die Bandbreite reicht von Rangertouren zu den Kranichen im Rambower Moor, Fledermaus- Wanderungen bis zu Kanutouren auf der Löcknitz mit anschließender Weinverkostung oder bei Nacht. "Mit etwas Glück entdeckt man auch den Eisvogel und das ist einfach ein tolles Erlebnis, selbst für Erwachsene", sagt Heiko Bölk, der in Lenzen die Kanutouren anbietet.
Jugendliche sollen zum Survival-Training kommen
Aber auch Jugendliche, die bisher nur schwer zu erreichen sind, rücken stärker in den Blick. So plant das NABU-Besucherzentrum in Rühstädt im Sommer ein Survival-Trainingswochenende. Man wolle Jugendliche für die Umwelt zu begeistern, die von Internet-Survival-Videoformaten wie "7 vs. Wild" gar nicht genug bekommen, sagt der Leiter Felix Wolf: "Wir können auf YouTube sehen, wie Knossi im Wald oder auf einer Insel ist. Aber wie wäre das, wenn man selbst im Wald in der Natur ist, das Handy nicht zur Verfügung steht und versucht sich selbst durchzuschlagen. Das wollen wir - natürlich unter gesicherter Anleitung - mal aufgreifen."
Schwerpunkt bleibt in Rühstädt aber der Storch, immerhin ist das kleine Dörfchen als "Europäisches Storchendorf" ausgezeichnet. Das Besucherzentrum des Naturschutzbundes widmet sich mit Führungen und in zwei Dauerausstellungen dem Adebar nicht nur mit Blick in die Prignitz, sondern auf seine Bedeutung europaweit. Außerdem ist ab Juli eine Sonderausstellung zum Moorfrosch geplant – das Amphib des Jahres 2025. Gezeigt werden unter anderem Aufnahmen des Naturfotografen Max Kesberger.

Besucher wollen die Natur erleben
Für die Tourismusanbieter in der Region ist die Angebotsvielfalt im Bereich Natur und Umwelt eine wichtige Ergänzung. "Unsere Gäste wollen nicht nur das Bett und das Essen – das gibt es auch in Berlin. Hier in der Prignitz wollen sie auch die Natur erleben. Da ist es toll solche Partner zu haben", sagt Jonas Mog, der das Burghotel in Lenzen direkt neben dem BUND-Besucherzentrum betreibt. Die Prignitz sieht er mittlerweile beim Naturtourismus und dem Erholungsurlaub gut aufgestellt. "Dabei auch ein bisschen wegzugehen vom reinen Radtourismus. Die Städter suchen hier die Ruhe und ich kenne keinen anderen Ort in Deutschland, der so gut geeignet ist mal runterzukommen."

Auch die Stadtverantwortlichen in Lenzen haben den Trend erkannt. Wurde früher mit dem Besucherzentrum der Burg Lenzen und den Angeboten noch gefröstelt, wird mittlerweile der Schulterschluss gesucht. Die Burg übernimmt neuerdings die Aufgaben der Touristinfo in der Stadt und Bürgermeister Walter Jahnke (SPD) wünscht sich eine weitere Annäherung: "Der Naturtourismus ist ein großes Thema und was die Burg hier macht, das ist schon Gold wert. Wir müssen Wege suchen, wie wir noch stärker zusammenarbeiten können."
Die Stadt hat vor kurzem ein Tourismuskonzept zum Rudower See erstellen lassen. Damit soll die Verbindung über die Elbe, das Rambower Moor bis zum größten See in der Prignitz entwickelt werden. Die Prignitz sieht also ihre Chancen, indem sie noch stärker auf naturbegeisterte Urlauber setzt.
Sendung: Antenne Brandenburg, 11.04.2025, 15:10 Uhr