Postgesetz - Sollten Subunternehmen in der Paketbranche verboten werden?

Sa 23.03.24 | 09:15 Uhr | Von Anna Bordel
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Symbolbild:Ein Paketzusteller nimmt ein Paket von de Sackkarre.(Quelle:imago images/S.Simon)
Audio: rbb24 Inforadio | 23.03.2024 | Helena Daehler | Bild: imago images/S.Simon

Verdi möchte mit einem Verbot von Subunternehmen faire Arbeitsbedingungen für Paketboten sicherstellen. Branchenvertreter sehen die flächenendeckende Versorgung der Paketdienste dadurch gefährdet. Einen Vorreiter für ein solches Verbot gibt es bereits. Von Anna Bordel

  • Tausende Subunternehmer sind in der Paketbranche tätig, das Zollamt in Berlin kontrolliert diese regelmäßig und stellt dabei immer wieder Verstöße fest
  • Gewerkschaft Verdi kritisiert Missstände, Bundesrat will Verbot von nicht tarifgebundenen Subunternehmen
  • Branchenvertreter betonen, dass nur mithilfe von Subunternehmen auch eher ländliche Regionen, wie es sie in Brandenburg gibt, von allen Paketdiensten versorgt werden können

In den Tagen vor Ostern sieht manch einer sie noch öfter durch die Treppenhäuer hasten: die Paketboten. Die Gewerkschaft Verdi fordert, dass alle Paketzusteller direkt bei den großen Unternehmen wie DHL angestellt werden und nicht mehr bei Subunternehmen. Dadurch sollen ihre Arbeitsbedingungen verbessert werden. Die Forderung ist umstritten, nicht alle befürworten ein solches Verbot.

Das Postgesetz wird derzeit erneuert, dazu gab es am Mittwoch eine Anhörung im Bundeswirtschaftsausschuss. Während sich der Bundesrat für ein Verbot von nicht tarifgebundenen Subunternehmen ausgesprochen hat, lehnt das Bundeswirtschaftsministerium ein solches ab.

Diese Paketdienste sind in Deutschland tätig

Laut Bundesnetzagentur gibt es in Deutschland sechs große Paketdienste: Amazon, DPD, Deutsche Post DHL (DHL), GLS, Hermes und UPS. Die DHL hat demnach einen Marktanteil von mehr als 40 Prozent, während die anderen zwischen fünf und 15 Prozent haben. Für diese großen Unternehmen arbeiten Tausende nicht tarifgebundene Subunternehmen - manche mit nur sehr wenigen Mitarbeitern.

Bei der DHL sind eigenen Angaben zufolge nur zwei Prozent der Mitarbeiter bei Subunternehmern angestellt, bei den anderen Unternehmen sind es laut dem Bundesverbands für Paket- und Expresslogistik e. V. mehr. Verdi zufolge sind insgesamt mehr als die Hälfte nicht direkt bei den großen Diensten angestellt.

Vorteile von Subunternehmen in der Stadt und auf dem Land

Die Beauftragung von Subunternehmen birgt nach Experteneinschätzung Vorteile sowohl in Innenstädten als auch in ländlichen Regionen. In Innenstädten sorgen Subunternehmen laut Monopolkommission dafür, dass sich die Fahrtwegen verringern und die Straßen somit entlastet werden.

Auf dem Land würden demnach nicht überall so viele Pakete zusammenkommen, dass es sich für große Paketdienste lohnt, einen eigenen Standort zu eröffnen. Daher ist in solchen Gegenden der Monopolkommission zufolge nur mithilfe von Subunternehmen eine flächendeckende Zustellung der verschiedenen Paketdienste möglich.

Subunternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.

Marten Bosselmann, Vorsitzender des Bundesverbands für Paket- und Expresslogistik e. V.

Laut Verdi strukturelle Misstände in Subunternehmen

Das Verbot soll laut Verdi verhindern, dass weiterhin "strukturelle Probleme in der Branche gibt", wie Stefan Thyroke von Verdi dem rbb sagte. "Die Kosten fallen auf der letzten Meile an, die versucht man zu drücken und das geht zulasten der Beschäftigten", so Thyroke.

Beschäftigte - häufig mit Migrationsgeschichte - haben laut Verdi oft Verträge mit zwei Firmen, etwa für die Verladung und die Zustellung. Häufig gebe es Missstände wie 14-Stunden-Tage, Dumpinglöhne, Schlafen in Transportfahrzeugen oder unbezahlte Überstunden. Thyroke zufolge betreffen diese Missstände jedes fünfte, eventuell sogar jedes vierte Unternehmen.

Zollamt Berlin kontrolliert Subunternehmen regelmäßig

Das Zollamt Berlin führt bei den in der Stadt ansässigen Subunternehmen zwar regelmäßig Kontrollen durch, erhebt eigenen Aussagen zufolge aber nicht statistisch, wie viele Verstöße gegen das Arbeitsrecht dabei aufgefallen sind.

Welche Art von Verstößen vor allem vorkommen, ist hingegen schon bekannt: Diese Unternehmen melden laut Zollamt mitunter ihre Arbeitnehmer nicht zur Sozialversicherung an oder mit geringeren Stunden als diese tatsächlich gearbeitet haben. Um Schwarzlohnzahlungen in der Buchhaltung des Subunternehmers zu verschleiern, werden demnach entweder Umsätze verschwiegen oder Scheinrechnungen in die Buchhaltung eingebracht, die vortäuschen sollen, dass die Leistung tatsächlich von einem weiteren Subunternehmer erbracht wurden.

Subunternehmen in Fleischindustrie bereits verboten

Nicht alle sehen es so, dass es sich bei diesen Verstößen um strukturelle Missstände handelt. Marten Bosselmann, Vorsitzender des Bundesverbands für Paket- und Expresslogistik e. V. ist gegen ein solches Verbot. “Subunternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft”, sagt er. Ohne sie wäre eine flächendeckende Versorgung durch Paketzusteller gerade in ländlichen Regionen gefährdet.

Außerdem würden die Arbeitnehmer mit 2.300 bis 2.500 Euro Einstiegsgehalt beispielweise in Berlin-Mitte nicht schlecht bezahlt, findet er. Eine vom Verband durchgeführte Umfrage in den Unternehmen hat ihm zufolge ergeben, dass immerhin 84 Prozent der Mitarbeiter mit ihrer Arbeit zufrieden seien.

Auch wenn der aktuelle Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums ein Verbot für die Paketbranche nicht vorsieht, einen Vorreiter gibt es bereits. Erst 2020 wurden Subunternehmen in der Fleischindustrie verboten.

Sendung: rbb24 Abendschau, 21.03.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Anna Bordel

68 Kommentare

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  1. 68.

    In den Innenstädten sorgen Subunternehmer für kürzere Fahrwege. Im Umland kommen zu wenig Pakete an, dass es sich für die Unternehmen lohnt. Verstehe beides nicht. Früher gab es nur die Deutsche Post. Hat immer geklappt. Briefe und Pakete wurden meist am nächsten Tag zugestellt und nicht im Hausflur abgestellt. Da gab es halt grundsätzlich auch eine angemessene Bezahlung und normale Arbeitsbedingungen.

  2. 67.

    Neben der Frage der Arbeits- und Bezhlungszustände bei den Paketzustellern sollte man mal diskutieren, ob man die Paketzustellung nicht anders und besser organisieren kann:
    Zusteller, die die Pakete von DHL, UPS, Amazon, Hermes etc. gesammelt zu den Häusern oder gemeinsamen Sammelstellen (z.B. Spätis oder Läden, die mehr oder weniger Rund-um-die-Uhr-Öffnungszeiten haben)bringen. Weniger Paket-Vans in Zweiter Reihe und in den Einfahrten geparkt. Stichwort Dorf-/Kiezladen und unternehmensübergreifende Zustellung!

  3. 64.

    Der war jut! danke Kalle! Wünsche einen entspannten Rest-Palmsonntag mit Tüte.

  4. 63.

    Ohne Subunternehmer schafft es DHL doch gar nicht. Schlechte Erfahrungen mit DHL habe ich des öfteren gemacht (nicht geklingelt, Zettel nur eingeworfen u. irgendwo im 55 Parteien-Miethaus abgegeben oder einfach wieder mitgenommen an Paketstation. All das ist mir bei Sub. noch nicht passiert. Sehr kundenfreundlich von DHL!! (bin stark bewegungseingeschränkt).
    Das bei den Sub. die Entlohnung u. Arbeitsbedingungen nicht stimmen ist eine Sauerei und muss vom Bund reguliert/kontrolliert werden.

  5. 61.

    ???
    Für mich ist das DIE Kernaufgabe eines Arbeitsministers Ausbeutung und Missbrauch zu verhindern ... statt Lohnhöhen festzulegen, die er nicht bezahlen muss. Die Rahmenbedingungen und Kontrollen sind für die Allgemeinheit existentiell. Denn, wenn es nicht genug Einzahler gibt, wird es eng... da nutzt nämlich eine mittelstandsruinöse Erbschaftssteuer gar nichts. Sicher macht das viel Mühe. Aber der notwendige Job wird einfach nicht gemacht...dabei ist das wichtiger als in Talkshows zu sitzen und Lohnhöhen zu diskutieren. Dafür ist die Politik nicht da. Sonst haben bald alle Mindestlohn. Alle gleich wenig.

  6. 60.

    „Eine vom Verband durchgeführte Umfrage in den Unternehmen“
    Da lachen doch die Hühner

  7. 59.

    Na da beglückwünsche ich Sie doch dafür, dass Sie für Ihre Lebensqualität die asozialen Arbeitsbedingungen anderer Menschen ausblenden können.

  8. 58.

    Interessant mit welchen Argumenten Sie sich am Arbeitsminister abarbeiten. Dabei blenden Sie die Wirtschaftsliberalen Merz (Mr. BlackRock) und Lindner völlig aus, die schon an ihrer Koalition arbeiten. Den „Philosophen“ Habeck haben die schon auf der Reservebank. Dann brauchen die auch keinen Arbeits- und Sozialminister mehr, oder ersetzen ihn mit einem Feigenblat von der CDA - das sind die Hennen der CDU/CSU die vor den Wahlen gackern und danach keine Eier legen dürfen.

  9. 57.

    Es ist für mich eine SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT,
    dass ich mich mit einem Trinkgeld für den Service bedanke - ganz egal ob die DHL mir etwas nach Hause bringt oder ob es Subunternehmer sind. Denn ich erspare mir dadurch das Herumlaufen und Suchen in den Geschäften und habe somit mehr Freizeit.

    ABER leider ist das für Menschen in meiner Nachbarschaft K E I N EN Obolus als Dankeschön wert, sondern sie bringen gerade mal ein Danke zwischen den Lippen heraus.

  10. 56.

    Wenn die DHL weiterhin Aufträge an Subunternehmer vergibt, dann MUSS die DHL auch ihre Preise reduzieren, weil Subunternehmer ihren Angestellten KEINEN TARIFLOHN zahlen.

    Die DHL sollte ihr Personal aufstocken, dann erübrigen sich Subunternehmer.

  11. 55.

    Ich bestelle fast meine gesamten Klamotten online, da mein Mann und ich unsere Größen im stationären Handel nicht bekommen.

    Ich sehe bei meiner Arbeit oft "Freiberufler", die nur für einen Auftraggeber arbeiten - meist in der Baubranche oder als Reinigungskraft - damit der Auftraggeber keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen muss.

    Ich finde Subunternehmen und auch Barzahlung von Lohn sollten verboten werden. Es gibt nicht wenige, die so über's Ohr gehauen werden.

  12. 54.

    Defakto gibt es die Umschlagplätze längst. Lagerräume in den DHL Shops. Trotzdem bin ich für Tariflöhne für alle und ein Ende der Ausbeutung. Bezahlbare Mieten würden auch helfen, damit Fahrer aus Not nicht in ihren Autos oder im Schrebergarten schlafen "müssen".

  13. 53.

    Ja, beim staatliche Monopol des service public also der Daseinsvorsorge ist allein das Angebot dessen schon der Mehrwert.

  14. 52.

    Ich bestelle etwas und der arme Paketbote kommt erst gegen 20 oder sogar 21 Uhr bei mir an. Da finde ich es maßlos egoistisch, dann wegen des eigenen "Feierabendmodus" rumzugreinen. Einfach nichts bestellen, dann hat man abends seine Ruhe.

    Ich bestelle so manches, wo ich erst in zig stationäre Läden rennen müsste. Zu aufwändig. Und wenn der Bote dann den Weg zu mir runtergerannt kommt, dann wird er freundlich begrüßt, ich bedanke mich und er bekommt einen Obulus.
    So Leute, nun geht mal in Euch, wer von Euch nicht zu geizig ist, ein kleines Trinkgeld zu geben. Da wird es eng, nicht wahr?

  15. 51.

    Ick arbeite manchmal selbst für son Subunternehmer und krieg weniger als den Mindestlohn.

  16. 50.

    Am liebsten nichts mehr arbeiten und dafür sehr gut bezahlt werden?

    Natürlich bekommen auch Angestellte der SUB einen fairen Lohn und müssen auch die Zustellung innerhalb der Arbeitszeit schaffen.

    Letztlich handelt es sich um Jobs auf niedrigster Stufe. Und den gesetzlichen Mindestlohn bekommt jeder.

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