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Quelle: picture alliance/dpa-Zentralbild/J.Büttner

Elbe und Oder

Was Sie bei Hochwasserschäden wissen und tun sollten

Welche Gebiete sind von Hochwasser gefährdet?

Das Brandenburger Landesumweltamt hat Hochwasser-Risikokarten für drei Szenarien erstellt:

  • Niedrige Eintrittswahrscheinlichkeit: extreme Hochwasser mit einem Wiederkehrintervall von 200 Jahren und ohne die Wirkung von Hochwasserschutzanlagen
  • Mittlere Eintrittswahrscheinlichkeit: Hochwasser mit einem Wiederkehrintervall von 100 Jahren
  • Hohe Eintrittswahrscheinlichkeit: Hochwasser mit einem Wiederkehrintervall von 10 bis 20 Jahren

Nachfolgend ist das mittlere Szenario abgebildet, die rot schraffierte Fläche wäre dann mit Wasser bedeckt.

Wer kann Geld wegen Hochwasserschäden bekommen?

Alle, die eine sogenannte Elementarschadenversicherung für ihr Gebäude abgeschlossen haben, können ihrer Versicherung einen Schaden am Gebäude oder Hausrat melden.

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) warnt: "Eine Wohngebäudeversicherung oder eine Hausratversicherung allein reicht nicht aus." Zudem solle man gerade bei älteren Verträgen prüfen, ob wirklich auch Hochwasser und Überschwemmung vom Schutz abgedeckt sind, oder lediglich Sturm und Hagel.

Eine Elementarschadenversicherung haben laut des GDVs lediglich 42 Prozent der Brandenburger. Rund 14.000 Adressen in Brandenburg sind durch Hochwasser gefährdet. In Berlin sind es 151. Das ergab eine Untersuchung aller deutschen Adressen im Frühjahr 2024, die der GDV in Auftrag gab.

In besonders krassen Fällen von Hochwasser kann es sein, dass das Land oder der Bund mit Sonderhilfen für Geschädigte eingespringt, so geschehen etwa bei der Flukatastrophe im Ahrtal 2021.

Was muss ich VOR dem Schadensfall beachten?

Ich muss selbst versuchen, meine Schäden zu mindern. Im Fall von Hochwasser kann das etwa heißen: Wenn Tage vorher eine Hochwasser-Warnung für mein Wohngebiet ausgesprochen wurde, räume ich den Keller leer. Denn wenn der vollläuft und mein Hab und Gut dadurch zerstört wird, dann wäre das leicht vermeidbar gewesen. Mein Versicherungsschutz wird dadurch gemindert oder entfällt sogar.

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft verweist darauf, dass ich nur zumutbare Maßnahmen ergreifen muss und ich mich nicht in Gefahr begeben müsse.

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz verweist zudem darauf, dass bauliche Schutzmaßnahmen wie etwa Rückstauklappen in der Verantwortung des Hauseigentümers. Diese klappen sollen verhindern, dass im Hochwasserfall Abwasser aus der Kanalisation zurück ins Haus gedrückt wird. Dies sei bei weitem die häufigste Schadensursache bei Starkregenereignissen, so das Ministerium.

Wie weise ich einen Schaden nach?

Die Brandenburger Verbraucherzentrale [verbraucher-zentrale-brandenburg.de] rät: Ich sollte die Schäden dokumentieren. Einerseits mit Fotos, andererseits sollte ich eine Liste mit beschädigten Gegenständen anlegen. Dazu sollte ich die Einkaufsbelege legen oder zumindest Kaufpreis und -datum schätzen. Im Idealfall sollte ich nichts wegwerfen.

Dann sollte ich den Versicherer kontaktieren. Das geht in der Regel per E-Mail, Fax oder Brief an den Versicherer. Dabei sollte man darauf achten, die Schadensmeldungen zu dokumentieren und jedglichen Schriftverkehr aufzubewahren. Mache ich meine Meldung telefonisch, sollte ich das im Idealfall vor Zeugen tun.

Mit dem Versicherer sollte ich dann das weitere Vorgehen absprechen. Laut Verbraucherzentrale könne man nach einiger Zeit auchGeld verlangen: "Wenn alle Unterlagen vorgelegt sind, können Sie spätestens einen Monat nach Schadensanzeige eine Abschlagszahlung verlangen."

Wovon hängen meine Versicherungsprämien ab?

Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherer hilft bei der Ermittlung der Versicherungsprämien ein System namens Zürs Geo. Das steht für "Zonierungssystem für Überschwemmungsrisiko und Einschätzung von Umweltrisiken". Darin sind 22 Millionen Adressen in Deutschland eingespeichert, die in vier Gefährungsklassen eingeteilt sind.

Zu Klasse 1 gehören Adressen, die nach aktueller Datenlage nicht von Hochwasser betroffen sind - das sind in Deutschland rund 92 Prozent der Adressen. 6,1 Prozent gehören zur Klasse 2. Dort gibt es Hochwasser seltener als einmal in 100 Jahren. Klasse 3 beschreibt Lagen mit Hochwasser einmal in zehn bis 100 Jahren (1,1 Prozent) und bei Klasse vier gibt es Überflutungen mindestens einmal in zehn Jahren (0,4 Prozent).

Je höher die Klasse, desto höher der Versicherungsbeitrag. Um die eigene Gefährdungslage zu erfahren, bietet die Versicherungswirtschaft ein Tool an [dieversicherer.de].

Kommt die Pflicht-Versicherung gegen Elementarschäden?

Eine Versicherung gegen Elementarschäden wie Hochwasser und Starkregen ist bisher freiwillig. Doch das könnte sich ändern. Laut der Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Bundestag, Julia Verlinden, solle noch bis Herbst 2025 der Versicherungsschutz gegen Elementarschäden wie Hochwasser ausgeweitet werden.

Zuletzt hatten Bund und Länder im Juniüber die Absicherung gegen Elementarschäden beraten. Auf eine von den Ländern geforderte Pflichtversicherung gegen Elementarschäden konnten sie sich aber nicht einigen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sieht eine Pflichversicherung skeptisch.

Innerhalb der Bundesregierung lehnt die FDP eine Pflicht strikt ab und spricht sich stattdessen dafür aus, dass Versicherer Gebäudebesitzern ein Angebot für eine Versicherung machen müssen - das diese dann annehmen können oder nicht. Dafür spricht sich auch der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft aus.

Ist freiwilliger Versicherungsschutz gegen Hochwasser fair?

Hier gibt es verschiedene Aspekte. Vorteile der Versicherungspflicht wären etwa, dass aus Sicht der Versicherten das eigene Risiko auf mehrere Schultern verteilt wird. Wenn alle einzahlen müssen, könnten auch die Versicherungsprämien pro Kopf sinken. Auch müsste der Staat seltener einspringen, da die Schäden über die Versicherungen gedeckt werden. In den 2000er- und 2010-Jahren kam es in Berlin und Brandenburg zu Elementarschäden in Millionenhöhe.

Nachteile einer Pflichtversicherung wären, dass möglicherweise viele Menschen zusätzlich für eine Versicherung zahlen müssten, die sie selbst nicht zwingend brauchen, etwa weil aufgrund ihres Wohnorts kaum von Hochwasser betroffen sein können. Das könnte das Wohnen für Eigentümer und Mieter verteuert werden.

Zudem: Die Prämien könnten in Hochrisikogebieten dennoch hoch sein und Versicherte müssten diese dann zahlen. Das trifft etwa Menschen, die sich vor Jahrzehnten in einem heute gefährdeten Gebiet niedergelassen haben, wobei das Risiko in der Vergangenheit nicht absehbar oder geringer war. Durch den Klimawandel habe sich das Risiko erhöht, sagt Klimawissenschaftler Fred Hattermann im Interview.

Und letztlich greift der Staat damit auch in die Vertragsfreiheit der Bürger ein, was von einigen als Bevormundung empfunden werden könnte.

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