Schäden durch Überschwemmung - Woidke sieht Elementarschaden-Pflichtversicherung skeptisch

Mo 03.06.24 | 17:13 Uhr
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Teile von Reichertshofen sind am 02.06.2024 vom Wasser überflutet. (Luftaufnahme mit einer Drohne). (Quelle: Picture Alliance/Sven Hoppe)
Audio: Antenne Brandenburg | 03.06.2024 | Dietmar Woidke | Bild: Picture Alliance/Sven Hoppe

Von Überschwemmungen durch Starkregen sind laut einer Studie auch Teile Brandenburgs bedroht. Ministerpräsident Woidke steht einer Pflichtversicherung für alle Hauseigentümer gegen Hochwasserschäden dennoch skeptisch gegenüber.

  • Hochwasserschäden werden nicht von Standard-Gebäudeversicherung übernommen
  • Daher oft Milliardenhilfen durch Bund und Länder nötig
  • Mehrere Länder bringen nun Pflichtversicherung ins Spiel
  • Woidke skeptisch: besserer Damm- und Deichbau notwendig
  • Auch Eigentümerverband und GDV setzen auf Prävention
  • In Brandenburg 14.000 Häuser hochwassergefährdet - die meisten in Elbe-Elster

Überflutete Straßen, vollgelaufene Keller, unermüdliche Einsatzkräfte: Während in manchen Teilen der Hochwassergebiete Süddeutschlands die Wasserstände langsam zurückgehen, haben sich mehrere Bundesländer für die Einführung einer Versicherungspflicht ausgesprochen.

Einen solchen Vorschlag hatte es zuletzt aus Bayern und Hessen gegeben, weil Schäden durch Sturm oder Hochwasser nicht von Gebäudeversicherungen übernommen werden. Die Standard-Policen decken nur Schäden ab, die durch Brände, Blitzeinschläge, Sturm und Hagelschauer verursacht werden. Auch deshalb sind Bund und Länder nach Starkregen-Katastrophen wie im Jahr 2021 mit Milliardenhilfen eingesprungen. Durch den Klimawandel wird mit einer Zunahme derartiger Ereignisse gerechnet.

Die Höhe der in der vergangenen Woche von Dauerregen verursachten Schäden ist noch unklar. Das Wasser müsse erst ganz abgeflossen sein, bevor die Schäden überhaupt begutachtet werden könnten, hieß es beim Gesamtverbandes der Versicherer (GDV). Dem Verband zufolge sind nur rund 40 Prozent aller Gebäude in Deutschland gegen die finanziellen Folgen durch Naturgefahren versichert.

Woidke: Versicherungspflicht reicht nicht aus

Nach Angaben des GDV kostet eine Standard-Gebäudeversicherung für ein Einfamilienhaus in normaler Lage und mit Keller etwa 200 Euro im Jahr, bei einer Selbstbeteiligung von 250 Euro. Fügt man eine Elementarversicherung gegen Naturschäden hinzu, steigt die Prämie je nach Anbieter auf bis zu 300 Euro und mehr. Die Beiträge sind abhängig von der Wahrscheinlichkeit für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen. Grundlage dafür ist ein brancheneigenes, vierstufiges Geoinformationssystem zur Einschätzung von Naturgefahren.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte am Motag im rbb, er sehe eine Einführung einer Pflichtversicherung skeptisch. Diese könne zwar helfen, es sei darüber hinaus aber auch notwendig, auf Bundesebene Vorsorge zu schaffen - etwa durch präventive Maßnahmen wie den Deich- und Dammbau. Eine Versicherungspflicht allein reiche nicht aus, so Woidke.

Versicherer und Hauseigentümervertreter fordern Schutzmaßnahmen

Skeptisch äußerte sich am Montag auch der Eigentümerverband Haus & Grund. Zwar sei es ratsam, dass Hauseigentümer eine Erweiterung der bestehenden Wohngebäudeversicherung prüften. Verbandspräsident Kai Warnecke bezeichnete eine Elementarschadenversicherung als "sinnvolle Investition in den Werterhalt der eigenen Immobilie", zudem schütze sie vor existenziellen finanziellen Folgen, die durch Naturgewalten verursacht werden können.

Warnecke sprach sich jedoch gegen eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden aus, wie sie von einigen Landesregierungen gefordert wird: "Eine Pflichtversicherung verhindert keinen einzigen Schadensfall. Deshalb sollten wirksame Schutzmaßnahmen gegen Schäden durch Starkregen und Überflutungen im Mittelpunkt stehen."

Katrin Jarosch, Sprecherin des Gesamtverbandes der Versicherer (GDV), sagte dem rbb, Prävention müsse beim Schutz vor Überschwemmungen in Zukunft Vorrang haben. "Ein Versicherer kann nur die Schäden decken, für die er auch Kapital vorhält. Wenn wir sogenannte Jahrhundertwasser im Dekaden-Rhythmus haben, dann werden die Einnahmen der Versicherer durch Prämien nicht ausreichen", so Jarosch. "Wenn politisch gar nichts passiert, dann rechnen wir innerhalb der nächsten zehn Jahre mit einer Verdoppelung der Prämien."

Überschwemmungsgefahr in Elbe-Elster am größten

Bereits im Februar hatte der GDV in einer Studie mit Daten der Landesumweltämter ermittelt, dass allein in Brandenburg 14.000, in Berlin 151 Häuser in Überschwemmungsgebieten liegen. Die meisten hochwassergefährdeten Gebäude liegen im Landkreis Elbe-Elster – hier sind von den 38.200 Adressen rund 2.000 (5,3 Prozent) durch ihre Lage, wie etwa an der Schwarzen Elster, gefährdet. Es folgen die kreisfreie Stadt Brandenburg an der Havel und der Landkreis Dahme-Spreewald mit knapp 700 (4,2 Prozent) bzw. 540 (0,8 Prozent) Adressen in Überschwemmungsgebieten.

Der GDV fordert deshalb insbesondere, den Neubau von Häusern gefährdeten Gebieten zu stoppen. "Man muss sich auf Klimafolgen einstellen und dementsprechend planen, dazu gehört es auch, dass keine Häuser in Überschwemmungsgebieten gebaut werden", so Jarosch.

Nach schweren Unwettern im Jahr 2021 hatte der Bund 30 Milliarden Euro zum Wiederaufbau bereitgestellt. Betroffenen Bürgerinnen und Bürgern wurden Entschädigungen in Höhe von bis zu 80 Prozent des Schadens gewährt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 03.06.2024, 12:00 Uhr

27 Kommentare

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  1. 27.

    Nur das Autofahren im Gegensatz zum Wohnen eine freiwillige und eher unterkomplexe Spielart ist.
    Im Gegensatz dazu ist das Haftungsrisiko bei Elementarschäden in bestimmten Regionen finanzmathematisch nicht mehr zu vertretbaren Konditionen abbildbar, weil der Versicherer zukünftig jede Wette gegen den Versicherungsnehmer verliert.
    Wenn die endlose Flächenversiegelung, das Trockenlegen und die Bebauung von Mooren und Auen nicht rückabgewickelt werden kann, sollte man zum Bau von leicht wiederherstellbaren Bretterbuden übergehen.

  2. 26.

    Also 'ne Pflichtversicherung gibt es im Kfz-Bereich. Da zahlt auch der "50-Jahre-Unfallfrei-Fahrer" für den "Nachwuchs-Fittipaldi "mit. Ähnlich könnte das doch auch bei der "Häusleversicherung" gehen. Gestaffelt nach Risikogebieten, Wert der Immobilie und deren Verwendung. So könnten z.B. Mietshäuser ab einer bestimmt Anzahl an Mieteinheiten z.B. geringer taxiert werden. Würde den Mietern entgegenkommen. Fände ich fair.

  3. 25.

    Nicht alle Hausbesitzer sind reich, nicht alle Mieter sind arm. Nur so zur Einordnung.
    Der Klimaschutz ist erledigt, das Immer Weiter so zeigt wohin die Reise geht. Das ist nur der Anfang! Es wird die Regel sein dass es bei uns ordentlich kracht. Überflutung, Erdrutsche zum einem, die Dürremonate geben den Rest und rütteln schon an den Fundamenten.
    Prävention ist gefragt, Schäden vermeiden ist wichtiger als zu gucken wer was(nicht) bezahlt. Die CO2 User könnten dennoch ein bisschen dazugeben

  4. 24.

    Ob sie etwas zahlen, können ihre Mitmenschen nicht nachvollziehen. Erzählen kann jeder viel.

  5. 23.

    Warum entstehen Flutungen?
    Nicht nur durch das Wasser, ist ja klar. Dämme und Deiche im südlichen Raum nicht gesichert, gewartet? Da man dachte dies kommt nicht zu uns, eher in Küstenregionen, Mosel, Rhein etc.?
    Was sagt die Bodenbeschaffenheit aus?
    Gibt es genug Bäume, die mit ihren Wurzeln Die Erde festhalten damit kein Erdrutsch entsteht?
    Das alles sollte in Betracht des Wasserschutzes kommen.

  6. 22.

    Versicherungspflicht: und wenn es dann kommt, zahlen die nicht, wegen vieler Fallstricke und kleingedrucktes.

  7. 21.

    „ Warum muss rhetorisch immer wieder das eine gegen das andere abgewogen werden?
    Ist es nicht schlauer breiter zu denken.“

    Schlauer schon, aber eben nicht politisch „klug“, in einem förderalen System ;-)
    Ist ja bekanntermaßen nicht das einzige Thema, indem das Problem förderal zerlegt einem anderen oder keinem Ergebnis zustrebt, indem das eine gegen das andere ausgespielt (rhetorisch abgewogen) wird.

  8. 20.

    Ich bin im Prinzip für eine Pflichtversicherung aber nicht in der vorgeschlagenen Form. Pflichtversicherun muss heißen, dass nicht versicherbare Gebäude abgerissen werden müssen. Alles andere ist eine Farce. Warum soll ich irgendwem, der sein Haus auf einem bekannten Überflutungsgebiet gebaut hat, mit meinen Versicherungsbeitragen, oder schlimmer noch, mit meinem Steuergeld, alle fünf bis zehn Jahre eine Komplettsanierung bezahlen?

  9. 19.

    Es ist ein klein wenig anders….
    In Frankreich wurden die Versicherungen „verdonnert“ in ihre Versicherungen Elementarschäden mit aufzunehmen.
    Also banal… in der Haftpflicht sind Elementarschäden mit dabei, müssen also nicht extra versichert werden.
    Die Beiträge wurden auf 12% der Versicherungssumme festgeschrieben.

  10. 18.

    Warum muss rhetorisch immer wieder das eine gegen das andere abgewogen werden?
    Ist es nicht schlauer breiter zu denken.
    Also das Risiko zu minimieren durch Hochwasserschutz, Retention.
    Baugenehmigungen in solchen Gebieten eben nur noch gegen Nachweis der privaten Absicherung. Bürgschaft, Versicherung etc.
    Die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Ereignisse so gut wir können durch Klimaschutz zu minimieren.
    Und schließlich auch die unvermeidbaren Schäden durch entsprechende Kapitalvorsorge mit Risikofaktoren regulieren.
    Nur auf Hochwasserschutz fokussieren würde ich je nach Umstand auch als Subvention für die Anwohner in der ersten Reihe betrachten. Erhöht ja wahrscheinlich den Immobilienwert beträchtlich, wenn der Staat sich um den Schutz kümmert.

  11. 17.

    Es ist doch nicht zu verstehen wenn sich Eigentümer in Risikogebieten nicht gegen Elementarschäden versichern und im E-Fall natürlich die staatliche Hilfe erwarten. Da wird das Geld gespart, dann muss man auch mit eventuellen Konsequenzen leben können. Andere Hausbesitzer in Nicht-Risikogebieten tragen aus Vorsicht diese Kosten. Da es diese Versicherung gibt, kann man bei Nichtversicherung nicht nach der Solidargemeinschaft schreien.

  12. 15.

    Sie vergessen offensichtlich, dass die Elementarschadenversicherung Betriebskosten sind und somit bei Mietobjekten an die Mieter weitergereicht werden. Es würde also nicht nur die Hausbesitzer treffen, auch für alle Mieter wäre es eine Kostensteigerung

  13. 14.

    Was haben die Boomer denn jetzt schon wieder verbrochen? Wissen Sie, die haben die verfügbare Technologie genutzt, die sie für den Fortschritt hielten und für die die damaligen Regierungen Fördermittel gaben. Auch Sie tun heute nichts anderes, sie glauben, dass Klimapropheten Recht haben und vielleicht erklären Ihnen die Generationen nach Ihnen, dass Sie nicht besser waren als die Boomer, die Sie heute schuldig sprechen wollen. Ich kann es auch kürzer formulieren: Was Sie von sich geben ist an der Grenze zu Hass und Sozialneid auf Ältere. Vielleicht tröstet es Sie, dass Boomer Steuern auf Rente zahlen und damit Steuerzahler sind, genau wie Sie.

  14. 13.

    Wenn Private mal wieder für die Versäumnisse der Politik zahlen sollen. Oder wer ist für die Verkehrssicherheit der Infrastruktur zuständig - und hat dort nicht ausreichend im Sinne seiner Bevölkerung investiert?

  15. 12.

    Gerade bei "WISO" gesehen. Frankreich 96 % der Wohngebäude haben eine Pflichtversicherung. Durchschnittlich 26 Euro /Jahr.
    Kennt Woidke garantiert nicht.
    Übrigens, das ist keine Katastrophe sondern das Ergebnis jahrzehntelanger Ignoranz.

  16. 11.

    Wer ein Haus hat, hat kein Geld für Elementar-Versicherung? Das bringt mich echt zum Lachen.
    Nicht um sonst waren Häuserbesitzer früher nur Promis und Reiche. Hat wohl seinen Grund. Verkehrte Welt in Deutschland. Hauptsache Bauland vertickern und danach die Sintflut.

  17. 10.

    Die Menschen nehmen für Hauskauf und Hausbau hohe Kredite auf, investieren teils enorme Summen für's eigene Häusel und dann sind sie nicht bereit das Eigentum richtig zu versichern, weil die Risikoprämie zu teuer ist. Das kann ich beim besten Willen nicht verstehen.
    Und nach der Katastrophe im Ahrtal haben leider auch zu wenige Besitzer ihre Wohngebäudeversicherung "renoviert". Ich bin ganz klar für eine Versicherungspflicht für Eigentum und Person.

  18. 9.

    Schön, dass wir als Steuerzahler wieder einmal mehr die Zeche der Boomer zahlen dürfen, denen ein paar Euro pro Monat zu viel sind.
    Bei Härtefällen(!) darf die Solidargemeinschaft gerne helfen.

  19. 8.

    Herr Woidke stammt nicht von hier? Oder geht es ihm Wahlkampf?
    Am Freitag wurde ein Betrag zum Thema ausgestrahlt, wo ein Bürgermeister sich auch ablehnend zu einer verpflichtenden Versicherung äußerte. Der war aus Bayern und meinte, die Solidargemeinschaft hat immer funktioniert. Deshalb braucht man das nicht.
    Das sagt sehr, sehr viel.

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