Deutlich höhere Kosten - Berliner Clubs sehen sich durch Grundsteuer bedroht - Bezirk fordert Ausnahmen

Do 03.04.25 | 18:21 Uhr
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Das about:blank am 16.03.2025 Markgrafendamm am Ostkreuz in Berlin-Friedrichshain. (Quelle: Imago Images/Bernd Friedel)
Video: rbb24 Abendschau | 03.04.2025 | Anja Meyer | Bild: Imago Images/Bernd Friedel

Durch eine Gesetzesreform ist die Grundsteuer für Immobilien in den Berliner Innenstadt-Bezirken oftmals in die Höhe geschnellt. Das belastet auch Clubs. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg fordert nun, Clubs und Kultureinrichtungen von der Grundsteuer zu befreien.

Die Reform der Grundsteuer trifft auch die Berliner Clubszene. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg fordert, Clubs und Kultureinrichtungen von der Grundsteuer zu befreien. Für diese sei die Steuer existenzbedrohend, kritisierte Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne).

Es geht um gepachtete Bezirksgrundstücke. Durch die Grundsteuerreform fielen dafür allein in Friedrichshain-Kreuzberg 300.000 Euro Mehrkosten an, sagte Clara Herrmann. Sie forderte daher von der Berliner Landesebene, den Clubs und Kultureinrichtungen die Grundsteuer erlassen zu dürfen oder es so zu regeln, dass der Bezirk das entsprechende Geld aus dem Landeshaushalt bekomme.

Betroffen sind laut dem Bezirksstadtrat für Facility Management, Andy Hehmke (SPD), insgesamt rund ein Dutzend Clubs und Kultureinrichtungen, die Gebäude des Bezirks gemietet haben.

Clubs gehen von einer Vervielfachung der Kosten aus

Ariane Neitzel vom Club "About Blank" am Ostkreuz, sagte, für einen Club "in ohnehin schon prekären Verhältnissen" sei die Grundsteuerreform eine erhebliche zusätzliche Belastung. Sie appellierte, die Steuererhöhung für das vom Bezirk gemietete Gelände zurückzunehmen und Kulturprojekte von der Grundsteuer zu befreien. Zugleich hoffe sie auf Spenden.

Das "Yaam" fürchtet nach jetzigem Stand eine Grundsteuererhöhung von plus 1.290 Prozent. Sie sei "in Schockstarre", sagte die "Yaam"-Vertreterin Eka Neumann. Sophie Lembcke vom Berliner Ringtheater geht von schätzungsweise mehr als 3.000 Euro zusätzlichen Kosten durch die Grundsteuererhöhung aus, das wäre ein Plus von knapp 700 Prozent.

"Wo soll das zusätzliche Geld herkommen?"

Für die Clubs sei die neue Grundsteuer ein ernstzunehmendes Problem, sagte der Vorsitzende der Clubkommission, Marcel Weber, der Deutschen Presse-Agentur. In den Innenstadtbezirken wie Friedrichshain-Kreuzberg gebe es einerseits mehr Clubs als anderswo, andererseits steige dort die Grundsteuer stärker als in vielen anderen Bezirken. Bei den Clubbetreibern sei die Überraschung groß gewesen, als die neuen Grundsteuerbescheide zugestellt wurden. "Das ist auf jeden Fall bedrohlich. Wo soll das zusätzliche Geld herkommen?"

Zwar gebe es die Möglichkeit, Härtefälle anzuzeigen. "Aber die Finanzverwaltung geht erstmal davon aus, dass Clubs Wirtschaftsunternehmen sind und gucken müssen, wie sie das bezahlen", sagte Weber. Aus Sicht der Clubkommission ist das der falsche Ansatz.

Laut Bezirksstadtrat für Facility Management, Andy Hehmke, laufen es zurzeit auch Widerspruchsverfahren gegen die Grundsteuererhöhungen.

Der Haushaltsexperte der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Christian Goiny, warf dem Bezirk Versäumnisse vor. Dieser habe es nicht rechtzeitig im Bebauungsplan die Nutzungsmöglichkeit der Immobilie geändert - hin zu einer Clubnutzung. Das hätte eine niedrigere Grundsteuer bedeutet, argumentiert Goiny.

Auswirkungen der neuen Grundsteuer sehr unterschiedlich

Die Grundsteuer musste wegen eines Bundesverfassungsgerichtsurteils aus dem Jahr 2018 bundesweit reformiert werden. Die Richter hatten die bisherige Erhebung als grundgesetzwidrig eingeschätzt.

Seit 2025 gelten neue einheitlichere Berechnungsgrundlagen, bei denen der aktuelle Wert von Immobilien und Grundstücken stärker als zuvor berücksichtigt wird. Die Auswirkungen sind je nach Bezirk unterschiedlich: Die festgesetzten Beträge sind in Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte deutlich höher als zuvor, in anderen sind sie gesunken.

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41 Kommentare

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  1. 41.

    Deswegen sind die meisten Clubs trotzdem kommerziell und deren Preise auch nicht gerade auf dem Niveau eines kleinstädtischen Jugendclubs. Wer happige Preise nimmt muß auch die Kosten Tragen können. 12 Clubs 300.000 €macht im Schnitt rund 2000€ im Monat sind da auf den ersten Blick nicht viel. Mehr geht aus den Artikeln hier und im Tagesspiegel nicht hervor. Nur da hier soviel mit Begriffen wie: "Bis zu" und Prozentzahlen gearbeitet wird, macht mich das schon misstrauisch. Aber ich und auch Andere können das nicht wirklich beurteilen. Ausv vielen Parks hat man "die Jugendlichen" die ihr eigenes Ding durchgezogen haben, weil sie sich die Clubs nicht leisten können, schon verbannt. Da sollte man mit der Unterstützung und sei es nur eine stillschweigende Duldung anfangen.

  2. 40.

    Verstehe ich nicht! Legt der Bezirk nicht den Hebesatz selbst fest und verfügt somit um ein Mittel gut gegen hohe Grundsteuern anzugehen?

  3. 39.

    Schön auf den Punkt gebracht, dass einige Grundsteuer wertbescheide aus dem Ruder laufen.
    Zu fragen ist, ob dieses an welchen Faktoren liegt.
    Ist es der Boden richt wert? Die Erklärung ungenau abgegeben? Die Zu und Abschläge nicht sauber erklärt.
    Meine Meinung kann die Grundsteuer über eine härtefall Regelung geklärt werden. Hier für die Eigentümerin des Grundstückes. Die Kultur sollte über andere Systeme sich finanzieren können. Neben den Erlösen aus dem Betrieb auch bestimmte Projekte finanziell öffentlich fördern. Fördern zu gunsten der Kultur und nicht dem Grundstück.
    Das ist an der Spree und im roten Rathaus noch nicht angekommen.

  4. 38.

    Man braucht doch bloß eine Steuer erheben auf die Drogen, die dort vertickt werden. Dann geht die Rechnung wieder auf.

  5. 37.

    Geht's noch? Wie einfallslos ist das denn und immer wieder dasselbe, Ausnahmen forden/vorschlagen,
    Bei Parkzonen(Handwerker Pflegedienste, Allrad 7m Camper 100.000€? als Behindertenfahrzeug z B.
    im Graefekiez, Sonderregeln für den Gastroabfall im öffentlichen Raum z.B. Görlitzer Str., Sonderregeln für sogen. Sharing Fahrzeuge und nun die Clubs.
    Nach welchen Regeln funktioniert diese Stadt, Regeln für die Mehrheit und Ausnahmen für alle, die laut sind.
    Das macht die politischen Entscheidungen nicht akzeptabler und ihre Vertreterxxx auch nicht.

  6. 36.

    Wenn den Betreiber es zu teuer wird können die doch umziehen (Reinikendorf, Spandau, Buch, ...).
    Und wenn man unbeding DA sein Club/Kneipe betreiben will, muss man sich der (auch nur möglichen) Kosten bewußt sein.
    Ist doch bei Wohnungen auch so.

    Und wenn man das Titelbild betrachtet (am Ostkreuz), was glauben denn die Betreiber überhaupt wie lange diese Gebäude/Gebiete noch so bleiben, 300 Jahre?
    Als Beispiel der Bereich (Viereck) S-Treptower Park - U-Frankfurter Allee - U-Frankfurter Tor - U-Schlesisches Tor, wo gibt es noch eine solch Club-/Event-Dichte!

  7. 35.

    "Die berliner Clubs gehören seit 2024 zum Weltkulturerbe."
    Gemeinnützig anerkannt mit Steuervorteilen sind die damit lange nicht.

  8. 34.

    Finde ich ganz und gar nicht.
    Es ist eine Einschätzung bzw. Ansicht die erlaubt sein sollte.
    Aber wenn es z.B. um den Verschmutzungsgrad in Friedrichshain-Kreuzberg gehen würde, müßte die Grundsteuer ganz entfallen.

  9. 33.

    “…. schließlich keine gemeinnützigen Einrichtunge…..“
    Die berliner Clubs gehören seit 2024 zum Weltkulturerbe.

  10. 32.

    Schön gesagt. Das sind immer die, die nach dem Fahrrad-Prinzip leben: Nach oben buckeln, nach unten treten...

  11. 31.

    Ach echt…. Na dann schauen sie mal wer die 5,5% Soli noch zahlt und wer nicht …

  12. 30.

    >"Wenn sich das Unternehmen „Club“ nicht rechnet, sollte das Geschäftsmodell überprüft oder aufgegeben werden."
    Solch ein Geschäftsmodell gibt es: Gemeinnütziger Kulturverein. Gemeinnützig anderkannte Vereine sind von der Grundsteuer befreit, wenn die Immobilie zum Zweckbetrieb "Kultur" gehört.
    Nur: Ist natürlich nicht jedem vergönnt, auch die Immobilie zu besitzen, in der er seinen Club betreibt.

  13. 29.

    Woher wissen Sie, dass "alle" Millionäre keine Erbschaftssteuer zahlen müssen? Und ich kenne persönlich zwei der Berliner Club-Betreiber, die jetzt selbst Millionäre sind. Als hören sie auf so zu tun, als wäre das Klassenkampf.

  14. 28.

    Schön wären ein paar Zahlen gewesen. Was setzt ein Club im Monat um, was nimmt er ein? Eintritt- und Getränkepreise? Die Clubs beschweren sich gern über hohe Kosten und gefühlt gibt es jedes Jahr Berichte über drohendes Club-Sterben. Aber sie machen ja weiter. Auch lustig, dass der Bezirk sie unterstützen will aber vergessen hat, seine Arbeit zu tun und die rechtlichen Grundlagen zu ändern. Typisch Berlin.

  15. 26.

    Sollte die damit durchkommen, gehe ich bis vors Verfassungsgericht. Grundsteuererlass für Clubs………ich glaubs nicht.

  16. 25.

    Clubs sind keine Kultur. Auch wenn es in Berlin gern so gesehen wird. Obwohl, die machen wieder ein Theater um sich selbst... Wie im Kino...
    Sollen doch die "ich-möchte- aber-besonders-wichtig-sein-Clubs", die Preise erhöhen.
    Wer Spass will, der zahlt doch dafür...

    Lebensnotwendig sind ANDERE DINGE ... Da ist Förderung wichtig und richtig...

  17. 24.

    Sind Clubs nicht nur deshalb entstanden, damit Menschen die Feiern wollen, und kein Grundstück besitzen, das nicht auf Straße und Hinterhof tun? - Weil eine horde betrunker Jugendlicher im Hinterhof laut ist? Grade nach Corona, und jetzt wo es warm wird, brauchen viele junge Menschen gar keinen Club mehr, die kaufen sich den Alk im Späti verbinden Ihre tragbaren Lautsprecher mit dem Smartphone, und los geht die Party! (Viele finden es ohne Eintritt, Einlasskontrolle, etc auch besser. Nur gibts keine Toiletten, Diebstähle sind wahrscheinlicher, und Täter aller Art können schneller im Dunkeln verschwinden. Ein Club bietet minimale Sicherheit (Licht, pot. Zeugen, Security), und lässt sie besser schlafen als wenn Leute nachts vor Ihrem Fenster feiern!

    210000€ für einen Club, der vlt an 100 Tagen im Jahr 100-300 Menschen Publikum hat, macht 21-7€ mehr Eintritt pro Nase - da Feier und Uriniere ich dann lieber, in Ihren Hinterhof... Wo genau wohnen sie?

  18. 23.

    Die Grundsteuer zahlt immer der Mieter oder Pächter soweit vorhanden. Und wenn ich dann sehe, dass für das Grundstück mit Villa in Dahlem der selbe Betrag von 9000 € pro m2, wie für das Milchhäuschen und das Freibad in Weißensee angesetzt wird, komme ich nicht mehr mit. Die Pächter vom Milchhäuschen haben das Handtuch geschmissen, mal sehen, wie lange der Pächter vom Freibad mit der Erhöhung von 770,31 Euro auf 36.946,93 Euro überlebt.

  19. 22.

    Es ist ganz klar, dass das Baurecht eine höherwertige Nutzung zulässt. Also ist gegen die Grundsteuerbescheide grundsätzlich nichts einzuwenden

    Wenn de Bezirk Baurecht schaffen will, welches eine geringe bauliche Nutzung festsetzt, zum Beispiel Clubs, steht es fhm frei, das zu tun. Möglicherweise fallen dann Entschädigungen der Grundstückseigentümer an.


    Offensichtlich hat der Bezirk es verpeilt. Liebe Bezirksbürgermeistern Herrmann, Sie haben Ihre Verwaltung nicht im Gruff! Die Grundsteuerreform war seit Jahren absehbar. Statt über Verpollerungen nachzudenken hätten Sie die Clubszene rechtzeitig schützen müssen, indem Sie geeignetes Baurecht geschaffen hätten. Stehen Sie für Ihre Fehler ein!!!