Kampagne gestartet - Wohlfahrtsverbände in Brandenburg wehren sich gegen Sparpolitik

Mo 14.04.25 | 17:36 Uhr | Von Claudia Stern
  26
„Nö! Da kannste nich kürzen.“ ist der Slogan einer Kampagne der Wohlfahrsverbände in Brandenburg, die am Montag gestartet ist. (Quelle: rbb/Claudia Stern)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 14.04.2025 | Andreas König | Bild: rbb/Claudia Stern

"Nö! Da kannste nich kürzen", lautet der Slogan einer nun gestarteten Kampagne der Wohlfahrsverbände in Brandenburg. Sie erinnert - natürlich an die Landeskampagne und richtet sich gegen die Sparpläne der Landesregierung in vielen Sozialbereichen. Von Claudia Stern

"Da kannste nich meckern“ lautet der Slogan der neuen Imagekampagne Brandenburgs. Das aber sehen die Wohlfahrtsverbände im Land ganz anders. Es sei "kein Kahlschlag", aber "bittere Einschnitte", die der Haushaltsentwurf der rot-lila Landesregierung für den sozialen Bereich mit sich bringe, sagte Andreas Kaczynski, Vorstandsvorsitzender der Liga der freien Wohlsfahrtspflege und Vorstand des Paritätischen Brandenburg am Montag bei einem Pressegespräch in Potsdam.

Brandenburg setze die Familien unter Druck. Wer Kinder habe oder Angehörige betreue, sei direkt von den Sparplänen betroffen, so Kaczynski weiter. Deshalb die Kampagne. Deshalb: "Nö! Da kannste nich kürzen."

"Familien brauchen Sicherheit, Familien brauchen Planbarkeit"

Aber wo soll denn überhaupt konkret gekürzt werden? - Da geht es ins Detail. Beispiel Kinderbetreuung: Hier plant die Landesregierung eine lang ersehnte Verbesserung zurückzunehmen, die ab August greifen sollte. 2023 hatte der Landtag beschlossen, den Personalschlüssel in der Krippe – also bei den Unter-Dreijährigen – zu verbessern. Demnach sollte eine Erzieherin rein rechnerisch für vier Kinder zuständig sein. Nun sollen es weiterhin 4,25 Kinder bleiben.

Ein Viertel Kind mehr oder weniger pro Erzieherin… klingt wenig, spiele aber unterm Strich eine wichtige Rolle, wenn es um frühkindliche Bildung und Erziehung geht und nicht nur ums Aufbewahren der Kinder. "Familien brauchen Sicherheit, Familien brauchen Planbarkeit", sagte Katharina Queisser von der Elternvertretung Brandenburg. Deshalb könne es nicht sein, dass ein Versprechen nicht eingehalten wird. "Brandenburg muss aufholen und nicht ausbremsen."

Hinzu komme, so Angela Schweers, Vorstandsvorsitzende der AWO Potsdam, dass das Kita-Personal in der Praxis ohnehin deutlich mehr Kinder betreut, da Krankheit, Urlaub und lange Betreuungszeiten beim Personalschlüssel nicht berücksichtigt werden. Die Folge: Die Qualität leidet. Und: Fachkräfte werden über die Maßen belastet. Die Attraktivität des Erzieher-Berufs sinke.

Bildungsministerium verteidigt Sparmaßnahme

Das Landesbildungsministerium will diese Vorwürfe nicht gelten lassen. "Im Mittelpunkt aller Anstrengungen der Landesregierung in der Kindertagesbetreuung steht das Kind", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Brandenburg habe den Personalschlüssel über Jahre verbessert, um "mehr Zeit für jedes Kita-Kind, eine noch höhere pädagogische Betreuungsqualität und besser Arbeitsbedingungen für Fachkräfte" zu ermöglichen. Bis 2015 habe eine Fachkraft rechnerisch noch sechs Krippenkinder betreut, heute seien es immerhin nur noch 4,25 Kinder. Die geplante weitere Verbesserung des Personalschlüssels im Krippenbereich werde nun ausgesetzt. "Vorrang hat nun, die Grundlagen dauerhaft zu sichern."

Lange Betreuungszeiten auf der Kippe

Weiterer Einschnitt bei der Kinderbetreuung: Ab 2026 will die Landesregierung laut Haushaltsentwurf die Finanzierung verlängerter Betreuungszeiten von mehr als 40 Stunden pro Woche ersatzlos streichen. Dabei sei der Bedarf hoch, sagte Schweers. Zahlen des Landesamts für Statistik belegen, dass 2024 über zwei Drittel der Kita-Kinder mehr als 40 Stunden pro Woche in den Einrichtungen verbrachten. Entfalle die Förderung durch die Landesregierung, drohen verkürzte Öffnungszeiten der Kitas, da die Träger keine Möglichkeit mehr hätten, das notwendige Personal zu bezahlen. "Das heißt natürlich, wenn ich nicht 40 Stunden arbeiten kann, dann gehe ich in den Teilzeitjob. Und Teilzeitjobs sind für die Rente sehr schädlich. Da haben wir ein großes Armutsthema", so Schweers. "Das geht nicht."

Wirtschaft: Kita-Kürzungen sind kurzsichtig

Unterstützung kommt in diesem Punkt auch aus der Wirtschaft. Einsparungen bei der frühkindlichen Bildung und Betreuung seien nicht nur schmerzlich, sondern auch kurzsichtig, sagte Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg. Eine gezielte Unterstützung schon sehr kleiner Kinder stärke nachweislich ihre Entwicklung und ihre Chancen auf gute Leistungen in der Schule. Und: "Wie gut Brandenburg mit den Veränderungen in der Arbeitswelt zurechtkommt, entscheidet sich ein Stück weit auch an den Öffnungszeiten der Kitas." Denn sie seien ein entscheidender Hebel dafür, ob und in welchem Umfang Eltern arbeiten können. "Wenn die Landesregierung an den nötigen Öffnungszeiten spart, werden die Firmen dies direkt im Personalbestand spüren", so Schirp.

Auch Schwangerenberatung und Familienzentren unterm Hammer

Geld – sogar mehr Geld als bislang – braucht die Schwangerenkonfliktberatung im Land Brandenburg. Die sei zwar vom Gesetzgeber vorgeschrieben, sei aber in Brandenburg seit Jahren unterfinanziert, sagte Andrea Asch, Vorständin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. In fünf Regionen mussten deshalb bereits Beratungsstellen schließen, in drei weiteren wurden Beratungsangebote eingeschränkt.

Der aktuelle Haushaltsentwurf bringe keine Lösung des Problems. Vielmehr werde es sich verschärfen, so Asch. Wenn der Zuschuss aus dem Landeshaushalt nicht adäquat erhöht werde, würden weitere Beratungsstellen zur Aufgabe gezwungen sein. Die Versorgungslage werde sich weiter verschlechtern. "Damit ist dieses bundesgesetzlich verankerte Recht auf Beratung gefährdet", warnt Asch.

Ähnlich steht es den Wohlfahrtsverbänden zufolge auch um die Finanzierung der Familienzentren. Hier wolle die Landesregierung 400.000 Euro sparen. Dadurch seien elf Zentren – und damit jedes fünfte in Brandenburg – von der Schließung bedroht. Gerade für sozial schwache Familien sowie im ländlichen Raum sei die Beratung und Unterstützung der Familienzentren aber besonders wichtig, sagte Jens Uwe Scharf vom Caritasverband Erzbistum Berlin. "Gute Familienpolitik ist die Voraussetzung für eine gute Wirtschaftspolitik", appellierte auch er an die Landesregierung. Und deshalb: "Nö! Da kannste nich kürzen."

Sendung: Brandenburg aktuell, 14.04.2025, 19:30 Uhr

Beitrag von Claudia Stern

Nächster Artikel

26 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 25.

    "Aber ich habe mein Eigentum vermehren und zusammenhalten können, dabei auch die Not anderer ausgenutzt, z. B. Immobilien in Zwangsversteigerung erworben, als alles noch billig war. "

    Und darauf sind sie auch noch stolz? Andere haben sich mit harter, ehrlicher Arbeit versucht etwas auszubauen und sind von den Banken über's Ohr gehauen worden oder haben anderweitig die Raten nicht mehr bezahlen können.

    Sie können wahrlich stolz auf sich sein.

  2. 24.

    Ich vermeide Kredite, denn dafür muss ich Zinsen zahlen. Man lernt aus Fehlern, es ging mir nicht immer blendend. Aber ich habe mein Eigentum vermehren und zusammenhalten können, dabei auch die Not anderer ausgenutzt, z. B. Immobilien in Zwangsversteigerung erworben, als alles noch billig war. Heute wäre es mir nicht mehr möglich jedem Kind ein Haus zu schenken, das erledigte ich schon vor fast 20 Jahren. Ich finde es sehr bedauerlich, dass es jungen Menschen heute kaum noch möglich ist aus eigener Kraft Wohneigentum zu erwerben. Deshalb bin ich sehr froh darüber, zur rechten Zeit die richtigen Entscheidungen für meine Familie getroffen zu haben. Was Erbschaft anbelangt, die sie als leistungsloses Einkommen ansehen, muss ich fragen, welche Leistung der erbrachte, der die Erbschaftssteuer kassieren will. Hand aufhalten und keine Schwiele?

  3. 23.

    Das mache ich bereits und zwar alle 10 Jahre, somit gibt es für meine Familie an dem Tag, an dem ich zur Hölle fahre nicht das dicke Ende in Sachen Erbschaftssteuer, denn ich muss mein Vermögen nicht bebrüten, ich kann es verteilen, solange die Hand warm ist.

  4. 22.

    Neid der Besitzlosen.
    So Ihr Satz:
    Zeigt klar Ihre Meinung wieder.
    Wie gut das wir in Mitteleuropa leben, das gerade von den unterschiedlichen Meinungen lebt.

    Seit klar ist das mit cum Ex und ähnlichen Modellen, das Vermögen das Eigentum aufgebaut ist, ist auch klar, dass das vermeintlich Eigentum der Steuer unterliegt.
    Und ich spreche hier nicht von einem Betriebsvermögen eines kleinen und mittleren Unternehmen. Und ich spreche hier nicht von einem Sieben stelligen Jahreseinkommen.
    Was wohl für ein Gedanken unterwegs ist, wenn über Besitzlosen gesprochen wird und nicht vom Eigentum.

    Bei der Kürzungen der sozialen Projekten, zeigt die Regierung die kreative Phase. Oder will ich nochmal nach und denken.

  5. 21.

    Warum kürzen sie nicht erst einmal bei sich? Wer sind sie denn eigentlich? Robin Hood?

  6. 20.

    Wenn du Multimillionär bist, kann ich die Sichtweise verstehen. Falls nicht, haben die Parolen der letzten Jahrzehnte bei dir Wirkung gezeigt.
    Wenn der Milliardär das Land verlässt, kann er trotzdem dazu gezwungen werden den deutschen Steuersatz zu zahlen. Ist ganz einfach per Gesetz möglich.

    Geld ist übrigens zum Ausgeben da. Wenn alle nur sparen würden, würde die Wirtschaft zusammen brechen. Vergessen viele oder wissen es erst gar nicht. Also ist der Lebemann für den Staat wertvoller als der Sparer.
    Und wenn jemand Millionen vererbt bekommt, ist das leistungsloses Einkommen, also kann darauf auch eine Steuer anfallen. Die Freibeträge sollten natürlich hoch genug sein.

  7. 19.

    Liebe Userin,
    Mit dem Text:
    kapier immer nicht wieso jetzt jeder bereich denkt er wäre was besonderes. die zeiten sind schwer. und sie werden schwerer. wir sind auf einem level da trifft es jeden. nicht nur arme. zurecht.
    findet euch damit ab.
    Treffen Sie den Nagel auf dem Kopf.
    Auch der Satz " findet euch damit ab" ist richtig. Ob er auch vollständig ist, kann eine jede ,kann ein jeder für sich selbst beantworten.
    Der Gesellschaftliche Frieden, wird auch durch soziale Projekte erhalten. Ich könnte, könnte auch den Bäcker des vertrauen bitten, Kuchen zu liefern statt Brot. Dann findet sich ein Anwalt der in der Schule, beim Thema Frankreich mitgeschrieben hat bzw sich noch erinnert.
    Das der Haushalt nur auf dem Rücken der schwächsten saniert werden kann, zeigt die eingeschränkt Sicht auf die Dinge, und dann sage ich, findet Euch damit ab, mit den Konsequenzen.

  8. 18.

    Sie verstehen das nicht? Ich auch nicht! Wenn das Kürzen beendet ist, weil der Multimillionär irgendwann keiner mehr ist oder mit seinem Geld dem Land ade sagt, woher soll das Geld dann kommen? Das ist irgendwie wie die Geschichte von der Maus und dem Fettnäpfchen.
    Ich bin übrigens auch gegen die wieder lauter werdende Forderung nach Erhöhung der Erbschaftssteuer. Wenn 2 Personen gleichviel Einkommen haben, der eine es für sonstwas ausgibt und der andere spart, dann ist es ungerecht, dass die Kinder des Sparers den Kindern des Lebemanns was abgeben sollen. Die Neubewertung von zu vererbenden Immobilien sorgt schon dafür, dass die Freibeträge schnell überschritten sind. Es trifft also nicht nur Multis sondern ganz einfache Leute, die sich oft ihr ganzes Leben abrackerten, damit die Kinder es besser haben, nicht die Landeskasse.

  9. 17.

    Klar wehren sich die Wohlfahrtsverbände gegen Kürzungen. Schließlich leben die (führenden) Mitarbeiter dieser Verbände vom Steuergeld und das nicht schlecht, wir wir alle wissen!

  10. 16.

    Immer wenn die Landesregierung selbst eine Leistung erbringen muss, dies nicht auf den Bund abwälzen kann, keine Gipfelgespräche in den eigenen Reihen Bekanntes bei Kaffee und Keksen austauscht was vorher alle wussten, immer dann drohen letzte Plätze...Die Bildung z.B.

  11. 14.

    Immer wenn die Landesregierung selbst eine Leistung erbringen muss, dies nicht auf den Bund abwälzen kann, keine Gipfelgespräche in den eigenen Reihen Bekanntes bei Kaffee und Keksen austauscht was vorher alle wussten, immer dann drohen letzte Plätze...Die Bildung z.B.

  12. 13.

    "Da kannste nich meckern“ lautet der Slogan der neuen Imagekampagne Brandenburgs." Also wer sich schon mit so einem Slogan identifiziert, der kann nicht aktiv und optimistisch das Leben gestalten! Solche Menschen sehen immer mindestens "halb leer" und haben bisher vielleicht auch zuviel von den Leistungen der Aktiven gelebt. Nun ist mal selber machen angesagt und der neue Slogan könnte ja auch lauten: "Wir sind nicht das Problem, sondern wir lösen es!"

  13. 12.

    Sparen, Erfolge zeigen, Effizienz zeigen, dann ggf. mehr Mittel oder Beibehaltung bestehender Mittel.

    Vorher nein, zeigt Leistung bei Effizienz.

    Dann klappt es auch mit der Unterstützung der Mehrheit in der Bevölkerung.

    Nehmen, nehmen, nehmen ist out.

  14. 10.

    Wenn es auf Phrasen Zinsen geben würde, wären sie einer von "denen". Rechtssichere Vorschläge, belastbare Zahlen wären toll. Mir wachsen die Euros auch nicht aus den Ohren, ich wäre aber gespannt wie das gehen soll. Am Besten in einer Art und Weise, die sich nicht als Boomerang entwickelt.

  15. 9.

    Immer wenn die Landesregierung selbst eine Leistung erbringen muss, dies nicht auf den Bund abwälzen kann, keine Gipfelgespräche in den eigenen Reihen Bekanntes bei Kaffee und Keksen austauscht was vorher alle wussten, immer dann drohen letzte Plätze...Die Bildung z.B.

  16. 8.

    Ja da wird nicht gespart wie an anderen stellen. Die Zeche zahlt der deutsche burger und zahlen die kitas. Ich glaube, wir können die Welt nicht retten, während gleichzeitig hier alles am falschen Ende kaputtgespart wird. Traurig.

  17. 7.

    Na irgendwo muss halt das Geld für Flüchtlinge und Ukraine herkommen.