Pläne des Senats - Hundeführerschein statt Rasseliste: Das könnte auf Halter in Berlin zukommen

Mi 02.04.25 | 17:15 Uhr
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Symbolbild: Ein Hund bei einem Test in der Hundeschule. (Quelle: dpa/Lademann)
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Audio: rbb24 Inforadio | 26.03.2025 | Sabine Müller | Bild: dpa/Lademann

Der Berliner Senat will die Liste gefährlicher Hunderassen abschaffen. Stattdessen soll ein Hundeführerschein kommen – möglicherweise mit Wesenstest für Hund und Theorie- und Praxisprüfung für Halter. Das würden die Pläne für Berlin bedeuten.

Pit-Bulls, American Staffordshire Terrier, Bullterrier und deren Kreuzungen gelten in Berlin seit der "Gefährliche-Hunde-Verordnung" seit 2016 als gefährliche Hunderassen [gesetze.berlin.de]. Sie zu besitzen, zieht eine Reihe von Aufgaben nach sich. Halter:innen müssen unter anderem ihr Führungszeugnis und eine Haftpflichtversicherung vorlegen und das Tier den Behörden vorstellen.

Diese Rasseliste für Hunde sollte nach Ansicht von Experten in Berlin abgeschafft werden, wie im Abgeordnetenhaus jetzt gefordert wurde. Stattdessen könnte ein Hundeführerschein für alle Rassen kommen.

Warum sollte die Liste gefährlicher Hunderassen abgeschafft werden?

Es sei stigmatisierend und nicht mehr zeitgemäß, dass für die drei Rassen verschärfte Auflagen wie Leinen- und Maulkorbpflicht gelten, kritisieren Vertreter:innen unter anderem vom Tierschutzverein und dem Bezirk Mitte. "Wenn Sie das Ziel haben, illegale Autorennen in der Innenstadt zu verbieten und danach vorschreiben, dass Porsche verboten sind, aber weiterhin Ferraris zugelassen, ist damit der Sache nicht geholfen", sagt die Amtstierärztin von Mitte, Elena Kaschubat.

Außerdem gebe es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass die Hunderassen Pit-Bull, American Staffordshire Terrier und Bullterrier genetisch bedingt aggressiver seien als andere. Die Berliner Beiß-Statistik führten zum Beispiel Dackel und Schäferhunde an, sagt Eva Rönspieß vom Berliner Tierschutzverein. Und ergänzt: "Das Problem ist oftmals am anderen Ende der Leine und hat zwei und nicht vier Beine." Heißt: nicht die Hunde, sondern die Halter.

CDU und SPD hatten bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, sich für die Abschaffung der Rasseliste einzusetzen [berlin.de]. In Brandenburg ist man da schon weiter: Mit der neuen Hundehalteverordnung zum 1. Juli 2024 hatte das Land die Einstufung von Hunden als unwiderlegbar gefährliche und widerlegbar gefährliche Hunde aufgrund der Rasse abgeschafft. Die Einteilung stammte aus dem Jahr 2004. Weiterhin gilt die Leinenpflicht für Hunde unter anderem in Fußgängerzonen - in öffentlichen Verkehrsmitteln muss der Hund einen Maulkorb tragen.

Welche Alternative zur Rasseliste wird gefordert?

Die Behörden sollten sich stattdessen um auffällige Hunde kümmern, nicht um bestimmte Rassen. Deshalb schlagen die Expert:innen vor, den Hundeführerschein einzuführen.

Den Vorschlag begrüßte Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU), konkrete Überlegunen stünden jedoch noch am Anfang. "Wir wollen jetzt fachlich prüfen, ob die Abschaffung der Rasseliste, gegebenenfalls unter begleitenden Maßnahmen, zu mehr Tierwohl bei gleichzeitiger Sicherheit der Bevölkerung führen kann." Als mögliche Begleitmaßnahmen nannte Badenberg aber auch einen verpflichtenden Sachkundenachweis für alle Hundehalter:innen, also Hundeführerschein.

Für Besitzer:innen der Rassenliste-Hunde gibt es schon jetzt eine Sachkundeprüfung, freiwillig können sie auch alle anderen absolvieren. Die Themen, die auch in einem möglicherweise verpflichtenden Hundeführerschein abgefragt werden, listet das Land online auf [berlin.de].

Seit Juli 2013 gilt in Niedersachsen der Hundeführerschein, der Vorbild für Berlin sein könnte und auf den sich Badenberg bei ihren Überlegungen auch bezieht.

Was sieht der Hundeführerschein in Niedersachsen vor?

Um dort einen Hundeführerschein zu erhalten, müssen Halter:innen vor der Anschaffung ihres Hundes eine theoretische Prüfung ablegen [ml.niedersachsen.de]. Geprüft werden Fragen zum Thema Hundeerziehung und Training, Gesundheit und Pflege (wie Impfungen, Ernährung und Erste Hilfe bei Hunden), rechtliche Grundlagen wie Leinen- und Maulkorbpflicht, sowie Hunderassen im Allgemeinen und deren Verhalten. Die Prüfung wird in der Regel schriftlich mit Multiple-Choice-Fragen abgelegt, es werden Vorbereitungskurse empfohlen.

Innerhalb des ersten Jahres der Hundehaltung muss dann eine praktische Prüfung abgelegt werden. Dabei zeigen Halter:innen zum Beispiel, dass sie ihren Hund sicher an der Leine führen können, dass die Grundkommandos wie "Sitz", "Halt", usw. sitzen, dass sich die Hunde in der Nähe von anderen Hunden angemessen verhalten und dass ihr Hund beim Tragen eines Maulkorbs entspannt bleibt.

Hinzu kommen unter anderem Nachweise wie eine Haftpflichtversicherung und Gebühren für Prüfungen sowie Registrierung.

Wer ist für, wer gegen den Hundeführerschein in Berlin?

Für die Positionen der Expert:innen hat es bei der Anhörung im Abgeordnetenhaus viel Zustimmung gegeben. Der fraktionslose Abgeordnete Antonin Brousek kritisierte hingegen den Vorschlag: "Dass ich aber jemandem sage, du musst ne Art Waffenschein für Hunde machen, finde ich falsch - ganz, ganz falsch."

Von Berliner Hundeschulen kommt positives Feedback. Die Hundeschule "Martin Rütters", für die Sven Sandau arbeitet, werbe sogar mit dem Slogan "Hundeschule für Menschen". Damit bestätigt er den Tierschutzverein in der Ansicht, dass eher die Halter trainiert werden müssen. "Viele Hundehalter haben die Bedürfnisse der Hunde nicht auf dem Schirm, sehen ihn nur als Familienmitglied. Da gehe ich ja sogar noch mit, aber wenn der Hund vermenschlicht wird, ist das ein Problem."

Was fehlt bei der Überlegung zum Hundeführerschein?

Sandau hält einen Hundeführerschein für sehr sinnvoll, "um das Wesen Hund als komplexes Lebenwesen zu begreifen". Allerdings: Der Führerschein sollte standardisiert und länderübergreifend sein, damit man beim Umzug in ein anderes Bundesland eine Anerkennung bekommt.

Auch Robert Rößler von der Hundeschule "Nasse Nasen" wünscht sich einen Hundeführerschein, der über die jetzigen Ideen hinausgeht. "Eigentlich muss eine Prüfung, auch die praktische, stattfinden, bevor sich Menschen Hunde anschaffen." Es gebe zu viele Fälle, bei denen die Tiere nach einiger Zeit wieder verkauft würden oder im Tierheim landeten.

Zu viele Interessierte informierten sich nicht, ob die Eigenschaften der Rasse zu ihrem Leben passten. "Wenn zum Beispiel ein älteres Ehepaar einen 40-Kilo-Hund anschaft, wage ich mal das Urteil, dass das krafttechnisch nicht so eine gute Idee ist." Sein Wunsch wäre deshalb: Sich erst beweisen und dann einen Hund anschaffen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.03.2025, 6:26 Uhr

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68 Kommentare

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  1. 68.

    Wir müssen doch den Krieg finanzieren. Der Russe steht vor der Tür und will diesen, nicht nur wirtschaftlich maroden Staat übernehmen.
    Auch will man noch mehr Gäste in der Stadt willkommen heißen.

  2. 67.

    So sieht es also aus , wenn Bürokratie abgebaut wird.
    Ich bin begeistert.

  3. 66.

    Wir haben: Hundesteuer, Hunderegister, Leinen zwang, Versicherungspflicht, Maulkorbzwang, Wesenstest, Hundeschulen, Kacketüten... Und all das scheint immer noch nicht zu reichen. Es wird nie reichen. Weil Mensch sich immer weiter vom Tier entfernt in öden, vermüllten Metropolen und die Angst vorm Hund von Generation zu Generation stärker weiter gegeben wird. Vergessen die Sache vom besten Freund. Statt dessen immer mehr Verbote, Gesetze, Verordnungen. Abartig.

  4. 65.

    Das passende Thema zum Bürokratieabbau…und noch mehr Verbote. Wird es dann auch einen Fahrradführerschein geben und wird das rücksichtslose fahren von E-Rollern kontrolliert? Malcwieder ein behördlicher und politischer Schnellschuss…. und von zusätzlichen Kosten für Hundehalter ganz zu schweigen

  5. 64.

    Was soll das überhaupt sein, ein sorgenfreesi Leben? Hätten Sie sich mal mit der Materie beschäftigt, wüssten Sie, dass Sorgen natürlicherweise zum Leben dazugehören. Darüberhinaus kann jeder Mensch in finanzielle Not geraten. Was suggerieren sie also hier, nur Reiche sollten Kinder haben, weil die natürlich die besten Eltern sind? Sie scheinen selber keine Kinder zu haben, und so sozialdarwinistisch wie sie drauf sind bezweifle ich, ob ihre Eltern den von ihnen vorgeschlagenen Test bestanden hätten. Wenn jemand beim Thema Hunde auf Kinder kommt, naja da scheint ja was falsch gelaufen zu sein bei Ihnen.

  6. 63.

    Vorschlag als Sofortmaßnahme: Das Tierheim Berlin gibt Hunde nur noch an Personen mit Sachkundenachweis ab. Dort erhebt man aktuell zwar viele Auskünfte - aber genau zu diesem Thema reicht die Selbsteinschätzung der künftigen Dosenöffner. Das ist nicht mehr zeitgemäß.

  7. 62.

    Die CDU entbürokratisiert. Vielen Dank!

  8. 61.

    Welches Steuersäckel soll denn da wieder gefüllt werden?
    Als wir vor 41 Jahren das erste Kind bekamen, brauchten ich keinen Baby-Führerschein. Auch ohne diese Bestätigung haben wir zwei wunderbare Söhne. Sie bekamen keine Kommandos, nahmen jedoch den Großteil unserer Empfehlungen - genau wie unser jetziges vierbeiniges „Kind“ - seines Zeichens ein lieber kleiner Bolonka. Er hört nicht unbedingt aufs erste Wort, ist aber ein lieber, neugieriger, artiger und zugewandter Hund, den wir natürlich nicht allein „durch die Taiga“ spazieren lassen. Eher haben wir Angst, dass rücksichtslose Mitbürger ihn einfach umrennen oder überradeln … deshalb bekommt er auch in der S-Bahn einen Sitzplatz mit Decke oder er kommt auf unseren Schoß.

  9. 60.

    haben sie den Artikel nicht gelesen? "Innerhalb des ersten Jahres der Hundehaltung muss dann eine praktische Prüfung abgelegt werden." Wenn Sie sich einen neuen Hund holen, müssen Sie den Test erneut machen. Gern geschehen.

  10. 59.

    Sie sind ja eine ganz Schlaue, vielleicht wissen sie das Hunde Beine haben und sich damit fortbewegen können das ich mein Fahrrad nicht auf dem Schoss des Hundes parke ist doch logisch, bei einem nochmaligen Einkauf bei Lidl saß der Hund wieder dort und hat schon aus meterweiter Entfernung böse geknurrt. Rücksichtnahme wäre wenn ein solches Tier mit einem Maulkorb ausgestattet wäre

  11. 58.

    Die Rassen der Hundeliste werden überwiegend ja einer bestimmten Klientel zugeordnet. Um sich nicht dem Diskriminierungsvorwurf diesem Personenkreis und dem Zeitgeist entsprechend, auch gegenüber den entsprechenden Hunderassen auszusetzen, müssen alle Hundebesitzer an „die Leine“ genommen werden. Ein Hoch der Bürokratie…in die Tonne damit ….

  12. 57.

    Na, wessen Hund nicht entsprechend abgerichtet ist, der darf ihn nicht allein angeleint lassen, schon gar nicht im Gewusel vor einem Supermarkt, wo der Stressfaktor für Hunde sehr hoch ist. Minimum ist dann für die Zeit ein Maulkorb. Alles andere ist fahrlässige Gefährdung.

  13. 56.

    Und so viel Rücksicht, dass Sie Ihr Fahrrad nicht direkt neben dem Hund rangieren, ist Ihnen nicht eingefallen? Ein Biss wäre dann gar nicht passiert. Dass Sie auf den Gedanken gekommen wären, der Hundebesitzer musste eine Besorgung machen und konnte nicht anders, als den Hund kurz dort anzubinden . . . ? Gegenseitige Rücksichtnahme und das Leben ist leichter

  14. 55.

    Würde mich ärgern wenn ich immer gegen die bösen billigen Autos gewettert habe und jetzt als ausgebildeter ÖPNV- und Radnutzer massiv in Hundeausbildung investieren müsste.

  15. 54.

    Wie wäre es denn al mit einem Eignungstest für künftige Eltern, auch im Zusammenhang mit der finanziellen Versorgung der künftigen Familie?! Wer "leistet" sich heutzutage noch eine Familie mit mehr als 2 Kindern und kann diesen, ohne Sozialleistungen, ein sorgenfrei Leben bieten? ?

  16. 53.

    Jeder begrüßt Bürokratieabbau und trotzdem wird das Gegenteil getan. In Brandenburg hat man durch die neue Hundeverordnung zwar die Rasseliste abgeschafft, stattdessen eine Chippflicht eingeführt, verbunden mit der Meldepflicht der Transpondernummer an die Gemeinde - was soll die damit? Die Nachbargemeinde kennt die Nummer überhaupt nicht usw. usf.

  17. 52.

    Nur komisch dass die Rasse in Brandenburg und Bayern bereits auf der Liste steht. Diese Hunde sind sehr territorial -und nur sie bestimmen die Grenzen. Wir haben hier in der Nähe gleich 2 Cane Corso und wer da an den jeweiligen Grundstücken vorbeigeht fängt an zu beten, dass der vielbesungene Maschendrahtzaun hält, bei so viel Wucht und Wut. Da wünschen sich hier sehr Viele einen Sachkundenachweis.
    Kein Hund wird aggressiv geboren, gewisse Wesenszüge - positiv wie negativ - werden aber bewusst gezüchtet.
    Und wenn ich mir etwas wünschen darf dann bitte Eltern die ihren Kindern beibringen nicht auf jeden Hund zuzustürmen und ihn ungefragt anzufassen. Damit wäre schon sehr viel für ein friedliches Zusammenleben getan.

  18. 51.

    Wahrscheinlich.... oh man.
    Falls der Prüfer den Unterschied nicht bemerkt.... manchmal hilft Denken.

  19. 50.

    Seit Jahren diese Diskussion um den "Hundeführerschein". Wenn feststeht was geprüft werden soll und von wem und wann und wo sind die hälfte aller offiziell in Berlin lebenden Hund eh tot.
    Das ist genau so ein Rohrkrepierer wie der "Hurenpass".
    Welcome to my home town.

  20. 49.

    Gibt es schon eine App für die Hunde-Prüfung? Wo bleibt der Herrchen-Test für Hunde? Manche Hunde müssen sich ja für ihr Herrchen schämen.