Treffen in Potsdam - Tarifverhandlungen für öffentlichen Dienst gehen in entscheidende Runde

Sa 05.04.25 | 11:36 Uhr
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Brandenburg, Potsdam: Demonstranten laufen bei der Fortsetzung der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in einem langen Zug über die Zeppelinstraße. (Quelle: dpa/Jens Kalaene).
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Audio: rbb24 Inforadio | 05.04.2025 | Johannes Frewel | Bild: dpa

Seit Monaten schwelt der Tarifstreit im öffentlichen Dienst über Einkommen und Arbeitszeiten. Mehrfach gab es Warnstreiks - auch in Berlin und Brandenburg. Nach einem Schlichterspruch soll nun eine Lösung für die 2,5 Millionen Beschäftigten her.

Gewerkschaften und Arbeitgeber haben am Samstag in Potsdam die entscheidende Verhandlungsrunde im Tarifstreit für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen begonnen. Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte kurz vorher, sie sei zuversichtlich. Sie äußerte sich aber nicht inhaltlich.

Verhandlungsgrundlage ist ein Schlichtervorschlag. Die Tarifparteien müssen entscheiden, ob sie den Vorschlag annehmen, gegebenenfalls mit Änderungen. Gibt es keine Einigung, könnten die Gewerkschaften eine Urabstimmung über unbefristete Streiks einleiten. Es geht um mehr als 2,5 Millionen Beschäftigte in wichtigen Jobs nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in Kitas oder Pflegeeinrichtungen, bei der Müllabfuhr oder an Flughäfen.

Die Tarifgespräche waren Mitte März nach der dritten Runde für gescheitert erklärt und eine Schlichtung eingeleitet worden. Daraufhin erarbeitete die mit Gewerkschaftern und Arbeitgebervertretern besetzte Kommission unter Vorsitz der Schlichter Roland Koch (CDU) und Henning Lühr (SPD) einen Kompromiss. Die Fachleute in der Schlichtungskommission stimmten dem Vernehmen nach mit großer Mehrheit zu. Nun geht es darum, ob die Tarifparteien mitgehen, nachverhandeln - oder sich doch noch entzweien.

Mögliche Lohnerhöhung in zwei Stufen

Die Schlichter schlagen vor, die Einkommen in zwei Stufen anzuheben. Ab 1. April 2025 sollen die Entgelte um drei Prozent steigen, mindestens aber um 110 Euro im Monat. Zum 1. Mai 2026 soll es noch einmal 2,8 Prozent mehr geben. Als Laufzeit des neuen Tarifvertrags werden 27 Monate empfohlen.

Zum vorgeschlagenen Paket der Schlichter gehören etliche weitere Details. Die Jahressonderzahlung soll ab 2026 erhöht werden. Zudem sollen Beschäftigte außerhalb von Kliniken und Pflegeheimen die Möglichkeit bekommen, Teile der Jahressonderzahlung in freie Tage zu tauschen. Ab 2027 sollen sie dem Vorschlag zufolge einen weiteren Urlaubstag bekommen.

Schlichter empfehlen flexiblere Arbeitszeit

Ab 2026 soll die Möglichkeit geschaffen werden, die wöchentliche Arbeitszeit freiwillig auf bis zu 42 Stunden zu erhöhen. Ferner empfehlen die Schlichter, die Regelungen zu Langzeitkonten, zur Gleitzeit und zur Arbeitszeit von Rettungsdiensten zu verbessern.

Ab dem 1. Juli 2025 sollen Zulagen für Schichtarbeit auf 100 Euro und für die Wechselschichtarbeit auf 200 Euro angehoben werden. Beim Bund sollen unterschiedliche Arbeitsbedingungen in den Tarifgebieten Ost und West angeglichen werden. Die Kommunen sollen die Eingruppierung für Hebammen und Entbindungspfleger modernisieren.

Gewerkschaften hatten höhere Forderungen

Ursprünglich forderten die Gewerkschaften Verdi und dbb Beamtenbund acht Prozent mehr Geld, mindestens aber 350 Euro mehr im Monat, sowie unter anderem mindestens drei zusätzliche freie Tage im Jahr. Dies bezeichnete die Arbeitgeberseite als nicht finanzierbar. Für sie verhandelt die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände VKA und das Bundesinnenministerium.

In der dritten Verhandlungsrunde boten die Arbeitgeber dem Vernehmen nach eine Erhöhung der Entgelte um 5,5 Prozent sowie ein höheres 13. Monatsgehalt und höhere Schichtzulagen an. Die Laufzeit blieb offen. Den Gewerkschaften reichte das nicht. Letztlich rief die Arbeitgeberseite die Schlichtung an, weil die Gewerkschaften sich zu wenig bewegt hätten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.04.2025, 8 Uhr

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36 Kommentare

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  1. 36.

    Die Arbeitgeberseite sollte nicht behaupten, dass die Forderungen von Verdi nicht finanzierbar seien. Wer Kredite in Höhe von 500 Mrd € aufnehmen kann, hat auch die Mittel, seine Beschäftigten ordentlich zu bezahlen.

  2. 35.

    Wechsel doch in die freie Wirtschaft!
    Ich möchte diese Tätigkeiten überhaupt nicht abwerten, aber ich kenne gerade "im Osten" keinen Sektor, wo Ungelernte oder "einfache Facharbeiter" so viel verdienen wie im öffentlichen Dienst.

  3. 34.

    ZB. Können Beamte bei Dienstreisen 12 Stunden aufschreiben und bei Tarifbeschäftigte wird bei 10 Stunden gekappt.
    Trotz gleicher Arbeit.
    Finde ich auch nicht gerechtfertigt.

  4. 33.

    Diese Schlichtung ist jämmerlich und wenn verdi darauf eingeht werde ich austreten, wie viele meiner Kollegin.

    Die unteren Stufen verdienen nicht soviel, dennoch wird die Arbeit mehr und für diese Bürokratie können wir Angestellten nichts- wir müssen die nur umsetzen.

    Ich werde jedenfalls bei diesem Angebot nicht eine Überstunde mehr machen.

  5. 32.

    Und da sollen jetzt die AN was für können? In der freien Wirtschaft kann man auch sein Gehalt verhandeln.
    Wir arbeiten für die Bevölkerung und nicht aus reiner Nächstenliebe.

    Ich bin ganz ehrlich, die sollten was an den Beamtengeldern kürzen. Es ist nämlich mehr als unfair das diese für die gleiche Arbeit mehr Geld erhalten und dann noch Familienzuschläge erhalten. Wofür? Slleine das würde Millionen von Geldern einsparen.

  6. 31.

    Ja, warum TVöD und TV-L nicht zeitgleich verhandeln? Ich habe immer das Gefühl, wenn der TV-L dann im November endlich dran ist, sind nur noch die Krümel übrig.

  7. 30.

    Den Schlden von 2.5 Bio Euro stehen sllein Vermögenswerte von 8 Bio Euro gegenüber.

  8. 29.

    Ich habe mir was eigenes aufgebaut, das schon jetzt Schuldenfrei ist und es gibt auch die Möglichkeiten, Privat was für die Rente zu tun und sich nicht nur auf den Staat zu verlassen.

  9. 28.

    Jesse, die Rentner bekommen nur 48% ihres Gehaltes. Trotzdem müssen sie überall so viel zahlen wie sie auch. Oder haben sie schon mal einen Vermieter gesehen, der sagt, dass sie nur die Hälfte zahlen brauchen. Aber sie werden ja auch mal Rentner. Würde mich sehr interessieren, wie sie sich dann verhalten.

  10. 27.

    Ich hoffe, dass die verschiedenen Tarifverträge in den anderen öffentlichen Bereichen, die hier verhandelt werden unabhängig von einander abgestimmt werden können und die Tarifverträge mit guten Ergebnissen nicht in Geiselhaft des TVÖD genommen werden.

  11. 26.

    Natürlich werden sie erneut einknicken. Mit so viel Macht ausgestattet und doch so machtlos verhandeln.... Wirklich schade, dass hier keine ernsten Absichten seit Jahren erkennbar sind die Arbeitgeber ordentlich zu vertreten. Stattdessen wird es wieder als fairer und einzig gangbarer Weg verkauft und man huldigt sich selbst...

  12. 25.

    Dieses Land ist mit seinen verkrusteten Strukturen, an denen seit 50 Jahren nichts geändert wurde schon lange nicht mehr finanzierbar. Bundesregierung, Landesregierungen, Staatssekretäre, für alles und jeden Berater, die Millionen die ins Ausland geschickt werden. Das allein macht fast den halben Staatshaushalt aus. Da bleibt nicht viel für ÖD, Renten, Soziales, wo überall schon bezuschusst werden muss, weil Beiträge allein nicht mehr reichen. Diese Staatsform hat uns von 1990 bis 2024 schon 2,5 Billionen Schulden verursacht. Jetzt wurden allein in 2025 wieder 1 Billion Schulden verursacht. Allein der Regierungsapparat wird dafür sorgen das die Schulden immer weiter steigen! Hauptsache Presseball

  13. 24.

    Rentner bekommen dieses Jahr mehr Erhöhung als der Vorschlag der Schlichter bedeuten würde.
    Außerdem , und das kapieren viele Rentner nicht, gibt es ohne Lohnerhöhungen keine Rentenerhöhung.

  14. 23.

    Wenn dem wirklich so ist, dann würde ich unter allen Mitarbeitern im ÖD einen Arbeiterverein gründen, parallel zur Verdi Gewerkschaft. Mit Kassenwart und allem was dazu gehört. Nach ein Paar Jahren würde ich Verdi überflüssig machen und aus dem Verein eine Gewerkschaft gründen, nur für Bedienstete im ÖD!!

  15. 22.

    Hoffentlich nimmt Verdi diesen lächerlichen Vorschlag nicht an.
    Die Folge müssen unbefristete Streiks sein, um den AG die Grenzen aufzuzeigen.

  16. 21.

    Die 3,74% die man den Rentnern als Rentenerhöhung zumutet, sind auch nur Brutto!

  17. 20.

    Die Lohnerhöhung ist ein Witz! Anfang des Jahres wurde erhöht und man hatte Netto schon weniger. So das die empfohlene Erhöhung unterm Strich keine ist. Ich hoffe VERDI steht einmal zu Ihren Forderungen und knickt nicht wie in den letzten Jahren ein. Sonst braucht Verdi sich nicht wundern, wenn massenweise Austritte stattfinden

  18. 19.

    Wenn wir das annehmen werden wir wieder über den Tisch gezogen. Hoffentlich sind die anderen Kollegen auch dagegen.und von Januar bis April gibt's gar nichts!

  19. 18.

    Rentner bekommen mehr Geld wenn die Löhne steigen.

    "Steigen die Löhne, ziehen die Renten in der Regel im Folgejahr nach – immer zum 1. Juli. Im Jahr 2024 ist das der Fall: Wegen der guten Lohnsteigerungen des Vorjahrs gibt es ein Rentenplus von 4,57 Prozent. Es gab aber auch schon Nullrunden bei der Rente – zum Beispiel 2021, als die Löhne in der Coronakrise sanken."

  20. 17.

    Und da fange ich an mir Fragen zustellen. Die CDU hat die Bundestagswahl gewonnen, und F. Merz soll Kanzler werden. Merz genauso wie Koch sind von Angela Merkel damals ins Nirvana geschickt worden, wie viele andere auch. Da wird Sie Ihre persönlichen und politischen Gründe für gehabt haben. Jetzt fängt dieser Merz an diese Rentner zu rehabilitieren, ob wohl die wirklich auch niemand in der Politik vermisst, wie Merz selbst. Ein Roland Koch von der CDU wurde als Schlichter bestellt? Roland Koch, den hätte man heute in der AfD vermutet. Angela Merkel hatte für diesen Mann keine Stelle in Ihrem Kabinett, weil er als Ministerpräsident über seine Landesgrenze hinaus mit seiner Ausländerfeindligkeit für Schlagzeilen gesorgt hatte. So jemanden schickt die CDU als Schlichter?