Berliner Leibniz-Institut - Neue Erkenntnisse zum massenhaften Fischsterben in der Oder 2022

Mehrere hundert Tonnen toter Fische wurden entlang der Oder vor drei Jahren binnen mehrerer Wochen geborgen. Ein Grund dafür war die Goldalge, die tödliche Gifte produzierte. Ein Berliner Forscherteam hat jetzt eine Erklärung dafür.
Das Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei hat neue Erkenntnisse zu möglichen Ursachen des massenhaften Fischsterbens in der Oder 2022 gewonnen. Ein Forscherteam hat eine Theorie entwickelt, warum die Goldalge "Prymnesium Parvum" damals das für Fische tödliche Gift produziert hatte.
"Wir vermuten jetzt, dass die Alge, - entweder wenn sie zu wenig Stickstoff oder zu wenig Phosphor hat - anfängt, die Giftstoffe zu produzieren", sagte die Biologin Karla Münzner vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei dem rbb.
Die Alge könne sich ihre Energie durch die Photosynthese holen oder Nährstoffe dadurch aufnehmen, dass sie andere Organismen fresse, so Münzner: "Dafür bildet sie die Giftstoffe und sondert die ab. Damit kann sie die Zellwände von den Bakterien und den Algen auflösen und sie dann aufschlürfen, so wie einen Proteinshake."
Laichbestände erholen sich
Um den aktuellen Fischbestand der Oder zu untersuchen, haben Wissenschaftler vom Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei am Mittwoch eine stichprobenartige Fischinventur durchgeführt. Diese Datensammeltouren, bei denen Flussbewohner mit einem kleinen Schleppnetz aus der Strommitte gefischt und dann vermessen und gewogen werden, finden drei mal im Jahr statt.
Nach den letzten Befischungen sähe es so aus, als hätte das Oder-Hochwasser vom Herbst einen Einfluss auf eine Veränderung der Fischbestände gehabt, sagte Forschungsgruppenleiter Christian Wolter dem rbb. "Wir haben dieses Jahr einen starken Laicherbestand beim Blei und auch bei der Güster, den wir im Moment nicht so erwartet haben, wo wir uns aber natürlich darüber freuen." Außerdem habe man einen guten Zährtenlaichbestand gemessen.
Salzgehalt in der Oder weiterhin zu hoch
Dennoch stehe das Ökosystem der Oder weiter unter Stress. Bei der Umweltkatastrophe 2022 seien nicht nur Fische gestorben, sondern auch Großmuscheln, so Wolter. Diese Muscheln als effektives Filtersystem hätten sich noch lange nicht erholt, sodass Algen aller Arten auch weniger Fressfeinde hätten.
Sorgen mache ihnen auch der hohe Salzgehalt. Er ist in der Oder mit 1.800 Mikrosiemens pro Zentimeter drei mal so hoch, wie es Wissenschaftler für verträglich halten. Die hohe Salz- und Nährstoffbelastung könne auch in diesem Sommer wieder zu Massenentwicklungen von Algen führen, sagte Wolter: "Darum ist aus meiner Sicht natürlich die wichtigste Vorsorge überhaupt die Massenentwicklung dieser Brackwasseralge, Promenesium Parvum in der Oder zu verhindern, weil wir bekommen die Alge nicht mehr aus dem System raus. Die ist jetzt da, die wird immer da sein."
Um künftige Algenblüten zu verhindern, sollte daher sowohl die Nährstoff- als auch die Salzeinleitungen in die Oder reduziert werden, fordern die Wissenschaftler.
Massensterben nach Umweltkatastrophe 2022
Ende Juli bis September 2022 war es in der Oder zu einem massenhaften Fischsterben gekommen und der Fluss auf einer Länge von 500 km von schwerwigenden Umweltauswirkungen betroffen gewesen. Laut einer EU-Analyse von 2023 waren die meisten Fische zwischen Ende Juli 2022 und dem 12. September 2022 verendet. In diesem Zeitraum seien rund 360 Tonnen toter Fische geborgen worden.
2024 war es in Nebengewässern der Oder zu einem erneuten Fischsterben durch die Goldalge gekommen. Rund 100 Tonnen toter Fische waren geborgen worden. In Polen hatten Behörden versucht, die Alge durch den Einsatz von Wasserstoffperoxid einzudämmen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 09.04.2025, 13:30 Uhr
Mit Material von Fred Pilarski