Wohnungsbautag in Berlin - Baubranche setzt in der Wohnungsbaukrise auf neue Bundesregierung

Do 10.04.25 | 17:08 Uhr | Von Johannes Frewel
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Baugerüste sind an einem Wohnhaus am Franz-Mehring-Platz zu sehen. 25.09.2023
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Audio: rbb24 Inforadio | 10.04.2025 | Johannes Frewel | Bild: picture alliance/dpa | Soeren Stache

Kaum hat die kommende Bundesregierung ihren Koalitionsvertrag präsentiert, werden Hoffnungen in der Baubranche geweckt. Mit sinkenden Standards könnten Baukosten gesenkt werden. Denn bundesweit fehlen eine halbe Million Wohnungen. Von Johannes Frewel

Einfachere Baustandards, verlässliche Förderprogramme, geringere Mehrwertsteuern und mehr Bauland: Das Verbändebündnis Wohnungsbau fordert von der künftigen Bundesregierung ein Maßnahmebündel, um den kriselnden Wohnungsbau wieder anzukurbeln. Der Wohnungsbau ist seit Jahren auf Talfahrt. Gestiegene Zinsen und energetische Anforderungen machen Wohnungsbau oft nicht mehr rentabel. Beim Wohnungsbautag in Berlin wird diskutiert, wie sich die Trendwende beim Wohnungsbau erreichen lässt.

Wohnungsmangel und keine Baugenehmigungen

Bundesweit fehlten aktuell bereits 550.000 Wohnungen, die Zahl der Baugenehmigungen sinke, heißt es in einer Studie, die am Donnerstag beim Wohnungsbautag präsentiert wurde. Durch anspruchsvollere Bauvorschriften sowie den Zinsanstieg hätten sich die Finanzierungskosten je Quadratmeter Neubau in den vergangenen Jahren etwa verzweieinhalbfacht.

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft (GdW) resümiert, wegen massiv gestiegener Baukosten hätten 70 Prozent der Wohnungsunternehmen den Neubau bereits eingestellt. Er fordert deshalb: "Wir brauchen eine Veränderung des Baugesetzbuches, dass es schneller und einfacher wird, Bauland neu auszuweisen. Ohne dieses neue Bauland wird es nicht klappen." Die Anforderung an den Bund sei deshalb, seine Förderung künftig nicht als Spitzenförderung "für besonders tolle Bauten zu machen", sagt Gedaschko und fährt fort: "Sondern das, was Regelstandard ist, zu fördern, um damit tatsächlich den bezahlbaren Wohnraum in größerer Menge wieder auf den Wohnungsmarkt bringen zu können."

Mietpreise auch für Mittelschicht zu hoch

Die Kritik der Wohnungsbranche: Bisher hätten sich staatliche Förderprogramme auf besonders teure Baustandards gerichtet. Mieterbundpräsident Lukas Siebenkotten kritisiert die Folgen und beschreibt die aktuelle Situation auf dem Wohnungsmarkt: "Man muss einfach sagen, dass die Menschen mit einem schmalen Geldbeutel im Ergebnis diejenigen sind, die es am schwersten haben, eine Wohnung zu finden." Aber es gehe nicht nur um die Menschen, die wenig Geld haben, sondern auch um die Mittelschicht. "Wir sind inzwischen da angekommen, dass die Menschen mit einem normalen Durchschnittseinkommen in bestimmten Städten keine Chance mehr haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden." Das sei dramatisch, so Siebenkotten weiter. "Deswegen muss die neue Bundesregierung dieses Thema mit Verve und Kraft anpacken."

Durch brancheninterne Sparmaßnahmen - etwa durch einfachere Wohnungsbaustandards - könnte zumindest der Trend weiterer Baukostensteigerungen gebrochen werden, hofft die Branche. Sie drängt auf sinnvolle Standards, weniger teuren Luxus, der bisher durch Fördervorschriften angeschoben wurde.

19 Prozent Mehrwertsteuer für "jeden Stein, jede Schraube, jeden Nagel"

Deutlich sinkende Baupreise wären drin, sollte die nächste Bundesregierung für den Wohnungsbau den möglichen Mehrwertsteuerhebel ansetzen, hofft Dirk Salewski vom Bundesverband Freier Wohnungsunternehmen und schlägt vor: "Indem die Regierung den Mehrwertsteuersatz reduziert auf sieben Prozent, auf fünf Prozent oder sogar auf null Prozent. Denn eines ist klar: Wir zahlen für jeden Stein, für jede Schraube und für jeden Nagel 19 Prozent Mehrwertsteuer. Und da ist ein sofort hebbares Potenzial zur deutlichen Absenkung von Baukosten."

Mit einer raschen Trendwende rechnet die Branche vorerst allerdings nicht. Seit der Zinswende sinkt die Zahl der Baugenehmigungen von Jahr zu Jahr.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.04.2025, 15:35 Uhr

Beitrag von Johannes Frewel

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31 Kommentare

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  1. 31.

    Was ist Heikos bzw. desen Familienverdienst und was gibt Heiko bisher aus.
    Wohnt Heiko gerade in einer unbezahlbaren Wohnung?
    Hat sich Heiko die Wohnung selber ausgesucht?
    Wo möchte Heiko unbedingt seinen Wohnsitz haben?
    Warum baut Heiko nicht billig selber?

  2. 30.

    Was ist Heikos bzw. desen Familienverdienst und was gibt Heiko bisher aus.
    Wohnt Heiko gerade in einer unbezahlbaren Wohnung?
    Hat sich Heiko die Wohnung selber ausgesucht?
    Wo möchte Heiko unbedingt seinen Wohnsitz haben?
    Warum baut Heiko nicht billig selber?

  3. 29.

    Au ja, diese zusätzlichen körperlichen Belastungen sind heutzutage nicht mehr zumutbar.
    Bin da voll bei Ihnen.
    Es war auch schon im 19. Jahrhundert das aller aller Schlimmste.
    Das Energetische und die heutigen Standards sind das A und O für den Wohnungsbau der Zukunft.
    Zum Glück sieht man das nur in (Groß-) Städtischen so streng.

  4. 28.

    ... vor allem weil man nicht mehr die Möglichkeit hat, individuell dazuheizen zu können (via Kachelofen).
    Bleibt ein feuchter Traum mangels Öfen und Kohlen.
    Und Brechreiz wegen Klima und energetisch.
    Und nen Gasherd gibt es nur (noch) bei Gastronomen.

  5. 27.

    Nicht vielen ist es gegönnt Poster-Like Höhlen-, Baum- oder Erdloch-Bewohner zu sein.
    "Ein wenig hat man hier den Eindruck einer gemästeten und innovationsfernen Branche." - ne, ich nenne das noch "das gute alte Handwerk"!
    Und ich würde jeden Handwerker raten der Personen Poster-Like begegnet bzw. Diese Leistungserbringung wünscht - 1000% Aufschlag oder Make-it-yourself!!!

  6. 26.

    Also ich vermisse den Ofen nicht, besonders wenn man morgens aufstand und die Bude kalt war. Kohlen aus dem Keller hochschleppen, die Asche wieder runter tragen und so weiter.

  7. 25.

    Ok, Freiwillig wurde da aber auch nicht gebaut. Da gab es schon einige Aufstände, oder nicht!?

  8. 24.

    Die Lösung lautet "der Bund soll es richten "! Heißt im Klartext: andere sollen zahlen!
    Originell, hatten wir noch nie...

  9. 23.

    Es sollte billiger und einfacher gehen. Das sollte eigentlich einleuchten.
    Gleichzeitig muß die nach wie vor ungesteuerte Einwanderung geregelt werden. Angebot und Nachfrage bestimmen auch den Mietpreis...

  10. 22.

    "...mit Ofenheizung". Oh, waren das schöne Zeiten, als ich es mir leisten konnte, den ganzen Winter zu heizen. Das hätte mir mal jemand vor 30 Jahren erzählen sollen, das ich im Jahre 2024/25 im Winter meine Bude nicht mehr angemessen heizen kann, weil sich die Kosten dafür verdreifacht haben.

  11. 21.

    Wen es interessiert: "Berlin Neue Stadtquartiere" eingeben.

  12. 19.

    Wir leben aber nicht mehr wie zu Zilles Zeiten mit Ofenheizung. ohne Bad, Außentoilette und undichten Dächern.

  13. 17.

    Meine Güte, Sie machen vielleicht ein Faß auf!?
    Diesen ganzen Schnullikram hatten wir im Osten auch nicht und habens überlebt! Kommen Sie mal runter von Ihrem Roß!

  14. 16.

    Meine Chance auf eine bezahlbare Rentnerwohnung wird das auch nicht erhöhen, zumal ich knapp über WBS-Tarif liege. Die DDR hat es geschafft, in wenigen Jahren tausende Wohnungen hinzustellen (Lichtenberg, Marzahn, Hellersdorf), in denen man vom Standard her sehr gut leben konnte. Vielleicht sollte man mal über die Plattenbauweise nachdenken und unnötigen Luxus einfach mal weglassen.

  15. 15.

    Es wird nicht wenige geben, die einen kostengünstigen Mietvertrag dafür sofort unterschreiben würden.
    So sieht es leider aus im Land.

  16. 14.

    Die altbekannten Halbwahrheiten, die Schuld, die bei allen gesucht wird nur nicht branchenintern, garniert mit einer (ganz bestimmt komplett an den Endkind) weitergereichten Minderung von Steuern und dem Wunsch immer noch mehr Fläche zu versiegeln. Ein wenig hat man hier den Eindruck einer gemästeten und innovationsfernen Branche. Aber ich vermute (ähnlich wie in der Landwirtschaft), hier schreien die veränderungsresistenten am lautesten.

  17. 13.

    Es werden Großsiedlungen bzw. Sozialghettos entstehen. Die Standards werden gesenkt. Kleinere Wohnungen, Dusche statt Badewanne, weniger Steckdosen und Modulbauweise à la Legosteine.