Wohnungsbautag in Berlin - Baubranche setzt in der Wohnungsbaukrise auf neue Bundesregierung
Kaum hat die kommende Bundesregierung ihren Koalitionsvertrag präsentiert, werden Hoffnungen in der Baubranche geweckt. Mit sinkenden Standards könnten Baukosten gesenkt werden. Denn bundesweit fehlen eine halbe Million Wohnungen. Von Johannes Frewel
Einfachere Baustandards, verlässliche Förderprogramme, geringere Mehrwertsteuern und mehr Bauland: Das Verbändebündnis Wohnungsbau fordert von der künftigen Bundesregierung ein Maßnahmebündel, um den kriselnden Wohnungsbau wieder anzukurbeln. Der Wohnungsbau ist seit Jahren auf Talfahrt. Gestiegene Zinsen und energetische Anforderungen machen Wohnungsbau oft nicht mehr rentabel. Beim Wohnungsbautag in Berlin wird diskutiert, wie sich die Trendwende beim Wohnungsbau erreichen lässt.
Wohnungsmangel und keine Baugenehmigungen
Bundesweit fehlten aktuell bereits 550.000 Wohnungen, die Zahl der Baugenehmigungen sinke, heißt es in einer Studie, die am Donnerstag beim Wohnungsbautag präsentiert wurde. Durch anspruchsvollere Bauvorschriften sowie den Zinsanstieg hätten sich die Finanzierungskosten je Quadratmeter Neubau in den vergangenen Jahren etwa verzweieinhalbfacht.
Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft (GdW) resümiert, wegen massiv gestiegener Baukosten hätten 70 Prozent der Wohnungsunternehmen den Neubau bereits eingestellt. Er fordert deshalb: "Wir brauchen eine Veränderung des Baugesetzbuches, dass es schneller und einfacher wird, Bauland neu auszuweisen. Ohne dieses neue Bauland wird es nicht klappen." Die Anforderung an den Bund sei deshalb, seine Förderung künftig nicht als Spitzenförderung "für besonders tolle Bauten zu machen", sagt Gedaschko und fährt fort: "Sondern das, was Regelstandard ist, zu fördern, um damit tatsächlich den bezahlbaren Wohnraum in größerer Menge wieder auf den Wohnungsmarkt bringen zu können."
Mietpreise auch für Mittelschicht zu hoch
Die Kritik der Wohnungsbranche: Bisher hätten sich staatliche Förderprogramme auf besonders teure Baustandards gerichtet. Mieterbundpräsident Lukas Siebenkotten kritisiert die Folgen und beschreibt die aktuelle Situation auf dem Wohnungsmarkt: "Man muss einfach sagen, dass die Menschen mit einem schmalen Geldbeutel im Ergebnis diejenigen sind, die es am schwersten haben, eine Wohnung zu finden." Aber es gehe nicht nur um die Menschen, die wenig Geld haben, sondern auch um die Mittelschicht. "Wir sind inzwischen da angekommen, dass die Menschen mit einem normalen Durchschnittseinkommen in bestimmten Städten keine Chance mehr haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden." Das sei dramatisch, so Siebenkotten weiter. "Deswegen muss die neue Bundesregierung dieses Thema mit Verve und Kraft anpacken."
Durch brancheninterne Sparmaßnahmen - etwa durch einfachere Wohnungsbaustandards - könnte zumindest der Trend weiterer Baukostensteigerungen gebrochen werden, hofft die Branche. Sie drängt auf sinnvolle Standards, weniger teuren Luxus, der bisher durch Fördervorschriften angeschoben wurde.
19 Prozent Mehrwertsteuer für "jeden Stein, jede Schraube, jeden Nagel"
Deutlich sinkende Baupreise wären drin, sollte die nächste Bundesregierung für den Wohnungsbau den möglichen Mehrwertsteuerhebel ansetzen, hofft Dirk Salewski vom Bundesverband Freier Wohnungsunternehmen und schlägt vor: "Indem die Regierung den Mehrwertsteuersatz reduziert auf sieben Prozent, auf fünf Prozent oder sogar auf null Prozent. Denn eines ist klar: Wir zahlen für jeden Stein, für jede Schraube und für jeden Nagel 19 Prozent Mehrwertsteuer. Und da ist ein sofort hebbares Potenzial zur deutlichen Absenkung von Baukosten."
Mit einer raschen Trendwende rechnet die Branche vorerst allerdings nicht. Seit der Zinswende sinkt die Zahl der Baugenehmigungen von Jahr zu Jahr.
Sendung: rbb24 Inforadio, 10.04.2025, 15:35 Uhr