Audio: Radioeins | 05.04.2025 | Christian Find | Bild: dpa/Kalaene
Die Stiftung Garnisonkirche Potsdam kann offenbar ein Darlehen der Landeskirche von 3,25 Millionen Euro nicht fristgerecht zurückzahlen. Die Stiftung habe eine weitere Stundung der Rückzahlung bis 2028 beantragt, sagte der Finanzdezernent der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Hartmut Fritz, am Samstag bei der Synodentagung in Berlin.
Eine erste Rückzahlungsrate sei demnach eigentlich 2024 fällig gewesen und war auf Bitten der Trägerstiftung bereits auf Ende April 2025 verschoben worden.
Im März habe sich die Stiftung erneut an die Landeskirche gewandt und um eine institutionelle Förderung sowie eine Verlängerung der Stundung bis 2028 gebeten, berichten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend. Ein entsprechender Antrag werde laut Fritz derzeit geprüft. Entschieden habe die Kirchenleitung darüber noch nicht.
Mit der Ausstellung über den Palast der Republik im Humboldt-Forum kommt wieder die Frage auf: Werden Städte schöner, wenn zerstörte Gebäude wieder aufgebaut werden? Architekturkritiker Falk Jaeger sagt: Konzentrieren wir uns auf die Gegenwart.
Bis 2027 wieder ursprüngliche Höhe von 90 Metern
Der mehr als 40 Millionen Euro teure neue Garnisonkirchturm war im vergangenen August eröffnet worden. Mehr als die Hälfte der Kosten wurden mit Bundesmittel finanziert. Fünf Millionen Euro wurden als kirchliche Darlehen gewährt, darunter 1,5 Millionen Euro von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – sowie 3,25 Millionen Euro von der evangelischen Landeskirche.
Zu Fragen des weiteren Umgangs mit dem Gelände des früheren Kirchenschiffs der Garnisonkirche und dem als Kunst- und Kreativzentrum genutzten benachbarten DDR-Bau sagte Martin Vogel vom Vorstand der Garnisonkirchenstiftung, das Kuratorium werde sich im April erneut damit befassen. Bei der Klärung der Fragen zum Kreativzentrum stehe vor allem die Stadt in der Verantwortung.
Preußenkönige und Hitler-Reden
Die evangelische Garnisonkirche wurde auf Beschluss des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I., des Soldatenkönigs, für den Hofstaat und die Militärgarnison in Potsdam errichtet. Der Barockbau wurde 1732 eingeweiht und drei Jahre später mit der Vollendung des fast 90 Meter hohen Turms fertiggestellt.
1740 wurde der Soldatenkönig in der Gruft der Kirche beigesetzt, 1786 auch sein Sohn und Nachfolger Friedrich der Große.
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Zur Eröffnung des Turms der Garnisonkirche mit Bundespräsident Steinmeier am 22. August 2024 hat die "Bürger*inneninitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche" ihren Protest gegen den "reaktionären Symbolbau" angekündigt. Der Wiederaufbau ist seit Jahrzehnten umstritten.
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In den 1980er Jahren taucht die "Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel" auf, lässt einen Nachbau davon anfertigen und schenkt dieses Carillon 1991 der Stadt Potsdam, die Gefallen an der Idee des Wiederaufbaus der Garnisonkirche findet. Initiator ist Max Klaar, Offizier eines Fallschirmjägerbataillons aus dem Sauerland. Aus der evangelischen Kirche werden mit Blick auf die Geschichte der Garnisonkirche Bedenken geäußert.
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Der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und der damalige Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jacobs gehören zu den frühen Befürwortern des Projekts: als Ort von Geschichte und städtebaulichen Glanzpunkt.
Es wird eine Stiftung für den Wiederaufbau gegründet, deren Kuratorium neben Platzeck auch Bischof Wolfgang Huber und Ministerpräsident a.D. Manfred Stolpe angehören. 2004 werben namhafte Anhänger im "Ruf aus Potsdam" um Geldspenden für den Wiederaufbau.
Kritiker wie der Publizist Micha Brumlik sagen, dass der "Ruf aus Potsdam" von Argumenten der "Neuen Rechten" geprägt sei, und fordern Distanzierungen. Brandenburgs früherer Finanzminister Christian Görke nennt den wiederaufgebauten Kirchturm ein "Mahnmal der Verschwendung".
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Es gründet sich ein Förderverein aus Vertretern der Stadt, der Kirche sowie Potsdamer Bürgern, die hinter dem Projekt stehen. Die symbolische Grundsteinlegung findet am 14. April 2005, dem 60. Jahrestag der Zerstörung der Kirche, statt.
Die Synode des evangelischen Kirchenkreises Potsdam lehnt den Wiederaufbau zunächst ab, entwickelt dann aber Ideen für die Nutzung als Friedens- und Versöhnungszentrum, wodurch verhindert werden soll, dass das Bauwerk wie von Kritikern befürchtet zum Anziehungspunkt für Neonazis wird.
Die konservativen Initiatoren des Wiederaufbaus lehnen die Idee eines internationalen Versöhnungszentrums ab. Max Klaar stellt seine Spendensammlung ein.
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Der Festakt im April 2005 wird von zahlreichen Demonstranten gestört. Sie sehen die Garnisonkirche als Symbol des preußischen Militarismus und fürchten, dass sie von Beginn an ein Sammelort rechtsradikaler, republikfeindlicher Kräfte wird. Für viele Kritiker bleibt der Ort bis heute eng verbunden mit dem 21. März 1933, dem "Tag von Potsdam", als Reichskanzler Adolf Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg sich dort die Hände reichten.
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2008: Die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung beschließt, der geplanten kirchlichen Stiftung für den Wiederaufbau der Garnisonkirche beizutreten und das historische Grundstück im Stadtzentrum in das Stiftungsvermögen einzubringen.
Die konkrete Bauplanung durch beauftragte Architekten beginnt 2011. Gegner gründen die Bürgerinitiative "Potsdam ohne Garnisonkirche".
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2013 bewilligt der Haushaltsausschuss des Bundestags 400.000 Euro aus einem Denkmalschutz-Sonderprogramm für die Garnisonkirche, Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) kündigt zwölf Millionen Euro Bundesmittel für den Wiederaufbau an. Bis 2024 werden es noch mehr.
Doch auch Privatleute spenden, der Potsdamer TV-Moderator Günther Jauch gibt 1,5 Millionen Euro. Jauch hat bereits mehrere historische Bauwerke in Potsdam finanziell stark unterstützt. Unter den Unterstützern aus der Politik ist seinerzeit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der zu Spenden aufruft.
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2020: Kritiker des Wiederaufbaus eröffnen in einem als Kreativzentrum genutzten DDR-Bau unmittelbar neben der Baustelle den "Lernort Garnisonkirche" und starten eine gleichnamige Internetplattform. Beteiligt sind verschiedene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
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Die evangelische Kirche will den neuen Turm vor allem als Bildungs-, Kultur- und Erinnerungsort nutzen. Pfarrer Jan Kingreen, Vorstand der Stiftung Garnisonkirche Potsdam, sagt: "Wir wollen Friedensarbeit auf der einen Seite, und Demokratiebildung auf der anderen Seite machen. Beides ist gerade vor dem Hintergrund des in Ostdeutschland aufkommenden Rechtsextremismus aktueller als je zuvor." Eine Ausstellung zum Zusammenhang von Glaube, Macht und Militär sei im Gebäude geplant. Und auch Veranstaltungen zur Demokratiebildung sollen dort stattfinden.
1933 nutzten die Nationalsozialisten am "Tag von Potsdam" die Garnisonkirche zur Inszenierung der Reichstagseröffnung, Adolf Hitler hielt dort eine Rede. 1945 brannte die Kirche nach einem Luftangriff aus. Ein Raum im Turm wurde weiter als Kapelle genutzt. Die Ruine wurde 1968 in der DDR abgerissen, der Turm gesprengt. Die Gemeinde erhielt eine Entschädigung.
2017 begannen der umstrittene Wiederaufbau. Die historische Militärkirche gilt als Symbolort antidemokratischer Kräfte. Am 22. August 2024 wurde er offiziell eröffnet. Die evangelische Kirche nutzt den neuen Turm für Friedensarbeit und Demokratiebildung.
Sendung: Radioeins, 05.04.2025, 13:00 Uhr
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Sie schreiben richtig, dass das berüchtigte Bild vom Handschlag zwischen Hindenburg und Hitler vor der Garnisonkirche entstanden ist. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Hitler an diesem Tag eine Rede zur Eröffnung des Reichstags in der Kirche gehalten hat. Dieser Fakt ist unbestritten. Weitere Informationen finden Sie bei der brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung oder beim Bundesarchiv.
15.
Antwort auf [Günter Wildermann] vom 05.04.2025 um 14:31
Ob die Kirchen der USA auch weiterhin viel Geld für so etwas ausgeben können was ich übrigens richtig finde bezweifle ich. Herrn Trump fällt ja jeden Tag etwas neues ein was Geld betrifft.
Werter Herrn Haas aus Berlin, wie können Sie hier ernsthaft schreiben, Hilter und Hindenburg hätten sich quasi noch zufällig auf der Außentreppe getroffen? Wenn Hindenburg Hitler nicht diese Bühne hätte geben wollen, dann wäre er einfach durch einen Seitenausgang entschwunden.
Es gab zwar zu dieser Zeit noch keine Handy, aber es ist sicher, dass man bei den Organisatoren der Veranstaltung in der Kirche immer wusste, wann Hitler ankommt, auch wenn er verspätet war. Herr Haas wir reden von 1933 nicht von 1833, 1933 gab es schon Telefone und Funkgeräte. Mithin ist Ihre These eines zufälligen beiläufigen Händeschüttelns historischer Unfug. Es war so für das Hineingehen geplant, dann kam Hitler zu spät und Hindenburg musste zur Treppe, um die Absprache/Vorgabe zu erfüllen. Es ging immer um diesen symbolischen Akt vor genau dieser preußischen Kirche!
13.
Die Wiederaufbau des Turmes der Garnisonkirche beweist das widersprüchliche Verhältnis zur Demokratie in Deutschland.
Man huldigt damit einer Epoche der deutschen Geschichte, die vom Militarismus geprägt wurde.
Höhepunkt war der "Tag von Potsdam", an dem sich preußischer Militarismus und faschistischer Ungeist miteinander verbrüderten.
12.
Antwort auf [Günter Wildermann] vom 05.04.2025 um 14:31
Da sprechen Sie einige wahre Worte gelassen aus. -Viele Jahre haben sich Potsdamer an den Abstimmungen zum Bürgerhaushalt beteiligt. Regelmäßig auf den vorderen Plätzen der Einsparmöglichkeiten oder "gar nicht erst beteiligen" war: keine Gelder für den Bau dieser Kirche. Noch dazu kommt, daß durch die evang. Kirche eine Pfarrstelle -gegen den Einspruch der Kirchengemeinden- geschaffen wurde.
Nun steht das Ding da mitten auf der Straße...
Aber keine Sorge, bald werden sich hier die üblichen Fürsprecher zu Worte melden.Es geht ja schließlich um das "Museum Stadt Potsdam". Wenn man sich die Innenstadt ansieht, wird es wohl bald eher zum Mausoleum.
Na ja ,zum Glück hat man "nur "das Reichstagsgebäude in Berlin wieder auf gebaut und nicht abgerissen. Das Brandenburger Tor usw sollte man genau so abreißen wie andere Gebäude wo der "Führer "mal Propaganda gemacht hat. Dazu gehört auch das Olympiastadion.
Selbstverständlich hat Hitler in der Garnisonkirche am "Tag von Potsdam" eine Rede gehalten. Es war auch nicht irgendeine Rede, sondern seine Regierungserklärung vor den Mitgliedern des Reichstags. Ob er zu spät zum Termin erschien ändert daran nichts. Auch nicht, wo das Foto mit Hindenburg entstand oder ob dieser schon am gehen war.
Sie verdrehen da unsere Geschichte. Mit dem Ermächtigungsgesetz und den Stimmen der Konservativen, mit der Zustimmung Hindenburgs begann der Weg nach Auschwitz. Dass solche Fakten der Geschichte geleugnet werden von den Herschafften der Garnisonskirche sagt viel. Das Sinnbild des undemokratische Geistes von Potsdam war eben Garnisonskirche, was jedem bekannt sein sollte.
7.
Wer braucht dieses Bauwerk und vor allem wofür? Sollen die begeistern Fans dieses sogenannten Denkmals zahlen und nicht den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern dreist in die Tasche fassen.
6.
Überall im Land verfallen Kirchen. Aber für den blöden Protzbau war Geld da. Da wird Demokratiebildung angeglichen betreiben, was aber ein schlechter Witz ist. Gegen den Willen der Mehrheit der Bürger und deren Stadtverordneten wurde der Bau errichtet, dass ist eben ein Fakt.
In ihrem fantastischen Vorschlag fehlt nur noch - an gleicher Stelle dann eine Unterkunft (...) zu errichten.
4.
Das Symbol der Kapitulation einer Demokratie vor einem Faschismus ... Mit der Folge des WK2 und des Holocaust ... Ein Wahnsinn, dass das überhaupt wieder steht ... Ein solches Schandmal ... Man könnte genau so gut das Nürnberger Reichsparteitagsgelände wieder aufgebaut haben ... Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich ... !
3.
Achtung nicht der Nazi Propaganda aufsitzen: Hitler hielt dort keine Rede; er war zu spät gekommen und hat auf der Straße nach der Reichstagseröffnungszeremonie in der Garnisonskirche dem alten Reichspräsidenten, der schon die Kirche verlassen hatte, draußen beim Vorbeigehen die Hand geschüttelt. Mit dem Dokumentationsfoto konnte Hitler skrupellos die Machtergreifung betreiben, doch Reichspräsident Hindenburg hat noch bis zu seinem Tod Hitler als Neureichskanzler und Reichspräsident gleich Führer verhindert! Bei allem Für und Wider: die Geschichte der Garnisonskirche ist weit wichtiger. Ihr Wiederaufbau braucht die Finanzierung, damit dieser Ort nicht nur für Hitlers Täuschungsmanöver steht.