Rechtsextremistische Vorfälle - Was in den vergangenen zwei Jahren in Burg passiert ist

Fr 04.04.25 | 16:47 Uhr
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Symbolbild: Ein Probeunterricht. (Quelle: dpa/Matthias Balk)
dpa/Matthias Balk
Audio: rbb Antenne Brandenburg | 04.04.2025 | Luise Burkhardt | Bild: dpa/Matthias Balk

Vor zwei Jahren prangerten zwei Lehrkräfte in einem Brandbrief die rechtsextremen Vorfälle an der Oberschule Burg an. Die danach entwickelten Präventionsmaßnahmen begleiteten den Schulbetrieb rund ein Jahr - bevor sie wieder ausliefen.

Im April 2023 veröffentlichten zwei Lehrkräfte der Oberschule Burg nahe Cottbus einen Brandbrief. Sie machten darin auf rechtsextreme Vorfälle und konstante Diskriminierung an der Schule aufmerksam. Laura Nickel und Max Teske berichteten von Mobbing, Ausgrenzung und Gewaltandrohungen gegenüber Schülern mit Migrationshintergrund.

Die Vorfälle gingen weit über Beleidigungen hinaus und umfassten unter anderem verfassungsfeindliche und rechtsextreme Symbole und Parolen in den Klassenzimmern und auf den Fluren. Darüber hinaus kritisierten Nickel und Teske in dem Brief die mangelnde Unterstützung durch die Schulleitung und das Schulamt. Auch nach Veröffentlichung des Brandbriefes reagierten die Behörden zunächst zögerlich, bevor im August 2023 schließlich die Schulleitung wechselte und erste Maßnahmen ergriffen wurden.

Insgesamt folgten sieben Ermittlungsverfahren gegen Kinder und Jugendliche. Fünf Verfahren stellte die Staatsanwaltschaft 2024 ein, ein Fall wurde an die Staatanwaltschaft in Chemnitz abgegeben und ein weiterer wurde nach Abschluss der Ermittlungen weiterhin geprüft.

Extremismusprävention und Sensibilisierung für Lehrkräfte

Im August 2023 wurde die Schulleitung ausgetauscht. Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte wurden verstärkt und die Situation in Burg stabilisierte sich etwas.

In Zusammenarbeit mit externen Partnern entwickelten die Initiatoren des Brandbriefes, Laura Nickel und Max Teske, das Demokratiekonzept "Bündnis - Schule für mehr Demokratie", das in den Schulalltag integriert wurde. Durch das Konzept sollen Lehrkräfte zum einen lernen, wie sie sicher auf rechtsextreme Vorfälle im Schulalltag reagieren, betroffene Schüler unterstützen und Schutzkonzepte entwickeln.

Zum anderen setzt das Konzept auf die Vermittlung von demokratischen Werten und Leitbildern im Unterrichtsstoff. Darüber hinaus fordert das Bündnis den Einsatz von Sozialarbeitern in der Schule, die als Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche zur Verfügung stehen.

Präventive Begleitung ausgelaufen, rechte Tendenzen weiterhin spürbar

Laut dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) erhielt die Oberschule Burg daneben ab Juni 2023 rund ein Jahr externe Unterstützung durch die Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA), um die Vorfälle aufzuarbeiten. Ein weiteres Demokratiekonzept wurde entwickelt, was aktuell von einer Lehrkraft weiter umgesetzt wird. "Dennoch bleiben die Herausforderungen, da auch im Umfeld der Schule Haltungen und Einstellungen spürbar sind, die den demokratischen Normen widersprechen", so das MBJS. Die Begleitung der Schule sei ein langfristiger und sensibler Prozess.

Seit Ende des Schuljahres 2024/2025 ist die RAA nicht mehr in der Schule aktiv, da die Zielvereinbarungen laut dem MBJS erreicht wurden. Folgend wandte sich die Oberschule Burg an das Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC), um weitere Schülerprojekte umsetzen zu können.

Mehr Präventivmaßnahmen, aber auch Anträge auf Versetzung

Der Amtsleiter des Schulamtes Cottbus, Uwe Mader, sieht die Entwicklungen positiv: "Ich denke, dass sich an der Schule eine ganze Menge verändert hat. Es war eine sehr schwierige Zeit, sowohl für die Schule und die Kollegen als auch für die Schüler und Eltern." Laut Mader betreute das Schulamt die betroffenen Lehrkräfte der Schule in Burg intensiv und beobachtete die Situation vor Ort. Darüber hinaus sollen regelmäßige Gespräche zwischen der Schulaufsicht und der Schulleitungen stattgefunden haben.

"Sicherlich weiß jeder, dass man zu spät reagiert hat, vielleicht auch falsch seitens der Schulleitung, des Schulamtes und des Ministeriums", blickt der Sprecher des Kreiselternrates Spree-Neiße, Thomas Röttger, auf 2023 zurück. "Die Öffentlichkeitsarbeit war schlecht und hätte besser sein können. Mittlerweile wurden Maßnahmen über alle Jahrgangsstufen eingeleitet, damit sich die Schüler mit dem Thema Extremismus, Rechtsextremismus und Islamismus, auseinandersetzen und befassen können."

Die Schüler sollen dabei auf der einen Seite lernen, was Extremismus ist und woran sie ihn erkennen. Auf der anderen Seite sollen rechtsextreme Vorfälle dadurch verhindert werden - soweit der Plan. Die Stimmung in der Lehrerschaft sei mittlerweile deutlich besser geworden, so Röttger über die aktuelle Situation an der Schule. "Die Eltern hat man auch gut mitgenommen, sodass man sagen kann, dass die Schulgemeinschaft in Burg auf einem guten Weg ist."

Trotz der entwickelten Konzepte und Maßnahmen haben nicht nur Nickel und Teske die Schule mittlerweile verlassen, auch weitere Lehrkräfte beantragten 2024 trotz der erfolgten Maßnahmen eine Versetzung. Die Schulleitung selbst stand für ein Gespräch nicht zur Verfügung.

Sendung: rbb Antenne Brandenburg, 04.04.2025, 14:00 Uhr

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38 Kommentare

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  1. 38.

    Sie sind doch sonst nicht unbeholfen. Da bietet sich die Suchmaschine Ihres Vertrauens an, die dann auch die kryptische andere Zahl genau erklärt. Sie lagen immerhin fast richtig. Manche Schüler der Burger Schule könnten bestimmt auch gut aufklären, nur wurden die nichtmal im Artikel behelligt, geschweige die Eltern. Das Ergebnis pädagogischen Wirkens findet man teilweise auf YouTube in Interviews mit „Brandenburgs Schülern“, die offenbar faktischen Geschichtsunterricht als lästige antfaschistische Aktion begreifen. Aktuell, erschreckend, keine Verbesserungen erkennbar.

  2. 37.

    Es geht bei diesem Problem nicht so sehr um äußere Faktoren wie Zeit oder Akten, sondern darum, ob Wollen und Können für diese Aufgaben vorhanden sind. Nach meinem Eindruck wird schon allein die Wahrnehmung des Problems vermieden um weiterhin passiv bleiben zu können. Für Lehrer dürfte es ja kein Problem sein, Lernprozesse zu realisieren, die zu einem konstruktiven Veränderungsprozess führen. Wenn man aber der Meinung nur für die Wissensvermittlung (eher Weitergabe von Informationen) zuständig zu sein und den Erziehungsauftrag der Schule leugnet, dann wird das nichts.
    Die Frage ist, wie lange will man mit Steuergeldern ein Schulsystem finanzieren, welches den Anforderungen in diesem Land weder auf der personellen, qualitativen noch strukturellen Ebene gerecht wird?

  3. 36.

    Kann einem Normalsterblichen wie mich ggf. Aufklärung gegenüber geleistet werden, was die offensichtliche Insider-Ungleichung 1 + 1 = 161 bedeutet?

    Dass "88" in Neonazi-Kreisen für die Anfangsbuchstaben des kleinen Braunen aus Österreich steht, der gemeinsam mit seiner straff organisierten Partei so unermesslich viel Unheil angerichtet hat und das systematischste Vernichtungsprogramm auf Erden dekretiert hat, ist mir geläufig. Dass diese "88" auch schon Bauherren und Architekten 200 Jahre vorher hätten berücksichtigen sollen, diese Denkfigur kenne ich auch.

    Was aber ist jene 161 ? (Weshalb ich das hier schreibe: Ich befürchte einfach eine Abkoppelung vom allg. Sprachgebrauch, infolge einer Insidersprache.)

  4. 35.

    "Seit Ende des Schuljahres 2024/2025 ist die RAA nicht mehr in der Schule aktiv, da die Zielvereinbarungen laut dem MBJS erreicht wurden."

    Die Frage wäre, was der Inhalt dieser Zielvereinbarungen war. Aufgrund einer allgemeinen Erfahrung wage ich mich zur Aussage vor, dass es allein darum ging, dass keine aktenkundigen Vorfälle an der Schule auftauchen. - All dasjenige jedoch, was unter der Oberfläche / "unter dem Radar" bleibt, wäre damit nicht Teil solcher Zielvereinbarungen: Nichts Aktenkundiges, nichts materiell Greifbares, also auch nichts Vorhandenes. - Genau das führt zu einer Achterbahnfahrt und zu einem Schlingerkurs bei derartigen Initiativen.

    Die Abwehr des Negativsten mag im kurzen Zeithorizont zu bewältigen sein; die Etablierung von etwas Positivem an dessen Stelle braucht einen längeren Zeithorizont.

  5. 34.

    Das Foto, auf das der "Welt" Lese-Kommentator und auch Sie sich eingeschossen haben, entstand während eines Demokratie Festes an der Schule in Burg. Auf diesem ist zu sehen, wie hinter den beiden Lehrkräften von Schülern verschiedene Pappen hochgehalten werden, die mit Sprüchen wie "Bunt statt braun" und eines eben auch mit "1+1=161" beschrieben sind. Daraus nun zu folgern, dass die beiden wohl etwas mit der Antifa zu tun haben müssen, ist schon mehr als weit hergeholt.

  6. 33.

    Das Problem dieser rechtsextremen Strukturen, wir erst in Jahren völlig ausgemerzt sein. Da ist noch viel Arbeit und Aufklärung der Kids und Eltern notwendig! Die Unwissenheit dort ist riesig.

  7. 32.

    Die "hochbezahlten Pädagogen" sind/waren dort Teil des Problems. Zusammen mit dem geschassten Schulleiter und dem Amtsleiter des Schulamtes Cottbus, Uwe Mader hatten sie ein Kartell des Schweigens und Wegsehen gebildet.

    Nur allein die Schulleitung auszutauschen sieht doch sehr nach Bauernopfer aus.

  8. 30.

    Da gibt es eine Schule an der pädagogische Probleme auftauchen und ich frage mich, was denn all die hochbezahlten Pädagogen dort machen um das Problem nachhaltig zu lösen. Da kommt ein Sozialarbeiter der ja kein Pädagoge ist und auch deutlich weniger verdient (und kein Beamter ist). Gleichzeitig strömen da weitere Leute in die Schule um die Situation zu bearbeiten - und wieder die Frage: was machen die Pädagogen vor Ort um das Problem zu bearbeiten? Gibt es von denen ein Konzept, gibt es Änderungen im Unterricht, in der Elternarbeit, wird ein anderer methodischer Ansatz erarbeitet? Stelle mir vor, dass an meinem Arbeitsplatz Aufgaben zu bewältigen sind, die zu meinem Auftag gehören und ich kriege das nicht hin - was würde dann passieren? Genau das, wovor hier insbesondere der Beamtenstatus schützt und der (anspruchslose) Umgang mit Lehrer allgemein.

  9. 29.

    "Grund für die Flucht kann demzufolge auch die Sorge vor disziplinarischen Konsequenzen gewesen sein. Das steht einer Heiligsprechung entgegen."

    Was schreiben sie für einen Unsinn? Man hat von Seiten der rechtsextremen AfD eine regelrechte Hetzjagd betrieben und die beiden mutigen Lehrer wurde auch direkt bedroht.

    "Im Netz und mit Aufklebern, die im Umfeld der Schule auftauchten, war zur Jagd auf die beiden aufgerufen worden. Die AfD triumphiert."

    "So tauchte ein Instagram-Account auf, in dem zur Jagd auf die beiden Lehrkräfte aufgerufen wurde. Zudem hingen am Mittwoch im Bereich um die Schule in Burg rund 30 Aufkleber. Nach übereinstimmenden Medienberichten waren darauf die Gesichter der beiden Lehrer zu sehen mit dem Aufruf, dass sie nach Berlin («’pisst euch») verschwinden sollten. "

  10. 28.

    "Was erwartet man von den Schülern wenn in Burg 45% AfD wählen? "

    Genau dort liegt der Hase im Pfeffer.

  11. 27.
    Antwort auf [Flora] vom 05.04.2025 um 13:36

    Eine objektive Betrachtungsweise ist ein guter Schutz gegen Anfeindungen, für sachlich vorgetragene Argumente, sorgt für die nötige Neutralität und erzeugt obendrein Resilenz. Behutsames Vorgehen oder die Vorschlaghammermethode wählen, kommt auf die jeweilige Situation an. Das kann man von pädagogischen Fachleuten erwarten. Wenn nicht, dann kann man auch den Versuch starten, in Damaskus einen Marktstand mit Hausmacherleberwurst und Hackepeter zu betreiben.

  12. 26.

    Was machen denn die beiden Lehrer jetzt? Sind die wieder zurück nach Berlin an Schulen gegangen?

  13. 25.

    Die beiden Lehrer wurden nicht vertrieben; sie wurden sogar darum gebeten zu bleiben. Sie gingen freiwillig.
    Das ist ein großer Unterschied. Wenn man etwas verändern will, dann stellt man sich der Situation und läuft nicht weg.
    Die Lehrer hatten für mediale Aufmerksamkeit gesorgt, alle Augen guckten nach Burg und diese Augen sahen auch Fehler bei diesen beiden Lehrern.
    Der rbb berichtete damals darüber.
    Grund für die Flucht kann demzufolge auch die Sorge vor disziplinarischen Konsequenzen gewesen sein. Das steht einer Heiligsprechung entgegen.

  14. 23.

    Ich kenne eine Schule, die einen AfD-Geschichtslehrer abgelehnt hat, weil die Schüler die braune Grütze nicht hören wollten und sicher hatten diese Schüler intelligente Eltern und Großeltern. Es wird schwer, wenn das Elternhaus ungebildet ist und nicht helfen kann.

  15. 22.

    Wegen eines Kaugummis sind die Lehrer nicht aus Burg vertrieben worden.

  16. 21.
    Antwort auf [Konservativer] vom 04.04.2025 um 20:37

    Und wieder ein Zweitnutzer des Nicks „Konservativer“.

  17. 20.

    Na, auf das Geplappervon den "Nazis" will ich mal nicht eingehen, ich bin ein höfliccher Mensch.

  18. 19.

    Gegenfrage: Gibt es nur Probleme, wenn 45% der Wähler (Schüler erst ab 16 oder 18 Jahren) in der Lausitz die AfD wählen oder auch wenn 60 % der Schüler einen Migrationshintergrund?
    Ganz sicher gibt es an solchen Schulen Polizeieinsätze, weil irgendwer einen Kaugummi auf den Hof spuckte.