Lehrermangel - Jede sechste Lehrkraft in Brandenburg ist Seiteneinsteiger

Di 24.01.23 | 15:34 Uhr
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Unterricht an einer Gemeinschaftsschule. (Quelle: Ute Grabowski/dpa)
Bild: Ute Grabowski/dpa

Die Zahl der Seiteneinsteiger in den Brandenburger Schulen ist angesichts des seit Jahren anhaltenden Lehrermangels seit 2015/16 deutlich gestiegen: Damals gab es noch gut 1.000 Seiteneinstreiger, sie machten etwa 5,7 Prozent aller Lehrkräfte aus. Danach stieg die Zahl bis zum laufenden Schuljahr kontinuierlich auf 3.222 - nun sind schon 15,4 Prozent aller Lehrer Seiteneinsteiger.

Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion im Landtag hervor [parlamentsdokumentation.brandenburg.de]. Damit ist inzwischen fast jede sechste Lehrkraft in den Brandenburger Schulen ein Seiteneinsteiger.

Ein Drittel Seiteneinsteiger an Förderschulen

Den höchsten Anteil an Seiteneinsteigern haben die Förderschulen mit aktuell 32,6 Prozent. Hoch ist der Anteil auch in den Grund-, Ober- und beruflichen Schulen: Dort liegt der Anteil aktuell in den Grundschulen bei 17,0 Prozent, in den Oberschulen bei 19,9 Prozent und in den beruflichen Schulen bei 13,7 Prozent. Am geringsten ist die Zahl der Seiteneinsteiger stets in den Gymnasien: Die Zahl stieg von 36 (1,0 Prozent) im Schuljahr 2018/19 auf 95 (2,7 Prozent) im laufenden Schuljahr.

Größter Mangel an ausgebildeten Lehrern herrscht offensichtlich in den berlinfernen Regionen des Landes: So ist der Anteil von Seiteneinsteigern im Landkreis Prignitz mit 24,3 Prozent am höchsten, also fast jede vierte Lehrkraft. Dagegen ist der Anteil in der Landeshauptstadt Potsdam mit 5,8 Prozent am niedrigsten und im angrenzenden Landkreis Potsdam-Mittelmark mit 9,2 Prozent am zweitniedrigsten.

Lehrkräfte ohne eine Pädagogik-Studium

Mehr als 20 Prozent aller Seiteneinsteiger - also gut jede fünfte Lehrkraft - unterrichten in Frankfurt (Oder) (23,8 Prozent), in den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin (24,0 Prozent), Oberspreewald-Lausitz (22,3 Prozent) und Uckermark (22,2 Prozent). In Cottbus arbeiten 21,5 Prozent Seiteneinsteiger an den Schulen und im angrenzenden Landkreis Spree-Neiße sind es genau 20,0 Prozent.

Bis zum Schuljahr 2014/15 sei der Anteil der Seiteneinsteiger mit knapp fünf Prozent konstant geblieben, heißt es vom Ministerium. Bis dahin sei vor allem der Unterricht etwa von Handwerksmeistern an beruflichen Schulen oder von sonderpädagogischen Fachkräften an Förderschulen betroffen gewesen, die nicht zwingend eine Lehramtsbefähigung benötigten.

Als Seiteneinsteiger bezeichnet das Bildungsministerium in Brandenburg "Personen ohne Lehramtsbefähigung", die aber zumindest einen Hochschulabschluss auf Master-, Magister- oder Diplom-Niveau vorweisen können. Mithilfe von pädagogischen Nachschulungen, einem Zusatzstudium und/oder einem Referendariat werden sie nach und nach auf ein Niveau von normal ausgebildeten Lehrkräften gebracht. [mbjis.brandenburg.de] In anderen Bundesländern - wie Berlin - werden Seiteneinsteiger auch als Quereinsteiger bezeichnet [berlin.de].

Sendung: rbb24 Antenne Brandenburg, 24.01.2023, 10:00 Uhr

11 Kommentare

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  1. 11.

    Und das merkt man ganz klar an der Pädagogik. Aber die ist ja mittlerweile überflüssig. Hauptsache die Zahlen passen. Ein Armutszeugnis.

  2. 10.

    Was regen Sie sich so auf? Er nennt die Regelung in der DDR als Beispiel. Das Bildungssystem war dem heutigen in allen Bundesländern klar strukturell überlegen und brachte einen besseren Bildungserfolg. Es gab natürlich auch viel Unfug und Ideologie. Abgestimmte, einheitliche Lehranforderungen gehören aber nicht dazu. Das fehlt u.a.

  3. 9.

    Ich denke, der eine oder andere hat sicherlich den Hinweis auf die EHEMALIGE DDR verstanden.

  4. 8.

    "Lehrer sein kann jeder"
    Sorry, aber dies habe ich nicht behauptet.
    Jedoch behaupte ich, dass ein Quereinsteiger nicht mal einfach so den Beruf eines Lehrers ergreift.

    "... in jeder Stunde vor 25 Schülern reflektiert 60 Entscheidungen zu treffen, einen "Draht" zu Schülern zu entwickeln, angemessen mit schwierigen Kindern und Eltern umzugehen ..."
    Genau dieses ist es, was im Studium nicht ausreichend vermittelt wird und worin evtl. ein Quereinsteiger durch Berufs-/Lebenserfahrung ein anderes "Verständnis" hat.

    Und wie in allen Lebensbereichen gibt es immer solche und solche ;-)

  5. 7.

    Sie schreiben (siehe DDR) als ob es diese noch gäbe. Haben sie 1989/03.10.1990 nicht mitbekommen oder mal den Film Good Bye Lenin gesehen?

  6. 6.


    Lehrer sein kann jeder - das ist immer noch weitverbreiteten Irrglaube! Warum bloß müssen die jahrelang studieren?? Keiner würde aber - trotz zahlreicher Arztbesuche - sich anmaßen, Facharzt "zu spielen".
    Lehrer sein, heißt: in jeder Stunde vor 25 Schülern reflektiert 60 Entscheidungen zu treffen, einen "Draht" zu Schülern zu entwickeln, angemessen mit schwierigen Kindern und Eltern umzugehen, Verwaltungsaufgaben bewältigen - fachlich und didaktisch top zu sein.
    Eltern sein kann ja auch jeder!

  7. 5.

    Mit verheerenden Folgen. Sie kommen wie die Klempner ohne Werkzeug. Es sind durchaus gute Fachleute, aber lehren können sie nicht. Ein Trauerspiel für die Lehrer, die Schüler und die Bildung.

  8. 4.

    Wir erheben die Zensusdaten nicht umsonst. Es ist auch eine Form der Wertschätzung uns gegenüber, wenn man diese Zahlen dann auch verwendet. Personal kurzfristig nach Kassenlage zu steuern, ist gegen jede professionelle Regel. Die heutige Lage war vor 10 Jahren bekannt. Genauso wie die Lage in 10 Jahren sein wird. Mindestens.
    Mit kleineren Klassen kann man am einfachsten von den letzten Bildungsplätzen wegkommen.

  9. 3.

    Warum sind Quereinsteiger "unbedingt" die "schlechteren Lehrer bzw. Fachidioten"?
    Aus meiner Erfahrung stehen diese Quereinsteiger voll im Leben und haben sich bewusster für diesen Beruf entschieden als ein Gymnasiat für ein Lehramtstudium.
    Die Studierenden bemängeln oftmals ein praxisferne Studium.

    P.S. Mindestens die Grundschulen müsste in ganz Deutschland den gleichen Lehrplan (siehe DDR) haben. Wie oft müssen Eltern jobbedingt das Bundesland wechseln. Probleme sind dann vorprogrammiert.

  10. 2.

    Gibt es einen besonderen Scherpunkt bei den Fächern oder ist das etwa gleichmäßig über alle Fächer verteilt?

  11. 1.

    Es ist ein Armutszeugnis! Aber die Politiker wundern sich dann immer wieder, dass der Bildungsstand der Schüler miserabel ist. Es hat schließlich einen Grund warum die Ausbildung eines Lehrers so lange dauert. Es reicht eben nicht, wenn man in einem Bereich lediglich ein 'Fachidiot' ist. Zum Lehrer-Dasein gehört viel mehr!
    Unser Schulsystem wurde und wird immer noch weiter kaputt gespart!
    Nur eine gute Bildung sichert den Wohlstand eines Landes! Deutschland geht seit Jahrzehnten (bewusst) den Bach runter.

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