rbb|24-Datenrecherche - Immer häufiger Starkregen - und das Dürreproblem bleibt
Die Zahl der Starkregenfälle hat in den letzten Jahren in Berlin und Brandenburg deutlich zugenommen. Trotzdem lösen die Kurz-Sintfluten das Dürreproblem der Region nicht, sondern verschärfen es noch, wie neue Daten zeigen. Von Haluka Maier-Borst
96 Mal hat es im Jahr 2022 so richtig geschüttet in Berlin und Brandenburg - und damit wieder überdurchschnittlich oft. Das zeigen Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD), die rbb|24 zusammen mit Wissenschaftlerinnen des DWD speziell für die Region ausgewertet haben. Demnach gab es - mit Blick auf den Zeitraum der vergangenen fünf Jahre - in vier Jahren besonders oft Starkregen.
Die Analyse basiert auf Daten des sogenannten CatRaRE-Projekt des Deutschen Wetterdienstes (DWD), das radarbasiert Starkregen-Ereignisse aufzeichnet. Starkregen definiert der DWD dabei als Regenmengen von über 15 Liter innerhalb einer Stunde oder 20 Liter innerhalb von sechs Stunden.
Die Meteorologin Katharina Lengfeld vom DWD ist zwar noch vorsichtig bei der Interpretation der Ergebnisse. Um von einem klaren regionalen Trend zu sprechen sei es noch etwas früh, auch weil man diese Radardaten erst seit gut 20 Jahren habe. "Aber man kann schon von einer Tendenz sprechen, die sich mit dem deckt, was man in Zeiten des Klimawandels erwartet", sagt Lengfeld.
Die Ursache für die Häufung der Starkregenfälle ist dabei die gleiche wie für die Dürre in Berlin und Brandenburg: der Klimawandel. Insgesamt ist es wärmer und die Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Dadurch trocknen einerseits die Böden aus. Andererseits ist mehr Wasserdampf in der Atmosphäre, der sich später zu Wolken formen kann und dann für die häufigeren Starkregenfälle sorgt.
Besonders betroffen davon waren in den letzten 20 Jahren vor allem die Regionen westlich von Brandenburg an der Havel und nördlich von Cottbus, entlang der deutsch-polnischen Grenze. Berlin hingegen kam in den meisten Jahren glimpflich davon – wenn auch die Sturzfluten, die 2017 auf die Hauptstadt niedergingen, im Gedächtnis geblieben sind.
Man könne nicht sagen, dass eine Ecke von Berlin und Brandenburg prädestiniert für Starkregen sei, erklärt Ewelina Walawender, Geografin beim DWD: “Es gibt jetzt keinen großen Gebirgszug wie die Alpen, der es wahrscheinlicher macht, dass der Regen dort herunterkommt.” Entsprechend dürfte - statistisch gesehen - das Starkregenmuster in der Region über die Jahre gleichmäßiger werden.
Gegen die in der gesamten Region herrschenden Dürre und den Wassermangel helfen diese Art Niederschläge jedoch nicht wirklich. "Das sieht man eigentlich sehr gut am Jahr 2018, in dem es extrem viele Starkregenfälle gab. Dennoch war das Jahr 2018 ein Jahrhundertsommer mit extremer Hitze und Dürre", sagt Lengfeld.
Im Gegenteil: Es ist sogar so, dass Starkregen und Dürre sich gegenseitig verschlimmern. Wenn der Boden ausgetrocknet ist, kann er Regen schlechter aufnehmen. Der Boden bildet eine regelrechte Kruste, an der das Wasser abperlt. Das ist fatal besonders bei Starkregen - wenn besonders viel Wasser aufgenommen werden müsste. Die Folge: kann zu Ausspülungen kommen, zu Sturzfluten oder Überschwemmungen, weil das Wasser nicht versickert, sondern sich sammelt und abfließt. Nachhaltig mehr Wasser speichern die Böden durch diese Regenfälle so nicht. "Ich kenne das ja selbst von Bekannten, die sagen: 'Jetzt hat es doch so viel gestern geregnet, das müsste doch helfen.' Nur dem ist nicht so", sagt Lengfeld.
Aktuell ist die Situation im Erdreich in Berlin und Brandenburg daher nach wie vor angespannt. Dank eines nassen Winters ist zwar zumindest im oberen Erdreich die Menge an pflanzenverfügbaren Wassers im grünen Bereich.
Schaut man aber tiefer ins Erdreich, herrscht hier nach wie vor extreme Trockenheit. Laut Daten des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig verzeichnen weite Teile Brandenburgs extreme oder ungewöhnliche Trockenheit, wenn man auf den Gesamtboden bis 1,8 Meter schaut.
Die Forscherin Lengfeld sagt: "Wir brauchen keinen komplett verregneten Sommer, aber regelmäßigen, lange andauernden Landregen, damit sich die Lage im Erdreich merklich verbessert."
Angesichts des Klimawandels muss in Zukunft weiter mit vielen Starkregenfällen gerechnet - und umgegangen - werden. Gegen die einzelnen Starkregenfälle lasse sich nichts machen, sagen Lengfeld und Walawender. Es könnte aber zumindest helfen, das viele Wasser erst einmal zu speichern und dann nach und nach wieder abzugeben. Das Konzept dazu nennt sich: "Schwammstadt". So baut Berlin beispielsweise unter dem Gendarmenmarkt ein unterirdisches Auffangbecken, aus dem Wasser langsam heraussickern soll.
Es bräuchte aber eben auch mehr Grünflächen, die das Wasser natürlich aufnehmen. Doch gerade in einer Stadt wie Berlin, in der aktuell um jeden freien Quadratmeter gekämpft wird, könnte es schwierig werden, deutlich mehr Platz als Puffer für die Wassermassen zu finden und zu schaffen.
Sendung: rbb24, 12.05.2023, 13:00 Uhr