Berliner S-Bahn - Wieso die Beusselstraße mitunter zur "Endhaltestelle" der Ringbahn wird
Sie fährt im Kreis und sollte so eigentlich keinen Start- und Endpunkt haben. Doch regelmäßig werden Fahrgäste der Ringbahn S41/S42 von der Durchsage aufgeschreckt, dass auf dem S-Bahnhof Beusselstraße die Fahrt endet. Von O. Patlan und G.-S. Russew
S-Bahn-Fahrgäste in Berlin und Brandenburg sind so einiges an Verspätungen, Störungen oder Zugausfällen gewohnt. Das Phänomen, das Passagiere an der Ringbahn-Haltestelle Beusselstraße immer wieder erleben müssen, sucht aber seinesgleichen.
Denn egal in welche Fahrtrichtung, ob mit Uhrzeigersinn (S41) oder gegen den Uhrzeigersinn (S42), gibt es in unregelmäßigen Abständen die Anzeige inklusive Durchsage, dass an der Beusselstraße Schluss sei und alle Fahrgäste aussteigen sollen - Endhaltestelle.
Ausgestiegene Fahrgäste beklagen sich über die S-Bahn
rbb|24 ist mitgefahren und beobachtet, dass Ortsunkundige den offiziellen Instruktionen folgen und daraufhin die Bahnen verlassen. Auch Berlinerinnen und Berliner, die das Phänomen noch nicht kennen, wundern sich, murmeln: "Wie kann das sein? Das ist eine Ringbahn. Die fährt doch ständig im Kreis. Wo kann es da einen Anfang oder ein Ende geben?" Schließlich verlassen auch sie folgsam die S-Bahnzüge.
Doch dann ertönt ein Warnsignal, die S-Bahntüren schließen und die Züge tuckern entweder in Richtung Jungfernheide oder Westhafen weiter, als wenn nichts gewesen wäre. Sie setzen ihren Weg auf dem Ring wie gewohnt fort.
Zurück bleiben verdutzte Fahrgäste mit ganz großen Augen. Sie echauffieren sich, fühlen sich regelrecht auf den Arm genommen. "Wollen die mich verarschen? Das glaube ich nicht", ruft ein ausgestiegener Fahrgast.
"Man wundert sich heutzutage über gar nichts mehr"
Doch nicht alle S-Bahn-Fahrgäste werden im metaphorischen Sinne am S-Bahnhof Beusselstraße im Regen stehen gelassen. So berichtet Ramadan rbb|24: "Da stand 'in der Beusselstraße aussteigen' dran und viele Menschen sind dann auch ausgestiegen. Ich auch. Und dann meinte der Zugführer per Durchsage: 'Bitte wieder alle einsteigen'."
Veronika ergänzt gegenüber rbb|24, dass sie das auch schon ein paarmal so erlebt habe. Aber "man wundert sich heutzutage über gar nichts mehr", sagt sie.
"Jott eenen juten Mann sein lassen"
Natürlich gibt es auch die "alten Hasen" auf Fahrgastseite, die das "Schauspiel" schon ein paar mal mitgemacht haben und bei der Durchsage ganz ruhig auf ihren Plätzen bleiben und der Dinge harren, die da kommen. Also nichts: Die Bahnen fahren der Ankündigung zum Trotz wie gewohnt auf ihrem Weg auf dem S-Bahn-Ring weiter. Einige, die vom Zug aus auf den Bahnsteig schauen und in die verdutzten Gesichter der Ausgestiegenen sehen, können sich manchmal ein Grinsen nicht verkneifen.
Jedoch gibt es auch die freundlichen "Artgenossen", die beruhigend auf die anderen Fahrgäste einwirken und ihnen sagen, dass die Ankündigung einer Endhaltestelle Beusselstraße nur eine Ente ist. Doch manche trauen der ungewohnten Berliner Freundlichkeit nicht - und steigen aus.
Manchmal ist es auch so, dass sich kurz vor der Beusselstraße ein freundlicher Triebwagenführer per Lautsprecheranlage meldet und mit feinster Berliner Zunge verkündet, das "dit ne Ente is" und alle können "Jott eenen juten Mann sein lassen", denn man fahre wie gewohnt weiter.
Bahn: Fahrzeug-IT löst bei Fahrplanabweichungen automatisch aus
Das Phänomen sei der Berliner S-Bahn bekannt, bestätigt ein Sprecher rbb|24. "Der Grund dafür liegt in der IT und der deutschlandweit einmaligen Besonderheit, dass eine Fahrt auf der Berliner Ringbahn direkt in die nächste übergeht", so der Sprecher. Und dieser Übergang finde formal am Bahnhof Beusselstraße statt.
"Bei Fahrplanabweichungen muss die S-Bahn-Leitstelle händisch eingreifen, um den Verkehr zu stabilisieren und Verspätungen abzubauen. Dabei kann die automatische Verknüpfung von zwei Ringfahrten verloren gehen." Das habe zur Folge, dass die Fahrzeug-IT automatisch die nicht korrekte Ansage zum Fahrtende an der Beusselstraße auslöst, so der Bahn-Sprecher. Nur in Ausnahmefällen könne es zu der nicht korrekten Durchsage in den Ringzügen am Bahnhof Beusselstraße kommen. Man arbeite daran.
"Die Berlinerinnen und Berliner können sich aber darauf verlassen, dass außer bei Baustellen oder Streckensperrungen keine Ringzüge im Bahnhof Beusselstraße enden."
Fahrgastverband fordert von Bahn schnelle Lösung
Der Berliner Fahrgastverband IGEB verlangt in diesem Kontext von der Bahn ein schnelles Eingreifen. Wenn sich die Automatik der Fahrzeug-IT nicht alsbald in den Griff bekommen lasse, müssten Triebwagenführer zum Mikrofon greifen und erklären, dass die Züge weiterfahren, so ein IGEB-Sprecher gegenüber rbb|24.
So wie es einige freundliche Kolleginnen und Kollegen schon handhaben. Oder eben erfahrene Fahrgäste.