Gesellschafterversammlung in Potsdam - Brandenburg und Bund beharren auf Tegel-Schließung
Der Volksentscheid ist für die Offenhaltung von Tegel ausgefallen. Doch Bund und Brandenburg haben am Donnerstag bekräftigt, dass sie an der Schließung festhalten. Nun beschießen sich die Parteien erneut untereinander. Wenigstens im Nachtflugverbot scheint es voranzugehen.
Trotz des Votums beim Berliner Volksentscheid wird ein Weiterbetrieb des Flughafens Tegel nach Eröffnung des neuen Hauptstadt-Airports BER immer unwahrscheinlicher. Bei einer Gesellschafterversammlung am Donnerstag in Potsdam machten der Bund und das Land Brandenburg deutlich, dass sie am Konzept eines Single-Airports für die Hauptstadt-Region festhalten.
Das teilten Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) und Brandenburgs
Finanzminister Christian Görke (Linke) nach dem Treffen mit. Görke machte hohe Kosten für einen Betrieb zweier Flughäfen geltend, die für sein Land nicht darstellbar seien. "Nach dem, was ich heute gesehen habe, würde die Offenhaltung Tegels Aufwendungen für den Landeshaushalt bedeuten von 500 bis 700 Millionen Euro", sagte Görke.
Gleichzeitig waren sich die Gesellschafter nach Angaben des Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft, Rainer Bretschneider, darin einig, Brandenburgs Forderung nach einer Ausweitung des Nachtflugverbots am künftigen BER zu prüfen. Potsdam fordert dort seit langem mehr Nachtruhe und legte das Thema nun im Zuge der neuen Diskussionen über Tegel mit auf den Tisch.
Rot-Rot-Grün will das Votum ernst nehmen - und den Airport dichtmachen
Beim Volksentscheid am 24. September in Berlin stimmten rund 56 Prozent für die Offenhaltung des alten Stadtflughafens Tegel. Sie stellten sich damit gegen die seit vielen Jahren verfolgten Pläne des Senats, Tegel nach der BER-Eröffnung zu schließen. Über eine neue Linie in dieser Frage kann das Land Berlin jedoch nicht allein entscheiden, sondern nur gemeinsam mit den anderen beiden Gesellschaftern Bund und Brandenburg.
Der Volksentscheid war rechtlich nicht bindend. Der rot-rot-grüne Berliner Senat sieht erhebliche rechtliche und finanzielle Risiken im Fall eines Tegel-Weiterbetriebs und will den Airport daher weiter wie geplant dichtmachen. Gleichzeitig will Rot-Rot-Grün das Votum erklärtermaßen ernst nehmen. So soll noch einmal untersucht werden, ob eine Offenhaltung Tegels rechtlich möglich ist und welche Folgen das hätte, auch für den BER. Dessen Genehmigung ist an die Tegel-Schließung gekoppelt.
Da Berlin die seit Jahren festgezurrten und gerichtlich bestätigten Planungen nicht allein ändern kann, war Regierungschef Michael Müller (SPD) auf das Nachbarland Brandenburg, auf dessen Gebiet der BER liegt, sowie den Bund zugegangen.
Sebastian Czaja, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, kritisierte den Regierenden Bürgermeister am Donnerstag: "Wenn Müller nur einen Funken Respekt vor der plebiszitären Abstimmung hätte, dann würde er Brandenburg ein Konzept für die Offenhaltung vorlegen und nicht über die Gesellschafterversammlung weiter die Schließungsabsichten vorantreiben." Die Landesgeschäftsführerin der Berliner SPD, Anett Seltz, schießt am Freitag zurück: "Die Tegel-Offenhalter von CDU, FDP und AfD haben auch weiterhin keine Idee, wie das Ergebnis des von ihnen inszenierten Volksentscheids nun in vernünftiges Handeln umgesetzt werden soll." Sie würden sowohl die ablehnende Haltung von Brandenburg, von Merkel und "alle rechtlichen Probleme" ignorieren.
Nachtflugverbot: Kollatz-Ahnen sieht neue Entwicklung
Zum Thema Nachtflugverbot vereinbarten die Gesellschafter laut Bretschneider: "Die Geschäftsführung wird gebeten zu prüfen, welche kapazitiven, finanziellen und rechtlichen Aspekte eine Beschränkung der Betriebszeiten am BER in der Zeit von 5.00 bis 6.00 Uhr am Morgen mit sich bringt." Görke sagte dazu: "Unser Ziel war es, heute wieder Bewegung in die Sache zu bringen, das ist uns gelungen." Mehr Nachtruhe sei ein Kriterium für die Akzeptanz des BER in der Region.
Berlin unterstütze das Vorgehen beim Lärmschutz, so Kollatz-Ahnen. "Und zwar deswegen, weil es natürlich, seitdem es das letzte Mal erörtert worden ist, eine neue Entwicklung gegeben hat." So gebe es neue Prognosen über die Passagierzahlen und einen "Masterplan" zum schrittweisen Ausbau des BER. "Insofern ist zu schauen, was dort möglich ist." Andererseits sei es für Berlin wichtig, dass der BER auch genügend Kapazitäten habe, um seine Rolle als "Single-Flughafen" für die Region zu erfüllen.
Berlins Regierungschef Michael Müller hatte sich schon zuvor skeptisch zu einer Ausweitung des Nachtflugverbots geäußert. Alle Gesellschafter wüssten, dass der Flughafen wirtschaftlich arbeiten müsse, sagte der SPD-Politiker der "Berliner Zeitung". "Das gilt auch für die Einschränkung von Nachtflugzeiten."
Bislang soll das Nachtflugverbot von 0.00 bis 5.00 Uhr gelten. Es soll auch eine halbe Stunde davor beziehungsweise danach greifen, allerdings sollen innerhalb dieser 60 Minuten bestimmte Ausnahmen möglich sein.