Berliner und Brandenburger mit EM-Teilnahme - Da kiekste

Fr 31.05.24 | 18:05 Uhr | Von Ilja Behnisch
Christian Ziege hat Redebedarf (imago images)
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Maximilian Mittelstädt, Antonio Rüdiger, Robert Andrich und Maximilian Beier heißt die Berlin-Brandenburger Gesandtschaft, welche im vorläufigen Kader der deutschen Mannschaft zur Fußball-Europameisterschaft steht. Das sind ihre Vorgänger. Von Ilja Behnisch

Erich Beer

Der Reigen beginnt mit einem, der streng genommen gar kein Berliner ist, sondern Oberfranke. Aber selbst das haben sie Erich "Ete" Beer längst verziehen in der Hauptstadt. Beer, von Journalisten während seiner aktiven Zeit gern auch als "Berliner Beer" tituliert, lief zwischen 1971 und 1978 in 326 Partien für Hertha BSC auf und erzielte dabei 116 Tore. Für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft kamen 24 Spiele (sieben Tore) zusammen, allerdings nur zwei bei Europameisterschaften. Die allerdings hatten es in sich. Halbfinale (4:2 nach Verlängerung gegen Jugoslawien) und Finale (5:7 nach Elfmeterschießen gegen die Tschechoslowakei) bei der EM 1976 in Jugoslawien. Wobei er im Endspiel nach 80 Minuten ausgewechselt wurde und vom Spielfeldrand mit ansehen musste, wie Uli Hoeneß den entscheidenden Elfmeter in den Belgrader Nachthimmel schoss.

Pierre Littbarski

Auf "Ete" Beer folgte ein gebürtiger Berliner, der allerdings nie für einen Berliner Profi-Klub gespielt hat. Pierre "Litti" Littbarski wurde schließlich schon als A-Jugendlicher in Diensten von Hertha Zehlendorf vom 1. FC Köln losgeeist und spielte in Deutschland nie für einen anderen Klub. Dafür bei gleich zwei Europameisterschaften. 1984 noch als Joker ohne Torbeteiligung. Vier Jahre später als Stammkraft und mit zwei Vorlagen. Beim Halbfinal-Aus gegen die Niederlande jedoch kam "Litti", der erfolgreichste U21-Torschütze in der Geschichte des DFB (18 Tore), nur von der Bank und zu lediglich elf Minuten Einsatzzeit. Zu wenig, um die 1:2-Niederlage noch zu verhindern.

Guido Buchwald

Der umgekehrte Erich Beer. Geboren in West-Berlin, im Herzen jedoch Schwabe. Und Teilnehmer bei gleich drei Europameisterschaften. Dabei sowohl 1984 und 1988 im entscheidenden Spiel ohne Einsatz. Ein Fehler, der 1992 nicht wiederholt wurde. Und trotzdem setzte es im Endspiel gegen Überraschungsteam Dänemark eine 0:2-Niederlage. Bitter.

Andreas Thom

Mit den dazukommenden, ostdeutschen Fußballern sei die DFB-Elf auf Jahre hinaus unschlagbar, orakelte Franz Beckenbauer nach dem WM-Triumph von 1990. Zwei Jahre später zeigte sich: Fast richtig. Der EM-Kader von 1992 setzte mit Matthias Sammer, Thomas Doll und Andreas Thom aber auch nur auf drei Ex-DDR’ler. Wobei der in Rüdersdorf bei Berlin geborene Thom auf schlanke zehn Minuten Einsatzzeit kam. Reingeworfen im Finale, direkt nach dem 2:0 der Dänen. Es wird dankbarere Aufgaben gegeben haben im Leben des Andreas Thom.

Thomas Häßler

Ausgestattet mit dem berlinerischsten Spitznamen überhaupt, hat auch "Icke" Häßler nie für einen Berliner Profi-Klub gespielt, dafür gleich bei drei Europameisterschaften. Und das bei insgesamt 13 Einsätzen mehr als erfolgreich. Der Final-Teilnahme 1992 folgte der EM-Triumph 1996. Im Finale gegen Tschechien spielte Häßler durch. Beim peinlichen Vorrunden-Aus vier Jahre später war der inzwischen 34-Jährige nur noch Teilzeitkraft.

Christian Ziege

Noch so ein Berliner, der nie für einen Berliner Profi-Klub spielte und noch so einer, der diesen Malus mit gleich drei EM-Teilnahmen ausgleichen konnte. Den beiden Vorrunden-Debakeln 2000 (zwei Einsätze) und 2004 (kein Einsatz) steht der Titelgewinn von 1996 gegenüber. Und mehr noch: Die Vorlage zum 1:1 durch Oliver Bierhoff im Finale gegen Tschechien kam aus dem linken Fuß von Christian Ziege und damit mitten aus Berlin.

Steffen Freund

Der Mann aus Brandenburg an der Havel, der gefühlt selbst mit seinem Vokuhila grätschen konnte, begnügte sich mit einer EM-Teilnahme. Spielte sich dabei während der EM 1996 Stück für Stück in Richtung unersetzlich und zeigte vor allem im Halbfinale gegen England (7:6 nach Elfmeterschießen) eine starke Leistung. Verletzte sich in diesem Spiel allerdings auch und verpasste so das Finale.

Carsten Ramelow

Endlich ein Berliner, der auch für einen Berliner Profi-Klub spielte. Auch wenn Carsten Ramelow seine erfolgreichste Zeit bei Bayer Leverkusen haben sollte. Dort wurde er vier Mal deutscher Vize-Meister, zwei Mal deutscher Vize-Pokalsieger, einmal Zweiter in der Champions League. Ach ja, Vize-Weltmeister wurde Ramelow auch, 2002.

Nur bei der einzigen EM-Teilnahme lief es deutlich schlechter für ihn. Keine einzige Minute Spielzeit, Aus nach der Vorrunde. Dass die Gesangs-Karriere Ramelows, die sich auf eine 2005 erschienene EP mit den drei Cover-Songs "As long as you love me" (Backstreet Boys), "Hello" (Lionel Richie) und "Still in love with you" (No Angels) beschränkte, eine Art späte Auseinandersetzung mit dieser Zeit gewesen sei, ist allerdings ein Gerücht.

Marko Rehmer

Der gebürtige (Ost-)Berliner spielte sowohl für Union als auch für die Hertha. Und in zwei von drei Gruppenspielen bei der EM 2000. Noch legendärer ist eigentlich nur eine Anekdote, die einst Ex-Union-Trainer Hans Meyer über seinen damaligen Schützling Rehmer erzählte. So sei dieser vor einem entscheidenden Spiel in Erfurt nicht am Mannschaftsbus erschienen. Der Grund: "Der Hund seiner Freundin ist weggelaufen." Die gute Nachricht: Der Hund tauchte wieder auf. Die schlechte Nachricht: Union spielte nur 0:0 und verpasste den Aufstieg.

Jerome Boateng

Abgesehen von einer Gelbsperre im letzten Vorrunden-Spiel der EM 2012, absolvierte Boateng sämtliche Spiele, die möglich waren bei den beiden Turnier-Teilnahmen 2012 und 2016 und kassierte dabei nur zwei Niederlagen. Die allerdings jeweils im Halbfinale.

Antonio Rüdiger

Bei der EM 2016 wegen eines Kreuzbandrisses ohne Einsatz. Bei der Ausgabe 2021 hingegen verpasste der Berlin-Neukölln aufgewachsene Rüdiger keine Sekunde. Wie viele Spieler dieser Liste noch ohne Einsatz für einen Berliner Profi-Klub. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 31.05.2024, 19:15 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

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